| # taz.de -- Razzia wegen G20-Krawallen: Die erwartete Durchsuchung | |
| > Bundesweit durchwühlt die Polizei Wohnungen und linke Zentren. Sie will | |
| > belegen, dass die G20-Ausschreitungen vorbereitet waren. | |
| Bild: Besuch am Morgen: Polizisten bei der Durchsuchung des Roten Zentrums in G… | |
| Berlin taz | Es kam mit Ansage, ging dann aber doch schneller, als manche | |
| wohl erwartet hatten: Über die verschlüsselten Nachrichtendienste Signal | |
| und Telegram kursierten bereits am Montag Warnungen vor bevorstehenden | |
| Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit den G20-Protesten. „Es gibt | |
| gesicherte Infos, dass morgen oder übermorgen bundesweit Durchsuchungen | |
| stattfinden“, lautete die Warnung. | |
| Seit 6 Uhr morgens [1][durchsucht die Polizei am Dienstag] nun 24 linke | |
| Zentren und Privatwohnungen in Hamburg, Berlin, Hessen, | |
| Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und | |
| Niedersachsen. | |
| Die Ermittler*innen der Soko „Schwarzer Block“, die zu den Ereignissen um | |
| die G20-Proteste ermittelt, versprechen sich unter anderem Erkenntnisse | |
| über die Vorbereitung und Koordinierung der Ausschreitungen während der | |
| Gipfelproteste. | |
| Im Fokus steht dabei nach Angaben der Polizei der Vorfall in der Straße | |
| Rondenbarg im Stadtteil Bahrenfeld. Dort waren am frühen Morgen des 7. Juli | |
| etwa 150 Demonstrant*innen auf dem Weg in die Innenstadt auf zwei | |
| Polizeieinheiten getroffen. | |
| ## Massiver Polizeieinsatz | |
| Nach Schilderungen der Polizei hätten die Aktivist*innen die Polizei | |
| „massiv angegriffen“. Auf Polizeivideos sieht man einige Gegenstände wie | |
| Rauchtöpfe in Richtung der Polizist*innen fliegen, auch drei oder vier | |
| Steine sind auf dem Boden zu sehen. | |
| „Massiv“ war der Angriff allerdings eher von der Gegenseite. Zu diesem | |
| Schluss kommt man, wenn man die Videos sieht. Als die Gegenstände in | |
| Richtung der Polizist*innen fliegen, stürmen die Beamt*innen los und | |
| zerschlagen binnen Sekunden unter Wasserwerferbeschuss die Demo. Die | |
| Aktivist*innen versuchen panisch zu fliehen, einige springen über einen | |
| Zaun, der abbricht und zwei Meter in die Tiefe stürzt. Unten bleiben elf | |
| schwer Verletzte liegen. Die Polizei nimmt 73 Menschen fest. | |
| Einer von ihnen steht seit Anfang November vor Gericht: Der 19-jährige | |
| Italiener Fabio V. saß fast fünf Monate in Untersuchungshaft, [2][bis er | |
| vergangene Woche entlassen wurde]. Ihm wird hauptsächlich schwerer | |
| Landfriedensbruch vorgeworfen. Das Verfahren gegen ihn wird unter anderem | |
| von Amnesty International kritisiert, weil ihm keine individuelle Gewalttat | |
| vorgeworfen wird und ihn kein Zeuge belasten kann. Die Staatsanwaltschaft | |
| führt seine „Szenezugehörigkeit“ gegen ihn an und wirft ihm vor, dabei | |
| gewesen zu sein. | |
| Auch ein Vorfall in Altona steht laut Recherchen des NDR im Fokus der | |
| Razzien: Dort waren ebenfalls am Morgen des 7. Juli rund 50 Autonome durch | |
| die Elbchaussee gezogen und hatten dort etwa eine halbe Stunde lang | |
| ungestört Autos angezündet, Scheiben eingeschmissen und Mülleimer | |
| angekokelt. | |
| ## Polizei spricht von geheimen Depots | |
| Laut NDR geht die Polizei davon aus, dass diese Aktion zwar von | |
| ausländischen Aktivist*innen verübt, aber aus Hamburg vorbereitet worden | |
| sei. Der schwarze Block habe angeblich auf geheime Depots mit | |
| Vermummungsmaterial, schwarzer Kleidung und Pyrotechnik zurückgreifen | |
| können. Nach Erkenntnissen der Polizei seien die militanten Proteste von | |
| erfahrenen Leuten angeführt worden, die sich mit der Situation vor Ort | |
| auseinandersetzten, sagte Soko-Chef Jan Hieber dem NDR. Das bedeute auch, | |
| „dass die Hamburger Szene speziell Verantwortung getragen hat für Logistik | |
| in allen Bereichen“. | |
| Neben Hamburg war am Dienstag offenbar Göttingen ein Schwerpunkt der | |
| bundesweiten Razzia. Dort wurde unter anderem das „Rote Zentrum“ durchsucht | |
| – auch die Linkspartei und die Rote Hilfe haben dort ihr Büro. Außerdem | |
| drang die Polizei in die Wohnung des Journalisten und Piratenpolitikers | |
| Meinhart Ramaswamy ein. | |
| „Ich zittere immer noch am ganzen Körper“, sagte der Kreistagsabgeordnete | |
| der taz. Die Polizei habe mit 25 Personen seine Wohnung gestürmt und auch | |
| seine persönlichen Festplatten und USB-Sticks mitgenommen. Seine Anwältin, | |
| die während der Durchsuchung auf rechtswidriges Verhalten der Beamt*innen | |
| hingewiesen habe, sei gar nicht beachtet worden. „Sie sagten nur, wir | |
| könnten ja hinterher gerne noch dagegen klagen“, sagt Ramaswamy. | |
| „Jemand aus der Familie war während des G20-Gipfels in Hamburg“, vermutet | |
| der Abgeordnete als Grund der Durchsuchung. Er versteht die Aktion als | |
| klaren Einschüchterungsversuch gegenüber ihm und der linken Szene. „Damit | |
| wollen sie ein Signal setzen, nach dem Motto ‚Wir machen euch klein!‘“, | |
| sagt der Piratenpolitiker, der sich insbesondere in der Antiatompolitik und | |
| im Kampf gegen Rechts engagiert. | |
| 5 Dec 2017 | |
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| ## AUTOREN | |
| Katharina Schipkowski | |
| André Zuschlag | |
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