# taz.de -- Türkeipolitik beim EU-Gipfel: EU will Türkei-Hilfen kürzen | |
> Die EU will weiter mit der Türkei über einen Beitritt verhandeln. Dennoch | |
> setzt sich Merkel durch: Die Finanzhilfen für die Vorbereitung sollen | |
> gekürzt werden. | |
Bild: Spricht von einer „absolut unbefriedigenden Situation der Menschenrecht… | |
Brüssel dpa | Die Europäische Union will die Finanzhilfen zur Vorbereitung | |
eines Beitritts der Türkei kürzen. Darauf habe sich der EU-Gipfel geeinigt, | |
sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am frühen Freitagmorgen. Gleichwohl | |
sprach sich die CDU-Chefin dafür aus, weiter mit Ankara zu reden. Auch | |
stellte sie sich eindeutig hinter den EU-Flüchtlingspakt mit der Türkei, | |
einschließlich der Zahlung weiterer Milliarden zur Versorgung | |
Schutzsuchender. | |
Merkel hatte die Türkeipolitik auf die Agenda der 28 Staats- und | |
Regierungschefs setzen lassen, nachdem sie im Wahlkampf für einen Stopp der | |
Beitrittsverhandlungen plädiert hatte. Im Kreis der EU-Länder gibt es aber | |
kaum Unterstützung für einen Bruch, auch weil der Flüchtlingspakt nicht | |
gefährdet werden soll. | |
Merkel sagte, wichtig sei eine geschlossene Haltung der EU. Und es gebe | |
viele Gründe mit der Türkei zu reden. Dennoch wolle man die EU-Kommission | |
veranlassen, die sogenannten Vorbeitrittshilfen „in verantwortbarer Weise | |
zu kürzen“. Damit reagiere die EU auf die „absolut unbefriedigende | |
Situation der Menschenrechte“ in der Türkei. Gespräche über die von Ankara | |
geforderte Erweiterung der Zollunion mit der EU werde es nicht geben. | |
Der österreichische Kanzler Christian Kern sagte, mit den Beitrittshilfen | |
habe man die Türkei näher an die rechtsstaatlichen Standards Europas | |
heranführen wollen – dies sei eindeutig „nicht gelungen“. Insgesamt hat … | |
EU der Türkei für den Zeitraum 2014 bis 2020 rund 4,45 Milliarden Euro | |
zugesagt, 368 Millionen davon sind bisher vertraglich gebunden. | |
## Weiter Gelder zur Flüchtlingsversorgung | |
Merkel akzeptiert aber, dass weiter EU-Geld zur Versorgung von Flüchtlingen | |
in die Türkei fließt – drei Milliarden Euro sind schon verplant, drei | |
weitere sollen folgen. Die EU sieht den Flüchtlingspakt als Erfolg, weil | |
seit 2016 sehr viel weniger Menschen von der Türkei nach Griechenland | |
übersetzen. Nun versucht sie dasselbe auf der Route über das zentrale | |
Mittelmeer von Nordafrika nach Italien und arbeitet dafür mit Libyen | |
zusammen. | |
[1][EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte]: „Wir haben eine echte Chance, die | |
Route über das zentrale Mittelmeer zu schließen.“ Der Gipfel beschloss, | |
Italien und dessen Zusammenarbeit mit den libyschen Behörden zu | |
unterstützen. Gleichzeitig wolle man den EU-Fonds zur Bekämpfung von | |
Fluchtursachen in Afrika auffüllen, berichtete Tusk. | |
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erklärte, die Mitgliedstaaten | |
hätten erst 175 Millionen Euro für den Fonds zugesagt: „Das ist ganz klar | |
nicht genug.“ Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen nach Tusks Worten | |
auch einen neuen Anlauf zur Reform des höchst umstrittenen EU-Asylsystems | |
starten und möglichst bis Mitte 2018 abschließen. | |
In ihrer Gipfelerklärung warnten die Staats- und Regierungschefs die USA | |
vor einem Ausstieg aus dem Atomabkommen mit dem Iran, das Präsident Donald | |
Trump zuletzt in Frage gestellt hatte. Die EU machte auch deutlich, dass | |
sie Trumps Drohung mit einer militärischen Lösung des Nordkorea-Konflikts | |
nicht für den richtigen Weg hält. Sie selbst droht Nordkorea eine weitere | |
Verschärfung von Sanktionen an. | |
## Engere Zusammenarbeit bei der Verteidigung | |
Der Gipfel bestätigte auch den [2][Start einer engeren Zusammenarbeit bei | |
der Verteidigung zum Jahresende und bekannte sich zu einer raschen | |
Digitalisierung Europas]. | |
Der für 2019 geplante EU-Austritt Großbritanniens steht erst für Freitag | |
auf der Tagesordnung. Premierministerin Theresa May mahnte erneut Tempo bei | |
den bisher schleppenden Brexit-Verhandlungen mit der EU an. Sie hoffe auf | |
„ambitionierte Pläne“ für die kommenden Wochen, sagte sie zu Beginn des | |
Gipfels in Brüssel und warb später beim Abendessen der Staats- und | |
Regierungschefs für ihre Position. | |
Merkel zeigte sich danach überraschend optimistisch, dass ein | |
Brexit-Abkommen letztlich gelingen werde. „Ich habe da eigentlich überhaupt | |
gar keinen Zweifel, wenn wir geistig alle klar sind“, sagte sie. Sie sehe | |
„null Indizien dafür, dass das nicht gelingen kann“. Bis jetzt habe | |
Großbritannien aber „noch nicht genug“ Zugeständnisse gemacht, um die | |
zweite Verhandlungsphase zu eröffnen. | |
20 Oct 2017 | |
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[1] http://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2017/10/19-tusk-rema… | |
[2] http://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2017/10/19-euco-conc… | |
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