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# taz.de -- Debatte um Neuköllner Spielplatz: Halbmond über Spielgerät
> Ein Halbmond auf einem Neuköllner Spielplatz erregt heftig die Gemüter –
> aber wessen eigentlich und warum genau?
Bild: Manchmal nur halb zu sehen, aber eigentlich schön rund: der Mond.
Diese Dinge gehen heute so schnell. Irgendwer hält ein Stöckchen in den
sozialen Medien, und im Minutentakt springen alle darüber. Am Tag darauf
steht es in der Boulevardzeitung, wenig später erreicht es die
Onlineausgaben der Qualitätsmedien, am Abend ist es im Fernsehen. So wogt
das hin und her, bis, ganz plötzlich, kein Mensch mehr davon spricht. Und
dann da capo.
Den ersten Akt habe ich diesmal verpasst, ich checke wohl doch zu selten
den Twitterfeed. Am Freitagmorgen prangt der Aufreger schon auf der B.Z.:
„Berlin baut einen Spielplatz UND ES KOMMT NUR HASS, HASS, HASS“, heißt es
unter dem Foto eines hölzernen Klettergerüsts mit einer zwiebelförmigen
Kuppel, deren Spitze eine gelbe Mondsichel ziert. Klein gedruckt daneben:
„In Neukölln entsteht ein Themen-Spielplatz in Anlehnung an das
Kindermärchen ‚Ali Baba und die vierzig Räuber‘ “ – „Im Internet he…
Hunderte gegen den Neubau.“
Das Blatt brauche ich gar nicht aufschlagen, ich kenne die Argumente.
„Orientalistische, antimuslimisch aufgeladene Parodie einer Weltreligion“,
wird da in den Tweets gestanden haben, „eurozentrische Projektion der
gefährlich-fremden Kultur eines primitiven Anderen“, so was in der
Richtung. Auch ein dunkelhäutiges Männchen mit Turban und Glupschaugen ist
Teil der Spielinstallation. „Rassistische Verächtlichmachung nichtweißer
Menschen!“
Aber halt: Kommt der „Hass“ vielleicht gar nicht aus dieser Ecke? Sollte
womöglich ein salafistischer Prediger seine Anhänger zum Protest gegen die
Verunglimpfung der einzig wahren Religion und ihres Propheten aufgestachelt
haben? „Elende Kuffar, in der Hölle werdet ihr brennen für diese Anmaßung�…
Ich schaue interessehalber doch mal nach, wer sich da aufregt. Und dann ist
es noch mal ganz anders: „Armes Deutschland“, heißt es in den Hass-Tweets,
„hier ist nicht der Orient!“ Einer doziert pseudoakademisch-düster:
„Spielen heißt Ein-Spielen in eine zukünftige Gesellschaft. Nicht
unlogisch. Zukunftsorientiert. Antizipierend.“ Und ein dritter skizziert
schon mal die von ihm wohl ersehnte Lösung des vermeintlichen Problems:
„Irgendjemand wird diesen Schwachsinn sicher bald wieder abfackeln.“
Wie man hört, hat auch schon die CDU in Person von Burkard Dregger ihren
Senf dazugegeben: „Schwachsinnig“ findet der „integrationspolitische
Sprecher“ der Abgeordnetenhausfraktion die Spielplatzgestaltung. Vermutlich
stecke dahinter „irgendein Beamter“, der „meint, er hätte damit einen
Beitrag zur Völkerverständigung erreicht“. Dazu ließe sich jetzt eine Menge
sagen, Spaß macht das aber nicht. Gut, dass dieser Text schon vorbei ist.
Wir sehen uns auf Twitter.
3 Nov 2017
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Schwerpunkt AfD
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