| # taz.de -- Snowden-Helfer, gestrandet in Hongkong: Der größte Fehler ihres L… | |
| > Für China sind sie Kriminelle: Jene Flüchtlinge, die Whistleblower Edward | |
| > Snowden versteckten. Jetzt droht ihnen Gefängnis. Ein Besuch. | |
| Bild: Vanessa Mae Rodel war es, bei der der Whistleblower Edward Snowden im Jah… | |
| Hongkong taz | Ein silbener Rolls-Royce fährt über die Gloucester Road an | |
| glitzernden Wolkenkratzern vorbei. Es folgen ein goldener Bentley und ein | |
| grüner Lamborghini. Was wie ein Werbespot aussieht, ist der alltägliche | |
| Stadtverkehr in Hongkong. Die Metropole an der chinesischen Südküste zählt | |
| zu den reichsten Städten der Welt. Die Autos rauschen vorbei an einem | |
| Hochhaus, dem Immigration Tower. Würden die Insassen der klimagekühlten | |
| Luxuskarossen nach draußen schauen, sähen sie vor der Einwanderungsbehörde | |
| eine Gruppe Menschen. | |
| So viele wie heute waren sie nie. Fast 70 von ihnen stehen in der schwülen | |
| Hitze. Kinder spielen fangen, die Erwachsenen schauen sich unsicher um. Sie | |
| wollen ein Zeichen setzen, zeigen, dass es sie gibt. Man könnte es eine | |
| Demonstration nennen. Doch dafür bräuchte es ein Publikum. Die | |
| vorbeieilenden Passanten aber ignorieren die Asylbewerber. Die kommen aus | |
| Somalia, Sri Lanka oder Pakistan, sind vor Kriegen, Folter oder | |
| Stammesfehden geflohen. Sie sind nach Hongkong gekommen in der Hoffnung auf | |
| eine bessere, eine sichere Zukunft. | |
| Das war der größte Fehler ihres Lebens. | |
| Vanessa Mae Rodel ruft nach ihrer fünfjährigen, in Hongkong geborenen | |
| Tochter Keana, die beim Spielen zu nahe an die Straße gekommen ist. Rodel | |
| ist eine zierliche Frau in Jeans und T-Shirt. Sie hat müde Augen und | |
| versucht zu lächeln, wenn einer der anderen Flüchtlinge ein Selfie mit ihr | |
| machen will. Es gelingt ihr nicht wirklich. Rodel ist eine Berühmtheit in | |
| ihrer Community. Sie war es, bei der der Whistleblower Edward Snowden im | |
| Jahr 2013 Zuflucht fand, nachdem er in Hongkong die NSA-Affäre losgetreten | |
| hatte. | |
| Rodel versteckte den Amerikaner in ihrer Hütte weit weg von der glitzernden | |
| Innenstadt, in einem Slum, den alle nur Pig Farm nennen, weil dort vor den | |
| Flüchtlingen eine Schweinemast untergebracht war. Dass Rodel und zwei | |
| weitere Familien, die den amerikanischen Whistleblower beherbergten, in | |
| Hongkonger Justizkreisen heute als die „Snowden Four“ bekannt sind, ist für | |
| sie Fluch und Segen zugleich. | |
| Ein Fluch, weil der Sicherheitsapparat ihr das Leben zur Hölle macht. Die | |
| Behörden drohen damit, sie einzusperren und, davor hat sie am meisten | |
| Angst, ihr ihre Tochter wegzunehmen. Ein Segen, weil die weltweiten | |
| Schlagzeilen über den Fall sie vor Schlimmeren schützen und ihr vielleicht | |
| bald ein neues Leben in Kanada bescheren. Dort arbeiten | |
| Menschenrechtsorganisationen und einige der besten Anwälte des Landes | |
| gerade daran, ein Visum für sie zu ergattern. Noch in diesem Monat könnte | |
| ein kanadisches Gericht eine Vorentscheidung fällen. | |
| ## Kein Asyl, trotzdem darf Rodel nicht ausreisen | |
| Rodel ist sichtbar abgekämpft. Erschöpft erzählt sie von ihrer schlaflosen | |
| Nacht. Immer wieder legt sie lange Pause ein, wenn sie spricht. Sie nimmt | |
| sich zusammen, sagt in fast jedem Satz zweimal sorry, weil sie die Tränen | |
| nicht zurückhalten kann. Am Tag zuvor haben sie ihr, wieder einmal, Angst | |
| eingejagt. Wie jeden Monat musste sie bei einer für illegale Einwanderer | |
| zuständigen Behörde vorsprechen. Wie immer starrten sie die Beamten an und | |
| flüsterten, als sie das Amt betrat. Vier Jahre nach dem Fall Snowden, | |
| verfolgen sie die Geschehnisse von damals auf Schritt und Tritt. Ihr | |
| Sachbearbeiter sagte Rodel, dass sie sich das nächste Mal bei einer | |
| Außenstelle melden müsse. Diese ist berüchtigt unter den in Hongkong | |
| lebenden Flüchtlingen: Wer dorthin muss, kommt oft nicht wieder heraus. Es | |
| ist eine Sammelstelle, mehr Strafanstalt als Wohnheim. „Ich will meine | |
| Tochter in Sicherheit bringen“, sagt Rodel, „wir haben doch nichts getan.“ | |
| Ihr Schicksal teilen rund 11.000 in Hongkong gestrandete Flüchtlinge. Sie | |
| erleben, wie in der ehemaligen britischen Kronkolonie, die sich immer noch | |
| gerne als westliche Insel in China sieht, Menschenrechte schrittweise | |
| ausgehöhlt werden. „Die Flüchtlingspolitik zeigt, wie unser Rechtssystem | |
| ins Wanken gerät“, sagt der Politiker Fernando Cheung, Vizechef der | |
| oppositionellen Labour Partei und einziges Mitglied seiner Partei im | |
| Parlament von Hongkong. „Verfahren laufen oft an Gerichten vorbei, es gibt | |
| ganze Behörden, deren Arbeit keiner rechtsstaatlichen Prüfung mehr | |
| standhält. Und unsere Zivilgesellschaft verschließt die Augen davor. | |
| Niemand interessiert sich für die Flüchtlinge, sie haben hier keine Lobby.“ | |
| Vanessa Rodel kam 2002 als Haushaltshilfe aus ihrer Heimat, den | |
| Philippinen, nach Hongkong. Als sie zum Familienbesuch zurück in ihr Dorf | |
| reiste, sei sie entführt und vergewaltigt worden, erzählt sie. Irgendwann | |
| gelingt ihr die Flucht und sie reist zurück nach Hongkong. Dort hat sie | |
| ihre Arbeit längst verloren und somit ihr Visum. Doch ein Zurück gibt es | |
| nicht für sie, die Heimat: verloren. Also bleibt sie, illegal. Seit sieben | |
| Jahren kämpft sie darum, hierzubleiben oder woanders hingehen zu dürfen. | |
| Bislang darf sie beides nicht. | |
| Ein Asylrecht gibt es in Hongkong nur in der Theorie. Zwar darf die | |
| chinesische Sonderverwaltungszone laut UN-Regeln Menschen, die in ihrer | |
| Heimat von Folter oder Gewalt bedroht sind, nicht zurückschicken. Die Quote | |
| der anerkannten Asylanträge liegt aber jedes Jahr bei deutlich unter einem | |
| Prozent. Fast alle Geflüchteten dürfen also nicht bleiben. Gehen können sie | |
| aber auch nicht. Eine Weiterreise in ein anderes Land erlaubt Hongkong | |
| nicht, solange ihr Rechtsstatus ungeklärt ist. Die unübersichtliche | |
| Situation führt dazu, dass die Stadt Asylbewerbern einerseits eine kleine | |
| finanzielle Unterstützung zahlt, sie aber gleichzeitig fast immer als | |
| Gesetzesbrecher behandelt, die sich illegal in der Metropole aufhalten. So | |
| vergehen viele Jahre, oft sind es Jahrzehnte. | |
| ## Der „Mönch“ soll in ein Gefängnis | |
| Die vielen Kinder, die an diesem Nachmittag am Immigration Tower spielen, | |
| sind alle in Hongkong geboren. Manchmal müssen Anwälte und | |
| Hilfsorganisationen dafür kämpfen, dass sie in die Schule gehen dürfen. | |
| „Das ist unabhängig vom Status ihrer Eltern eigentlich ein Grundrecht“, | |
| sagt Annie Lee von der Menschenrechtsorganisation Justice Centre. „Und doch | |
| wird in Hongkong immer wieder dagegen verstoßen.“ | |
| Der „Mönch“, wie ihn alle nennen, ist ein großer, schlanker Mann, der imm… | |
| freundlich zu lächeln scheint. Seine Geschichte zeigt, warum so viele | |
| Flüchtlinge in einer Stadt enden, die eigentlich ein denkbar schlechtes | |
| Ziel für Menschen wie ihn ist. Er war noch ein Kind, als er in seiner | |
| Heimat Sri Lanka ein Bürgerkrieg wütete. Die männlichen Teenager in seinem | |
| Dorf hatten eine Wahl, erzählt er: sich den Regierungstruppen auf der einen | |
| Seite oder den Rebellen auf der anderen anzuschließen. Um ihn zu schützen, | |
| geben ihn seine Eltern in ein buddhistisches Kloster, daher sein Spitzname. | |
| Als Regierungstruppen auf der Suche nach jungen Rekruten das Kloster | |
| durchsuchen, nehmen ihn die Soldaten mit. Der „Mönch“, dessen wahrer Name | |
| hier nicht genannt werden kann soll in einem Gefängnis, das für Folter | |
| bekannt ist, Dienst tun. Er weigert sich und muss ins Gefängnis. Als er | |
| frei kommt, fährt er statt zu seiner Einheit zum Flughafen. In seiner | |
| Uniform und mit Hilfe von Freunden bei der Militärpolizei besteigt er eine | |
| Maschine ins 4.000 Kilometer entfernte Hongkong. | |
| Warum ausgerechnet Hongkong? „Weil ich mir das Ticket leisten konnte, hier | |
| Freunde hatte und ohne Visum einreisen durfte“, sagt er. Was ihn hier | |
| erwartet, wusste er nicht. Nach ein paar Tagen geht er zur Behörde und, | |
| sagt, dass er bleiben will. Die schicken ihn weg, er habe ja ein Visum. Als | |
| das abgelaufen ist und er wieder kommt, heißt es, er habe gegen Gesetze | |
| verstoßen. Seitdem läuft sein kafkaeskes Verfahren. Das ist jetzt 13 Jahre | |
| her. | |
| ## Der Anwalt als letzte Hoffnung | |
| Am nächsten Tag sitzt Vanessa Rodel im Wartesaal des High Court. Sie hat | |
| keinen Termin hier, sie will nur bei ihrem Anwalt sein, weil sie sich dann | |
| sicherer fühlt. Alle ihre Hoffnungen stützen sich auf den Mann, dem viele | |
| Flüchtlinge wie einem Vater vertrauen. Und der für sie kämpft wie für seine | |
| Kinder. | |
| Robert Tibbo kommt aus dem Gerichtssaal, in der Hand hält er noch seine | |
| Perücke, wie sie in Hongkong von Richtern und Anwälten wie zu | |
| Kolonialzeiten getragen wird. Tibbo ist eine Figur wie aus einer | |
| Anwaltsserie im Fernsehen: Die Krawatte verrutscht, immer in Bewegung, | |
| etwas schusselig und rund um die Uhr im Einsatz für seine Mandanten. Heute | |
| ist er gut drauf. Groundbreaking für die Sache der Flüchtlinge sei das | |
| gewesen, was sich Stunden zuvor im Gerichtssaal abgespielt hat. | |
| Groundbreaking, sagt Tibbo gleich drei Mal hintereinander: wegweisend. | |
| Es ging um den Fall einer Mutter ohne Arbeitserlaubnis, die von der Polizei | |
| beim Spülen in einem Restaurant erwischt wurde. Kein kleines Delikt in den | |
| Augen der Strafverfolgungsbehörden, sondern fast ein Kapitalverbrechen. | |
| Flüchtlinge, die bei der Arbeit erwischt werden, drohen zwei Jahre | |
| Gefängnis. Da aber die staatliche Unterstützung nicht annähernd zum | |
| Überleben reicht, arbeiten trotzdem viele illegal. Tibbos Mandantin, die | |
| sich schuldig bekannte, wurde verurteilt. Sie muss aber nicht ins | |
| Gefängnis, sondern Sozialarbeit leisten und steht unter Bewährung. Der | |
| Richter befand eine Gefängnisstrafe mit Blick auf die Tat und die Kinder | |
| der Angeklagten als unverhältnismäßig. Die Frau durfte nach Hause gehen, | |
| eine kleine Sensation. | |
| Die Feier fällt kurz aus, Tibbo und Rodel fahren mit dem Fahrstuhl in eine | |
| Shopping-Mall unter dem Gerichtsgebäude. Im Lokal einer kanadischen | |
| Fastfoodkette, aus der Heimat des Anwalts, gibt es Burger. „Die Sache ist“, | |
| sagt Tibbo zwischen zwei Bissen, „wenn wir es vor einen Richter schaffen, | |
| haben wir oft gute Karten. Das Problem ist, dass viele Fälle gar nicht vor | |
| Gericht landen, sondern jahrelang von Sicherheitsbehörden in die Länge | |
| gezogen werden.“ Oder, wie im Fall der Snowden-Flüchtlinge, nach | |
| jahrelanger Stille plötzlich Gründe gefunden werden, um mit Abschiebehaft | |
| zu drohen. | |
| So geschah es im Sommer: Die Asylanträge, die teils vor mehr als zehn | |
| Jahren gestellt wurden, lehnte die Ausländerbehörde innerhalb weniger | |
| Wochen ab. Dabei haben die Fälle der Familien aus unterschiedlichen Ländern | |
| nichts gemeinsam – außer, dass die Flüchtlinge Snowden versteckten. Jetzt | |
| endlich, ab dem nächsten Montag, beginnt eine Berufungs-Anhörung über das | |
| Schicksal Vanessa Rodel – immerhin ein Erfolg für Tibbo. Dass sich der | |
| Anwalt so für sie einsetzt, hat noch einen anderen Grund. Er war es, der | |
| den Geheimnisverräter in den Slum der Flüchtlinge brachte. | |
| ## Snowden aß bei Vanessa Rodel meist Hamburger | |
| Es war im Juni 2013. Edward Snowden hatte gerade vom Luxushotel Mira in | |
| Hongkong aus die NSA-Affäre losgetreten und mit Millionen von Dokumenten | |
| belegt, wie der US-Geheimdienst weltweit das Internet überwacht und Feinde | |
| und Freunde ausspäht. In jenen Tagen klingelte bei Robert Tibbo das | |
| Telefon, Freunde von Snowden vermittelten den Kontakt. Der Anwalt hatte | |
| einen neuen Klienten. Wohin nur mit jemandem, dessen Gesicht gerade täglich | |
| weltweit in den Fernsehnachrichten auftaucht und dem vermutlich | |
| Geheimdienste aus aller Welt auf der Spur sind? Da kommt der Anwalt auf die | |
| Idee mit dem Slum. „Schauen Sie sich um“, sagt Tibbo, „überall Kameras, … | |
| Fahrstühlen, an Rolltreppen, es gibt zum Verstecken keinen Ort in dieser | |
| Stadt.“ Außer einen, weit draußen, bei den Flüchtlingen. | |
| Als Edward Snowden bei ihr in der Tür steht, ist Vanessa Rodel nicht klar, | |
| wer ihr da in die Hütte kommt. „Es war jemand, der Schutz brauchte, so wie | |
| wir“, sagt sie. Mehr wusste sie über ihn nicht, aber das reichte. Den Hype | |
| um den Amerikaner findet sie bis heute etwas rätselhaft. Was er so gegessen | |
| hat, wollten Journalisten später von ihr wissen, erzählt sie kichernd | |
| (Antwort: vor allem McDonald’s-Burger). Zwei Wochen lebte der Amerikaner | |
| bei ihr und den beiden anderen Familien. Sie brachten ihm Zeitungen und | |
| kauften für ihn ein. Dann verschwand er wieder. Snowden fuhr mit Anwalt | |
| Tibbo zum Flughafen und stieg in eine Maschine. „Er hatte in Hongkong gegen | |
| keine Gesetze verstoßen, hielt sich legal in der Stadt auf“, erzählt Tibbo. | |
| „Die Grenzbeamten konnten ihn gar nicht aufhalten.“ Zurück blieben die | |
| Flüchtlinge. | |
| Über Jahre war nicht bekannt, wo Tibbo seinen prominenten Mandanten | |
| versteckt hatte. Bis der Anwalt einige Journalisten im Spätsommer 2016 zu | |
| den Flüchtlingen brachte. Das war kurz bevor ein Hollywood-Film von Oliver | |
| Stone über Snowdens Flucht in die Kinos kam. Die Hoffnung des Anwalts: Die | |
| internationale Aufmerksamkeit sollte den Flüchtlingen helfen. Hat sie | |
| geholfen? | |
| Supun Thilina Kellapatha aus Sri Lanka überlegt lange bei der Frage. Der | |
| 32-Jährige ist einer der „Hongkong Four“, die Snowden Unterschlupf | |
| gewährten. „Ja und nein“, sagt er schließlich. Sie bekommen jetzt viel | |
| Unterstützung, vor allem aus Kanada, wo Hilfsorganisationen Spenden für sie | |
| sammeln und wohin sie, wenn alles läuft wie erhofft, vielleicht schon bald | |
| ausreisen könnten. Diese Perspektive hätten sie nicht ohne ihre Prominenz. | |
| Einerseits. Andererseits: Solange sie hier in Hongkong sind, macht ihnen | |
| das Snowden-Label schwer zu schaffen. | |
| Die Behörden gängeln sie besonders, glaubt er. Erst die plötzliche | |
| Ablehnung ihrer Asylanträge, jetzt die offenen Drohungen, ihre Familien | |
| auseinander zu reißen und die Eltern in Abschiebegewahrsam zu nehmen. Und | |
| dann war da noch ein furchterregender Besuch: Kurz nach der | |
| Veröffentlichung der Zeitungsartikel mit ihren Namen tauchten offenbar | |
| Agenten des Geheimdiensts von Sri Lanka im Flüchtlingsviertel auf – | |
| mutmaßlich auf der Suche nach Supun Thilina Kellapatha, der in seiner | |
| Heimat aus politischen Gründen verfolgt und gefoltert worden war. Und als | |
| Anwalt Tibbo Ende vergangenes Jahres kurz in Deutschland war, drohten die | |
| Behörden in Hongkong plötzlich mit der sofortigen Abschiebung des Mannes | |
| und seiner Familie nach Sri Lanka, wenn nicht binnen einen Tages bestimmte | |
| Dokumente eingereicht würden. | |
| ## „Jetzt wo du berühmt bist, brauchst du uns nicht“ | |
| Hongkong ist für viele Flüchtlinge aus Süd- und Südostasien relativ leicht | |
| zu erreichen. Willkommen sind sie dort nicht. Die chinesische | |
| Sonderverwaltungszone verwehrt Schutzsuchenden grundlegende Menschenrechte, | |
| kritisiert das UN-Komitee gegen Folter. Die Versorgung der Schutzsuchenden | |
| hat die Metropole an den International Social Service ausgelagert, einer | |
| privaten Organisation mit Hauptsitz in Genf und einer Niederlassung in | |
| Hongkong, die sich ISSHK nennt. | |
| Als publik wurde, dass drei Flüchtlingsfamilien Edward Snowden Schutz | |
| gewährt hatten, sperrte die ISSHK immer wieder Zahlungen an die Familie, | |
| wie die Betroffenen und ihr Anwalt berichten. Zu Vanessa Rodel, die Snowden | |
| bei sich aufnahm, sagte eine ISSHK-Mitarbeiterin: „Jetzt wo du berühmt | |
| bist, brauchst du uns doch nicht mehr.“ Die Ausländerbehörde von Hongkong | |
| und die ISSHK haben auf Anfragen der taz nicht reagiert. | |
| Tibo steht im Flughafen am Check-In von Finnair. Aus seinem Reiseziel macht | |
| er ein großes Geheimnis. Moskau (wo Snowden wahrscheinlich ist)? „Kein | |
| Kommentar.“ Einige Mandanten sind gekommen, um ihn zu verabschieden, dabei | |
| ist er nur ein paar Tage weg. „Kanada“, sagt Tibbo, Kanada sei die | |
| realistischste Option für seine Mandanten. Wene es gut liefe, könnten sie | |
| noch 2017 in die Heimat des Anwalts ausreisen. | |
| Und wenn nicht? Darüber will Tibbo gar nicht nachdenken. Zu schwer ist die | |
| Last auf seinen Schultern. „Wenn Kanada nicht klappt, wie wäre es mit | |
| Deutschland?“, sagt er nur halb im Scherz. „Deutschland hat eine Millionen | |
| Flüchtlinge aufgenommen, drei weitere Familien müssten doch machbar sein, | |
| oder?“ | |
| Vanessa Rodel winkt ihrem Anwalt hinterher, als er durch die | |
| Sicherheitsschleuse verschwindet, um gleich in ein Flugzeug zu steigen. Was | |
| würde sie dafür geben, wenn sie auch bald diesen Weg gehen dürfte. | |
| 25 Nov 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| felix wadewitz | |
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