# taz.de -- Koalitionsgespräche in Österreich: Gegen Flüchtlinge sind sie si… | |
> ÖVP und FPÖ wollen weniger Mindestsicherung für Asylbewerber, | |
> Sachleistungen statt Geld und eine längere Frist bis zum | |
> Einbürgerungsantrag. | |
Bild: Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache gemeinsam auf dem Weg nach rec… | |
WIEN taz | Anders als in Deutschland gestalten sich die Koalitionsgespräche | |
in Österreich weitgehend ohne Reibungen. Dass zwischen [1][ÖVP-Chef | |
Sebastian Kurz] und [2][Heinz-Christian Strache von der | |
rechtspopulistischen FPÖ] nicht nur die Chemie stimmt, lassen die | |
Informationen erkennen, die aus den Verhandlungen dringen. Auf den Gebieten | |
der Sicherheit und des Umgangs mit Flüchtlingen wurde Ende vergangener | |
Woche bereits ein Teilergebnis verkündet. Schon im Wahlkampf waren in | |
diesem Bereich die Unterschiede zwischen den Parteien nur mit der Lupe zu | |
erkennen. | |
So kopieren die Verhandlungspartner das Modell aus Oberösterreich, wo eine | |
ÖVP-FPÖ-Koalition schon seit mehr als einem Jahr vormacht, was in Sachen | |
Verschärfung alles geht. Die Mindestsicherung soll demnach für Asylbewerber | |
nicht nur von 914 auf 520 Euro gesenkt, sondern auch großteils in | |
Sachleistungen ausgezahlt werden. Unterbringen will man sie vorrangig in | |
Landesquartieren. Die Mindestsicherung – bisher Landessache – soll | |
bundesweit auf niedrigem Niveau vereinheitlicht werden. Das richtet sich | |
vor allem gegen des rot-grüne Wien, das sich weigert, diese Sozialleistung | |
unter das Existenzniveau zu drücken. Außerdem sollen Asylberechtigte erst | |
nach zehn statt sechs Jahren einen Antrag auf Einbürgerung stellen dürfen. | |
Verschärfungen soll es auch für die innereuropäische Arbeitsmigration | |
geben. Kurz hatte im Wahlkampf die „Einwanderung ins Sozialsystem“ | |
verteufelt und darüber nachgedacht, wie man Arbeitsmigranten aus Osteuropa | |
Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld kürzen könne. Wie das europarechtlich | |
haltbar umgesetzt werden soll, ist noch nicht klar. | |
Dass beide Parteien die Koalition wollen, haben sie auch in ihrer Reaktion | |
auf Warnungen von Alexander Van der Bellen signalisiert. Der | |
Bundespräsident soll vor einigen Tagen gesagt haben, dass er die | |
Freiheitlichen Harald Vilimsky und Johann Gudenus nicht als Minister | |
vereidigen würde. EU-Abgeordneter Vilimsky hat sich an der Seite von Marine | |
Le Pen als Scharfmacher gegen die EU profiliert. Gudenus hat sich | |
disqualifiziert, als er gegen „Asylbetrüger Knüppel aus dem Sack“ empfahl. | |
Der Aufschrei in der FPÖ blieb aus. Vielmehr wies Vilimsky darauf hin, dass | |
seine Partei zuhauf über qualifiziertes Personal verfüge. Um auch die | |
internationale Ächtung zu vermeiden, will Strache darauf verzichten, das | |
Außenministerium mit einem strammen Parteisoldaten zu besetzen. Die | |
ehemalige Diplomatin Karin Kneissl bestätigte am Wochenende, dass sie von | |
Strache gefragt worden sei – und Interesse habe. | |
## Kampfabstimmung statt Konsens | |
In der SPÖ steht indessen eine richtungsweisende Entscheidung an. Wiens | |
Genossen müssen Ende Januar in einer Kampfabstimmung darüber entscheiden, | |
wer Vorsitzender der sozialdemokratischen Landespartei und damit Nachfolger | |
von Langzeitbürgermeister Michael Häupl wird. Bisher war das ein Ritual, | |
bei dem der vom jeweiligen Vorgänger Gesalbte abgesegnet wurde. Doch nun | |
wird über das Votum auch ein Richtungsstreit ausgetragen, dessen Ausgang | |
darüber entscheidet, in welcher Rolle sich die SPÖ auf Bundesebene in der | |
Opposition profilieren will. | |
Andreas Schieder, derzeit geschäftsführender Vorsitzender der | |
SPÖ-Parlamentsfraktion, will dabei gegen den Wohnbaustadtrat Michael Ludwig | |
antreten. Ludwig gilt als Mann des rechten Flügels, der die offene rechte | |
Flanke gegenüber den Anstürmen der FPÖ absichern will. Er wird von den | |
sogenannten Flächenbezirken unterstützt, also jenen größeren Stadtteilen an | |
der Peripherie, wo die FPÖ in den letzten Jahren das Proletariat auf ihre | |
Seite gebracht hat. Schieder wird von der urbanen Mittelschicht in den | |
Innenbezirken favorisiert. Eine Koalition mit der FPÖ hat er wiederholt | |
unaufgefordert ausgeschlossen. Vielmehr will er das seit 2010 bestehende | |
Bündnis mit den Grünen fortsetzen. | |
Noch-Bundeskanzler Christian Kern, dem selbst Interesse für den | |
Bürgermeisterposten nachgesagt wurde, will sich in den Flügelkampf nicht | |
einmischen, lässt aber eine klare Präferenz erkennen, die Partei wieder | |
deutlich links der Mitte zu positionieren. So möchte Kern den ehemaligen | |
Grün-Wählern ein Angebot machen und sie dauerhaft an die Partei binden. | |
20 Nov 2017 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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