# taz.de -- Große Koalition in Niedersachsen: Die Grünste unter den Schwarzen | |
> CDU und SPD haben ihre Koalition fertig. Auch das Personal steht. Bernd | |
> Althusmann (CDU) übernimmt Wirtschaft, Olaf Lies (SPD) Umwelt. | |
> Ministerinnen gibt es zu wenige. | |
Bild: Wird jetzt Landwirtschaftsministerin: Barbara Otte-Kinast | |
HANNOVER TAZ | Ein knappes „Moin“ kann – in den Bart gemurmelt – wortka… | |
und mürrisch oder aber gelöst und gut gelaunt wirken. So wie das „Mohoin“, | |
mit dem der niedersächsische Ministerpräsident gestern die wartenden | |
Journalisten begrüßte. „Wir sind uns einig geworden“, sagte er dann mit | |
Blick auf seinen neuen Stellvertreter im Amt des Ministerpräsidenten, Bernd | |
Althusmann von der CDU. | |
Der zugespitzte Lagerwahlkampf auf die Köpfe Weil und Althusmann ist erst | |
wenige Wochen her. Die Feststellung, es gebe zu viele menschliche | |
Differenzen, auch. Aber seit den Sondierungsgesprächen zwischen SPD und | |
CDU, bei denen schon lautes Lachen durch die geschlossene Tür drang, ist | |
das alles nicht mehr wichtig. | |
Es blieb den beiden Großen auch nichts anderes übrig, als sich | |
zusammenzuraufen, nachdem die FDP eine Ampelkoalition und die Grünen ein | |
Jamaika-Bündnis ausgeschlossen hatten. Gestern stellten die Parteien den | |
Koalitionsvertrag vor. | |
Inhaltlich gibt es keine großen Differenzen und auch auf das Personal hat | |
man sich geeinigt – nur zwei Wochen nach Beginn der Koalitionsgespräche. | |
Althusmann wird im neuen Kabinett, das am kommenden Mittwoch zum ersten Mal | |
im Landtag zusammenkommt, der Minister für Wirtschaft, Arbeit und | |
Digitales. Damit hat er eben den Platz im VW-Aufsichtsrat inne, den er vor | |
der Wahl an einen unabhängigen Experten vergeben wollte. „Ich werde in den | |
VW-Aufsichtsrat gehen“, sagte er nun. | |
Insgesamt haben SPD und CDU je fünf Ministerien bekommen. Die Mehrheit der | |
Minister sind Männer. Vier von zehn Posten gehen an Frauen. Dabei hatte die | |
CDU vor der Wahl angekündigt, die Ministerposten paritätisch besetzen zu | |
wollen. „Wir haben dieses Ziel einer vollständigen 50-50-Quotierung | |
letztendlich aufgrund der neuen Arithmetik der Zusammensetzung der | |
Koalition nicht erreicht“, sagte Althusmann etwas verschwurbelt und schob | |
nach: „Das müssen wir so akzeptieren.“ | |
Weil hingegen ist trotz fehlender Ministerin zufrieden mit seiner SPD. | |
Schließlich wurde gerade mit Gabriele Andretta (SPD) zum ersten Mal in der | |
niedersächsischen Geschichte eine Frau zur Landtagspräsidentin gewählt und | |
auch den Fraktionsvorsitz hält mit Johanne Modder eine Frau. „Die | |
niedersächsische SPD kann sich in dieser Bilanz in Sachen Gleichstellung | |
sehen lassen“, so Weil. | |
Eine der neuen Frauen im Ministeramt ist Barbara Otte-Kinast (CDU). Die | |
Vorsitzende des niedersächsischen Landfrauenverbands wird | |
Landwirtschaftsministerin. Die CDU hatte bewusst keine Massentierhalterin | |
wie die gescheiterte Vorgängerin Astrid Grotelüschen nominiert, sondern | |
eine Milchviehbesitzerin, die in der Vergangenheit sogar die | |
Landwirtschaftspolitik von Christian Meyer (Grüne) gelobt hatte. Eine Rolle | |
rückwärts im Tierschutz ist mit ihr unwahrscheinlich. | |
Das Justizministerium leitet zukünftig eine Praktikerin. Die Richterin | |
Barbara Havliza (CDU) aus Nordrhein-Westfalen soll nach Wunsch der | |
Koalitionäre die Strafverfahren beschleunigen. | |
Die SPD tauscht ihre Sozialministerin aus. Statt Cornelia Rundt übernimmt | |
in Zukunft die Braunschweiger Bundestagsabgeordnete Carola Reimann das | |
Ressort. Sie hat auch in Berlin zu Themen wie Gesundheit, Arbeit und | |
Soziales, Frauen, Senioren, Familie und Jugend gearbeitet. Die 64-jährige | |
Rundt hatte kurz nach der Wahl erklärt, dass sie sich ins Privatleben | |
zurückziehen wolle. | |
Die zweite SPD-Ministerin wird Staatssekretärin Birgit Honé. Ihren Posten | |
einer Bundes- und Europaministerin hat die Koalition neu geschaffen. | |
Was für ein Posten-hin-und-her-Geschiebe eine neue Koalition mit sich | |
bringt, kann man am bisherigen Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) sehen. | |
An beiden entscheidenden Ressorts, Wirtschaft und Inneres, konnte die SPD | |
nicht festhalten. Boris Pistorius (SPD) bleibt als Innenminister gesetzt. | |
Also wurde der bisher für Autobahnbau zuständige Minister Lies kurzerhand | |
zum neuen Umweltminister erklärt. Das passt aber insofern, als dass er in | |
diesem Ressort auch für den Ausbau der erneuerbaren Energien zuständig ist. | |
Mit Philologenverbänden und Lehrergewerkschaften darf sich in Zukunft der | |
bisherige parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Grant Hendrik | |
Tonne, herumschlagen. Den Juristen, der bei der Wahl seinen Wahlkreis | |
verloren hat, hatte kaum einer für das Kultusministerium auf dem Schirm. Er | |
soll Lehrern und Eltern nun die von der Koalition verzögerte Inklusion an | |
Schulen vermitteln. Förderschulen mit dem Schwerpunkt Lernen werden | |
zunächst nicht geschlossen und die Förderschulträger können beantragen, | |
dass die Phase, in der sie noch neue Schüler einschulen dürfen, verlängert | |
wird. | |
Auch die CDU hat noch wichtige Männer aus der Fraktion mit Posten versorgt. | |
Finanzminister wird der langjährige Abgeordnete und studierte | |
Diplom-Kaufmann Reinhold Hilbers. Er war zuvor haushaltspolitischer | |
Sprecher der CDU-Fraktion. | |
Ex-Fraktionschef Björn Thümler (CDU), der in Althusmanns Schattenkabinett | |
selbst noch als Finanzminister vorgesehen war, wird Minister für | |
Wissenschaft und Kultur. | |
Beide Parteien müssen den Koalitionsvertrag noch auf Parteitagen | |
beschließen. | |
16 Nov 2017 | |
## AUTOREN | |
Andrea Scharpen | |
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