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# taz.de -- Grüner Politiker über Wahl in Österreich: „Bei der FPÖ herrsc…
> In Wien könnten bald die harten Nationalisten mit am Ruder sein. Dabei
> geht es um einen verschworenen Kreis von vier bis fünf Männern.
Bild: FPÖ-Chef Heinz Christian Strache lässt sich in Wien nach der Wahl feiern
taz: Herr Reimon, nach der Wahl in Österreich war zunächst unklar, wer mit
wem zusammengehen würde. Kommt es jetzt zur befürchteten schwarz-blauen
Koalition zwischen der ÖVP und der FPÖ?
Michel Reimon: Ja, das ist die wahrscheinlichste Variante. Die FPÖ ist zwar
auch noch im Gespräch mit der SPÖ – doch das ist problematisch, weil beide
Seiten versuchen, den Preis für solch ein Bündnis hoch zu treiben. Außerdem
hat der designierte Kanzler Sebastian Kurz alles getan, um eine
schwarz-blaue Koalition zu ermöglichen.
So eine Koalition gab es ja schon einmal mit Jörg Haider. Das war ein
Debakel – kann sich das wiederholen?
Nein, das kann man nicht vergleichen. Denn nun sind in der FPÖ genau jene
an der Macht, die Haider damals weggeputscht haben. Jetzt sind die harten
Rechtsnationalen am Ruder, die sich 15 Jahre auf die Regierungsbeteiligung
vorbereitet haben. Man sollte sie nicht unterschätzen, denn hier geht es um
einen verschworenen Kreis von vier bis fünf Männern, die mit militärischer
Disziplin an die Macht drängen.
Kann Kurz die FPÖ durch Regierungsbeteiligung klein halten?
Ich wüsste nicht, warum er ein Interesse haben sollte. Seine Partei hat am
Wahlabend über den FPÖ-Gewinn gejubelt. Wenn er Kanzler wird, braucht er
sie als langfristige Koalitionspartner.
Was passiert, wenn die FPÖ das Innenministerium bekommt?
Fest steht nur, dass Österreich in Richtung Ungarn geht, mit Verhältnissen
wie unter (Regierungschef Viktor) Orbán. Sorgen mache ich mir vor allem um
die Polizei und die Geheimdienste. Die FPÖ hat sich immer auf die Seite
übergriffiger Polizisten gestellt. Sie versteht sich als Schutzmacht der
rechtesten Rechten. Vor allem für die Linke ist das hochgradig
problematisch.
Wie tritt die FPÖ im Europaparlament auf? EU-feindlich?
Das ist etwas schizophren. Denn die FPÖ ist einerseits eindeutig
EU-feindlich, andererseits aber sehr industriefreundlich. Nach dem Brexit
hat sie eine Zeitlang mit dem Öxit (Austritt Österreichs aus der EU, Red.)
geliebäugelt. Doch die Industrie hat sie sofort zurückgepfiffen, heute ist
das kein Thema mehr.
Arbeitet sie aktiv mit Le Pen und Wilders zusammen?
Man sitzt zwar in derselben Fraktion, doch das dient nur der
Geldabschöpfung. Rechte Europaabgeordnete wollen nicht international
zusammenarbeiten, sie können sich auch nicht wirklich leiden.
Wie reagieren die Grünen und die anderen Fraktionen im EU-Parlament?
Wir haben die Aufgabe, eine Kontrollfunktion auszuüben. Denn nun kommt in
Wien eine Regierung der Rechten und Rechtsextremen an die Macht. Das wird
die erste Visegrad-Regierung in Westeuropa. Ganz extrem könnte es im
zweiten Halbjahr 2018 werden, wenn Österreich den EU-Vorsitz übernimmt.
Würde es die FPÖ und damit alle Nationalisten im EU-Parlament aufwerten,
wenn sie in Wien an die Regierung käme?
Das würde die rechte Fraktion noch mal stärken. Sie fühlt sich seit dem
Brexit ja ohnehin im Aufwind. Der ehemalige Ukip-Chef Nigel Farage spielt
den starken Mann, obwohl er im Parlament keine Arbeit leistet. Die
FPÖ-Abgeordneten können nun ganz anders auftreten und zum Beispiel damit
drohen, Streitfragen auf die Ratsebene zu heben, wo Österreich über ein
Vetorecht verfügt.
Zerlegen sich die Nationalisten nicht von selbst, wie wir es in Deutschland
schon oft gesehen haben?
Das kann man nicht vergleichen. Bei der FPÖ herrscht kein Chaos wie bei der
AfD. Sie hat es ja auch geschafft, den gesamten politischen Diskurs in
Österreich nach rechts zu verschieben. Bei einer der letzten TV-Debatten
haben Kurz und Strache darum gewetteifert, wer sich am meisten von Merkel
distanziert und wer näher an Orbán ist.
20 Oct 2017
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
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