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# taz.de -- Berliner Wochenkommentar I: Scheitern? Bitte woanders!
> Die Debatte über Obdachlose aus Osteuropa, die vor allem im Tiergarten
> campieren, treibt seltsame Blüten. Über Vor- und Nachteile einer
> globalisierten Welt.
Bild: Oktober 2017: Obdachlose haben sich unter einer Brücke im Tiergarten ein…
Dass es für Waren und Menschen innerhalb der EU quasi keine Grenzen gibt,
gehört definitiv zu den feinen Sachen. Oder sagen wir mal zu denen, von
denen wir alle nur zu gern profitieren: vom T-Shirt, günstig genäht in
Rumänien, von der Pflegekraft aus der Slowakei, die einen Job macht, für
den sich hier einfach nicht mehr genug finden. In Zeiten der wachsenden
Stadt wäre auch der derzeitige Berliner Bauboom undenkbar ohne
Arbeitskräfte aus Ost- und Südosteuropa.
Nun gibt es zwischen der Freiheit im Warenverkehr und der sogenannten
Arbeitnehmerfreizügigkeit einen wesentlichen Unterschied. Die
Lebensgeschichten, die mit billig produzierten Konsumgütern verbunden sind,
verbleiben im Heimatland: Menschen, die krank werden oder Leistungsvorgaben
nicht mehr schaffen, die Gescheiterten, die Elenden. Dem T-Shirt für
neunneunundneunzig haften sie höchstens imaginär an.
Ganz anders verhält es sich mit Menschen, die aus ärmeren EU-Ländern kommen
und in einem wirtschaftlich florierenden Deutschland nach Arbeit suchen.
Die allermeisten tragen wie gesagt einen gehörigen Teil dazu bei, dass
diese und andere Städte überhaupt funktionieren. Aber auch die, die es aus
persönlichen oder gesellschaftlichen Gründen nicht schaffen, sind dann erst
einmal hier.
Und nachdem diese Gruppe von der Stadt jahrelang ignoriert wurde, sind es
jetzt plötzlich – oh Wunder – eine ganze Menge: Weit mehr als die Hälfte
aller Berliner Obdachlosen kommt inzwischen aus anderen EU-Ländern, so die
Schätzung der Wohlfahrtsorganisationen. Nach Jahren ohne ausreichende
Betreuung fallen jetzt einzelne von ihnen als aggressiv auf. Und nun rufen
Politiker nach Abschiebung und bloß nicht zu viel Hilfe, das könnte Anreiz
für noch mehr Obdachlose aus Osteuropa sein.
Arbeiten hier, Scheitern bitte woanders? Dazu lässt sich nur sagen: Es ist
von jeher ein schmutziges Geschäft, wenn man sich an den Vorteilen einer
globalisierten Welt bereichert, sich aber mit den Nachteilen nicht befassen
will.
28 Oct 2017
## AUTOREN
Manuela Heim
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