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# taz.de -- Berliner Halbmond-Spielplatz eröffnet: Ali Baba und das Abendland
> Ein Halbmond auf einem Spielplatz in Berlin-Neukölln ruft Islamkritiker
> auf den Plan. Von einer „Angstdebatte“ spricht die
> Bezirksbürgermeisterin.
Bild: Der Mond des Anstoßes auf dem Spielplatz in der Neuköllner Walterstraße
Berlin taz | Neuköllns Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey steht am
Nikolaustag auf dem Spielplatz in der Neuköllner Walterstraße, den sie
gleich eröffnen soll, und zitiert Walt Disney: „Märchen“, spricht die
Sozialdemokratin ins Mikrofon, „sind für jeden da.“ Was ist passiert, dass
sich eine Bürgermeisterin im Terminkalender Platz schaufelt, um warme Worte
für eine Rutsche, einen Kletterturm und zwei Schaukeln zu finden?
Anfang November, im Internet: Auf Facebook und Twitter wird empört ein Foto
des fast fertiggestellten Spielplatzes geteilt. Stein des Anstoßes ist eine
hölzerne Mondsichel, hübsch gelb gestrichen, sodass sie zum Tintenblau des
palastartigen, wirklich sehr schmucken Kletterhäuschens passt, auf dessen
Kuppel sie thront. Der Palast, der Halbmond und die kleine Holzfigur mit
dem Turban davor ergeben Sinn, denn Thema des Spielplatzes ist das Märchen
von Ali Baba und den 40 Räubern, das 270. der Märchen aus 1001 Nacht.
Auf Facebook und Co. hingegen verwechselte man die Errichtung des
Klettergerüsts mit der Erstürmung des Abendlandes: „Hier ist nicht der
Orient“, mahnte einer. Einen anderen wunderte schon überhaupt nichts mehr:
„War ja klar, die Erste Kleine Moschee steht auf einem Kinderspielplatz.“
Mit 250.000 Euro hat der Bezirk Berlins Erstes Kleines Klettergerüst mit
Halbmond darauf und Spielplatz drum herum finanziert. Und dank der „schon
sehr merkwürdigen“ Debatte im Vorfeld „haben das ja nun auch alle
mitbekommen, dass Neukölln seine Spielplätze saniert“, wie Giffey am
Mittwoch befand.
## AfD fürchtet „Islamisierung“
Artig gemurmelte Zustimmung bei den anwesenden BezirkspolitikerInnen und
den KollegInnen vom Grünflächenamt, die mit den Kindern der benachbarten
Kita frierend darauf warten, dass ihre Chefin endlich die Rutsche freigibt.
Unzufriedenheit nur im Blick von Anne Zielisch, die für die AfD im
Bezirksparlament sitzt. Der Mond sei ein islamisches Herrschaftssymbol, auf
einem Spielplatz also äußerst unpassend. Ihre Fraktion will nächste Woche
auf der Sitzung der Neuköllner Bezirksverordnetenversammlung einen Antrag
einbringen: Der Halbmond muss weg.
Ein Halbmond an sich, sagt die Leiterin der benachbarten Kita, Güldane
Yılmaz, mit sanfter Stimme und Nachsicht im Blick, sei ja noch kein
muslimisches Symbol. „Es sind die Märchen aus 1001 Nacht, deshalb hier der
Mond.“ Die Aufregung über den Halbmond, sagt Bürgermeisterin Giffey, zeige
sehr schön, „wie angstbehaftet und mit Vorurteilen aufgeladen die
Islamisierungsdebatte“ inzwischen geführt werde. Das Ali-Baba-Thema hatten
sich die Kinder in Yılmaz’ Kita gewünscht, die mit dem Bezirksamt das
Spielplatzkonzept erarbeitete. Der Kinderladen heißt „Ali Baba und seine
Räuber“, die Kinder fanden, „ihr“ Spielplatz nebenan solle auch so heiß…
Eine kleine Pointe am Rande: Die Literaturforschung geht davon aus, dass
„Ali Baba“ den Märchen aus 1001 Nacht erst nachträglich hinzugefügt wurd…
von einem französischen Orientalisten namens Antoine Galland. Ali Baba ist
also eigentlich Europäer und der Mond nur ein Mond – das Abendland ist
gerettet.
6 Dec 2017
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
Schwerpunkt AfD
Islamismus
Berlin-Neukölln
Franziska Giffey
SPD
Schwerpunkt AfD
Muslime in Deutschland
Erika Steinbach
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