# taz.de -- Abschied von Jamaika: Habeck lässt nicht locker | |
> Den Kampf um die Spitzenkandidatur im Bund hat Schleswig-Holsteins | |
> Chef-Grüner Robert Habeck verloren, jetzt will er Grünen-Chef werden. | |
Bild: Strebt nach höheren Weihen: Robert Habeck (rechts) | |
HAMBURG taz | Robert Habeck hält sich für ersetzbar. „Ich befürchte nicht, | |
dass Jamaika über die Wupper geht, wenn ich Schleswig-Holstein mal | |
verlasse“, erklärte Schleswig-Holsteins grüner Umwelt- und Energieminister | |
am Montag in Kiel zu seinem möglichen Ausstieg aus der Landespolitik. Und | |
außerdem hänge er nicht an Ämtern: „Ich sehe mich nicht in erster Linie als | |
Minister, sondern als politischen Menschen.“ Und deshalb wolle er tun, was | |
er glaubt, tun zu müssen: Habeck will sich um den Posten des grünen | |
Bundesvorsitzenden bewerben. | |
Diese Absicht hatte er am Montag in einem taz-Interview verkündet. „Jetzt | |
ist für mich der Moment gekommen, um zu sagen: Ich möchte gerne | |
Bundesvorsitzender meiner Partei werden“, so Habeck. „Deshalb werde ich | |
mich auf der Bundesdelegiertenkonferenz im Januar um dieses Amt bewerben.“ | |
Die Entscheidung sei ihm extrem schwer gefallen. Der 48-Jährige kündigte | |
an, sein Ministeramt in Schleswig-Holstein nach einer Übergangsphase | |
aufzugeben, diese könne „pi mal Daumen ein Jahr“ lang sein. Dabei müsse | |
auch die Aufstellung der Grünen im Jamaika-Bündnis in Kiel bedacht werden. | |
Sollte Habeck nach Berlin wechseln, würde die im Sommer geschlossene | |
Jamaika-Koalition im hohen Norden das zweite seiner „Alphatiere“, so | |
Regierungschef Daniel Günther (CDU) verlieren. Nach FDP-Urgestein Wolfgang | |
Kubicki würde mit Habeck auch der zweite kleine Koalitionspartner ohne | |
seine Galionsfigur dastehen. Auch wenn das die Statik des | |
schwarz-gelb-grünen Bündnisses nicht grundsätzlich gefährdet, so verschiebt | |
es doch die interne Balance zu Gunsten der CDU. | |
Auch in der grünen Landespartei, die seit vielen Jahren ohne jegliche | |
Flügelreibereien auskommt, würde ein Weggang des stellvertretenden | |
Ministerpräsidenten und ehemaligen Parteichefs Habeck nach Berlin ebenfalls | |
ein Vakuum hinterlassen, das nur schwerlich gefüllt werden kann. | |
Auch deshalb wolle er den Übergang in der Regierung „verantwortungsvoll | |
gestalten“, versicherte Habeck am Montag auf einer Pressekonferenz in Kiel. | |
Dass er damit die grüne Parteisatzung dehnen könnte, ist ihm bewusst, denn | |
die sieht weiterhin die Trennung von Amt und Mandat vor. „Sollte aber | |
Holterdipolter die Einstellungsvoraussetzung sein, kann ich doch nicht | |
antreten“, stellte Habeck klar. Er werde nicht in dem Bewusstsein | |
kandidieren, die Satzung zu brechen – es muss also eine phantasievolle | |
Lösung gefunden werden. | |
Die Kieler Jamaika-Koalition, seit Ende Juni im Amt, sei „noch jung“, sagte | |
Habeck. Es gebe etliche unabgeschlossene Projekte, die er gerne noch als | |
Minister beenden wolle: die Neuplanung des Windkraftausbaus, die Umsetzung | |
der neuen Düngemittel-Verordnung in der Landwirtschaft, der Rückbau der | |
Atomkraftwerke und der Aufbau der neuen Digitalisierungsabteilung gehörten | |
dazu: „Ich spüre die Verantwortung und will damit weitermachen.“ | |
Wer Habeck im Amt beerben könnte, ist noch vollkommen offen. Interesse wird | |
jedoch der Fraktionsvorsitzenden Eka von Kalben nachgesagt. Die indes | |
betonte am Montag, Partei und Fraktion stünden „voll hinter Habecks | |
Entscheidung“. | |
Auch die neue Landesvorsitzende Ann-Kathrin Tranziska beteuerte, man freue | |
sich sehr, „dass Robert den Mut gefasst hat, sich um den Vorsitz zu | |
bewerben“. Überlegungen über mögliche NachfolgerInnen stünden erst nach | |
einer Wahl Habecks an. | |
Der ist sich der Risiken seiner Kandidatur voll bewusst: „Das kann alles | |
schiefgehen.“ Nach seiner knappen Niederlage gegen Parteichef Cem Özdemir | |
bei der Urwahl um die Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl ist es sein | |
zweiter Versuch, auf die Bundesebene zu wechseln. Und auch sein letzter, | |
versichert Habeck: „Wenn der schiefgeht, dann wird es auch der letzte | |
gewesen sein.“ | |
12 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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