# taz.de -- G20-Gegner Fabio V. ist frei: Winter in Hamburg | |
> Nach fast fünf Monaten wurde der 18-jährige Italiener Fabio V. heute aus | |
> der Untersuchungshaft entlassen. Der Prozess wird noch Monate dauern. | |
Bild: Der Angeklagte Fabio V. | |
HAMBURG taz | Es war ein herzlicher Empfang: Nach fast fünf Monaten ist der | |
18-jährige italienische G20-Gegner Fabio V. am Montag aus der | |
Untersuchungshaft entlassen worden. Vor dem Gericht erwarteten ihn etwa 50 | |
Freund*innen und Unterstützer*innen mit Sekt, italienischem Pan d'oro, | |
Umarmungen und Solidaritätsbekundungen. V. bedankte sich für die | |
Solidarität, ließ sich fotografieren und sagte „Es geht mir gut.“ | |
Über seine Haftverschonung hatte das Oberlandesgericht schon am Freitag | |
entschieden – allerdings so spät am Nachmittag, dass seine | |
Verteidiger*innen die Entlassung nicht mehr vor dem Wochenende und dem | |
heutigen Gerichtstermin organisieren konnten. Die Richter*innen haben hohe | |
Auflagen verhängt: V. muss sich drei Mal pro Woche bei der Polizei melden. | |
Außerdem mussten seine Anwält*innen die 10.000 Euro Kaution, die V.'s | |
Mutter bereits eingezahlt hatte, auf seinen Namen umschreiben. Das hängt | |
mit den Prozesskosten zusammen: Sollte V. verurteilt werden und damit die | |
Kosten des Verfahrens tragen, könnte das Gericht die Kaution, wenn sie auf | |
seinen Namen vorliegt, gleich einbehalten. Ansonsten dürfte es schwierig | |
werden, von einem Heranwachsenden mehr als 10.000 Euro zu bekommen. | |
Den Winter werden V. und seine Mutter, die aus dem norditalienischen | |
Bergstädtchen Belluno kommen, in Hamburg verbringen müssen – der Prozess | |
wird sich noch bis Mitte Februar hinziehen. Auf die Frage der Richterin, | |
wie viele Termine die Verteidiger*innen noch für nötig hielten, sagte V.‘s | |
Anwältin Gabriele Heinecke heute, beim fünften Prozesstermin: „Die | |
Verteidigung hat ja noch gar nicht richtig angefangen zu verteidigen.“ | |
Heinecke und ihr Kollege Arne Timmerman gehen nicht davon aus, dass ihr | |
Mandant sich überhaupt strafbar gemacht hat. Die Staatsanwaltschaft | |
hingegen wirft ihm schweren Landfriedensbruch, versuchte gefährliche | |
Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vor. | |
## Nicht am Tatort gesehen | |
V. war am 7. Juli zusammen mit 74 anderen G20-Gegner*innen in der Straße | |
Rondenbarg festgenommen worden. In einer Gruppe von 200 Menschen waren sie | |
zuvor vom Camp im Volkspark Richtung Innenstadt gezogen und nach kurzer | |
Zeit auf mehrere Polizeieinheiten gestoßen. | |
Aus der Menge der G20-Gegner*innen flogen Steine und Pyrotechnik in | |
Richtung der Polizist*innen. Die stürmten daraufhin los und zerschlugen | |
binnen Sekunden die Demo. In Panik versuchten einige Demonstrant*innen, | |
über ein Gitter auf einen Parkplatz zu fliehen. Das Gitter brach ab, 15 | |
Menschen stürzten in die Tiefe und verletzten sich zum Teil schwer. | |
Bisher konnte aber noch kein Zeuge V. direkt belasten, weil ihn niemand am | |
Tatort gesehen hat. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm auch gar nicht vor, | |
selbst Gewalt verübt zu haben. Der Vorwurf an ihn lautet lediglich, dabei | |
gewesen zu sein. Als Indizien dafür führt sie, neben dem Ort seiner | |
Festnahme, seine szenetypische Kleidung und eine „Vernetzung mit der | |
linksradikalen Szene“ an. | |
Das Komitee für Grundrechte und Demokratie und Amnesty International | |
kritisieren den Fall. „Letztlich läuft das auf eine Aushöhlung des | |
Demonstrationsrechts hinaus“, sagte Michèle Winkler, die den Prozess für | |
das Grundrechtekomitee beobachtet. Amnesty International hat vergangene | |
Woche V.'s sofortige Freilassung gefordert und schrieb in einer | |
Stellungnahme: „Niemand darf in Kollektivverantwortung für die Gewalt beim | |
G20-Gipfel genommen werden, wenn es keine individuellen Beweise gibt.“ | |
27 Nov 2017 | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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