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# taz.de -- Konsulat verfolgt Verfahren gegen angeblichen Flaschenwerfer: Moska…
> Beweise, dass der 21-jährige Russe Konstantin P. während des G20-Gipfels
> Flaschen auf Polizisten geworfen hat, gibt es nicht. Heute soll es ein
> Urteil geben.
Bild: Ohne Beweise: Wer wann wo was geworfen hat, kann die Anklage in vielen G2…
HAMBURG taz | Der Prozess gegen den G20-Gegner Konstantin P. sorgte von
Anfang an für Aufsehen. „Es ging recht turbulent zu“, bestätigt ein
Gerichtssprecher. Zahlreiche Unterstützer des Angeklagten seien im
Gerichtssaal gewesen. Und auch der russische Staat verfolgte den Prozess
mit auffallend großem Interesse: Der russische Konsul selbst nahm an der
Verhandlung teil – und er wurde am zweiten Verhandlungstag von den
Zuschauern aus dem Saal gedrängt. Denn Konstantin P. wollte keine
Unterstützung durch das Konsulat.
Die Verteidigung wollte den Konsul vom Prozess ausschließen und stellte
einen entsprechenden Antrag. Der wurde von der Prozessleitung abgelehnt. Es
habe keinerlei Rechtsgrundlage gegeben, jemanden vom Prozess
auszuschließen, der nicht als Zeuge in Betracht kam. Das gelte auch für
einen Konsulatsbeamten, heißt es vom Gericht. Letztendlich habe der Beamte
keinen Gebrauch von seinem Recht gemacht, an dem Prozess teilzunehmen.
Für P.s Verteidiger war das enorme Interesse des russischen Konsulats an
dem Fall auffällig. Dass das Konsulat informiert wird, sobald ein
russischer Staatsbürger in Deutschland festgenommen wird, auch wenn dieser
konsularischen Beistand nicht wünscht, ist durch eine gesetzliche
Vereinbarung geregelt. Normalerweise sind laut Wiener Konvention
Auslandsvertretungen dann zu informieren, sofern der oder die Verhaftete
dies verlangt. Im Fall von Konstantin P. ging das Konsulat noch weiter und
forderte Auskunft zu der Anklage. Das bestätigte auch die
Staatsanwaltschaft.
Dass der Konsul tatsächlich persönlich die Zeit aufbringt, vor Gericht
anwesend zu sein, hat P.s Verteidiger Kienzle in zehn Jahren
Strafverteidigung nicht erlebt. Zu den Befürchtungen seines Mandanten könne
er nichts sagen, zu seinen eigenen aber sehr wohl: „Natürlich gibt es da
die Befürchtung, dass Repression vom russischen Staat ausgeht“, sagt er.
Konstantin P. soll an den Krawallen während des G20-Gipfels im
Schanzenviertel beteiligt gewesen sein. Die Vorwürfe gegen den jungen
Russen lauteten zu Beginn des Prozesses am Amtsgericht Hamburg: Versuchte
gefährliche Körperverletzung und Widerstand bei der Festnahme. Seit zwei
Wochen ist P. wieder auf freiem Fuß – nach einem Antrag, der sowohl von P.s
Verteidigern als auch von der Staatsanwaltschaft gestellt wurde.
Die versuchte Körperverletzung wurde nach bisheriger Beweisaufnahme nicht
bestätigt, heißt es vom Gericht. Und trotzdem: Konstantin P. saß vier
Monate lang im Gefängnis.Das einem so jungen Menschen zuzumuten hält seine
Verteidigerin Fenna Busmann für fragwürdig. Und das gelte für alle
ähnlichen Fälle, bei denen junge Menschen während des G20-Gipfels
festgenommen wurden.
P.s Festnahme erfolgte am Abend des zweiten Gipfeltages. Am 8. Juli soll er
gegen 23 Uhr an der Ecke Kampfstraße/Schanzenstraße zwei Flaschen auf
Polizeibeamte geworfen haben, sagt ein Gerichtssprecher. Getroffen wurde
niemand.
## Zweifelhafte Zeugen
Die Verteidigung geht davon aus, dass der Flaschenwerfer jemand anders war.
Die Identifizierung habe lediglich anhand von hellen Schuhen stattgefunden.
„So kann man einfach niemanden identifizieren“, sagt Busmann. Die
Haftbefehle, die während des Gipfels verhängt wurden, stützten sich meist
auf mögliche Fluchtgefahr, erklärt die Verteidigerin. Doch P. kam direkt am
Tag nach seiner Freilassung zum nächsten Verhandlungstermin.
Heute wird wieder verhandelt und zwar nur noch der Vorwurf des Widerstandes
bei der Festnahme. Geklärt werden müsse, ob das Jugendstrafrecht angewandt
wird. „Dann wird es höchstens eine Kleinigkeit geben wie eine Verwarnung“,
sagt die Verteidigerin Fenna Busmann. Ist das nicht der Fall, sei mit einem
Urteil von etwa 30 Tagessätzen Geldstrafe zu rechnen. P.s Verteidigung hält
einen Freispruch für durchaus realistisch.
Die Verteidigung hat ihr Ziel erreicht: „Wir wollten ihn da rausholen“,
sagt Busmann. Für sie ist der Fall weiterhin spannend. Es gebe die
Vermutung, dass die fünf als Zeugen vernommenen Polizeibeamten als solche
ungeeignet seien. Die Vernehmung sei anfangs sehr zäh gewesen, sagt
Busmann. Die Polizisten hätten nicht auf die gestellten Fragen antworten
wollen. Außerdem sei vor Gericht ausgesagt worden, dass die Polizisten vor
ihrer Vernehmung Zugang zu den Aussagen ihrer Kollegen hatten und ihre
eigene Aussage so darauf abstimmen konnten, erklärt sie.
Die Polizisten sollen am heutigen Verhandlungstag weiter vernommen werden.
Dass ein Urteil gesprochen wird, sei wahrscheinlich, heißt es vom Gericht.
30 Nov 2017
## AUTOREN
Milena Pieper
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Prozess
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