# taz.de -- Streit im Abgeordnetenhaus: Opposition will früher abschieben | |
> Hätte mit einer schnelleren Abschiebung der Mord im Tiergarten verhindert | |
> werden können? Darüber streitet der Innenausschuss im Berliner | |
> Landesparlament. | |
Bild: Verteidigt das Vorgehen der Behörden: Berlins Innensenator Andreas Geise… | |
Die Stimmung im Innenausschuss ist gereizt. Punkt zwei auf der | |
Tagesordnung: Umgang mit ausreisepflichtigen Straftätern. Allen voran ist | |
es der innenpolitische Sprecher der CDU, Burkard Dregger, der treibt. CDU, | |
AfD und FDP unterstellen dem rot-rot-grünen Senat, nicht genug | |
Abschiebungen vorzunehmen. Der Mord an der 60-jährigen Susanne F. im | |
Tiergarten dient ihnen als Beispiel. | |
Die Kunsthistorikerin war Anfang September gegen 22 Uhr im Tiergarten auf | |
dem Weg vom Schleusenkrug zur U-Bahn-Haltestelle getötet worden. Der Fall | |
hatte großes Aufsehen und Betroffenheit ausgelöst. „Jeder kennt diesen | |
Weg“, sagte der innenpolitische Sprecher der Grünen, Benedikt Lux, am | |
Montag. Der Tatverdächtige, ein 18-jähriger Russe, hatte unter den | |
Obdachlosen im Tiergarten gelebt. Seither wird dort „aufgeräumt“. Dass die | |
Opposition über den Fall diskutieren will, hat aber mit der Vorgeschichte | |
von Ilyas A. zu tun. Der Mann, inzwischen in Untersuchungshaft, war schon | |
vorher justizbekannt. | |
Wie der Innensenator am Montag berichtete, war A. im Herbst 2014 allein | |
nach Berlin eingereist, nachdem er zuvor mit seiner Familie nach Polen | |
abgeschoben worden war. Nach Polen sollte der damals Minderjährige | |
eigentlich auch zurückgeführt werden. Grundlage dafür war das | |
Dublin-Abkommen. Doch dann wurde A. in Berlin straffällig und kam am 1. | |
Juli 2016 in Untersuchungshaft. | |
## Drei Raubüberfälle | |
Drei Raubüberfalle – die Opfer sollen hochbetagte Rentnerinnen gewesen sein | |
– brachten ihm eine eineinhalbjährige Jugendstrafe ein. Im Dezember 2016 | |
wurde der Minderjährige aus der Haft entlassen. Die Abschiebung in die | |
Russische Föderation sei daran gescheitert, dass eine kindgerechte | |
Inobhutnahme durch die russische Seite nicht gewährleistet gewesen sei, so | |
Geisel. Am 10. August 2017 wurde A. volljährig. Die Inobhutnahme war damit | |
obsolet. | |
Doch diesmal scheiterte die Abschiebung Geisel zufolge zunächst daran, dass | |
A.s Betreuer einen Rechtsschutzantrag beim Verwaltungsgericht stellte, | |
dann, weil A. in Parks lebte und sein Aufenthaltsort unbekannt war. Erst am | |
4. September, einen Tag vor der Tat, sei der Ausländerbehörde sein | |
Bewohnerausweis für eine Notunterkunft vorgelegt worden. Eine | |
Sofort-Einzelabschiebung sei aber nicht möglich gewesen, weil dazu eine | |
Sicherheitsbegleitung der Bundespolizei erforderlich gewesen wäre. Das | |
erfordere einen Vorlauf von vier Wochen. Die Alternative wäre ein | |
„Sammelcharter“ in die Russische Föderation gewesen. Doch der sei zwischen | |
dem 10. August und dem 5. September nicht durchgeführt worden. | |
## Nicht auf Verdacht einsperren | |
CDU-Mann Dregger war der Meinung, A. hätte schon drei Monate vor seiner | |
Volljährigkeit in Abschiebehaft genommen werden müssen. Geisel weist das | |
zurück: „Menschen auf Verdacht einsperren?“ Damit, so der Innensenator | |
direkt an Dregger gewandt, „spielen Sie Rechtspopulisten in die Hände“. Im | |
Übrigen könne man Berlin nicht nachsagen, in Sachen Abschiebungen untätig | |
zu sein. | |
2017 seien bereits 1.500 Menschen abgeschoben worden. Im bundesweiten | |
Ranking liege Berlin damit auf dem 5. Platz. Täter, die Gewaltdelikte | |
begangen haben, würden konsequent abgeschoben. „Aber selbstverständlich | |
handelt Berlin rechtsstaatlich.“ | |
27 Nov 2017 | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
## TAGS | |
Tiergarten | |
Andreas Geisel | |
Mord | |
Abschiebung | |
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin | |
Obdachlosigkeit | |
Stephan von Dassel | |
Tiergarten | |
Obdachlosigkeit | |
Prostitution | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ein Jahr Rot-Rot-Grün in Berlin: Das muss man doch mal sagen! | |
Die Bilanz der Koalition ist durchwachsen. Das liegt auch daran, dass sich | |
SPD, Linke und Grüne in Sachen Marketing und Selbstironie schwertun. | |
Berliner Wochenkommentar I: Scheitern? Bitte woanders! | |
Die Debatte über Obdachlose aus Osteuropa, die vor allem im Tiergarten | |
campieren, treibt seltsame Blüten. Über Vor- und Nachteile einer | |
globalisierten Welt. | |
Berliner Grünanlagen: Abends im Tiergarten | |
Unterwegs in einem verrufenen Park: Mädchen hören Musik, die Feuerwehr | |
wäscht einem Verletzten die Augen aus, Obdachlose sitzen gemütlich vor den | |
Zelten. | |
Tiergarten-Diskussion: Obdachlose zwischen den Fronten | |
Hätte der mutmaßliche Mörder vom Tiergarten abgeschoben werden müssen? Der | |
Kriminalfall hat eine polarisierte Debatte ausgelöst. | |
Obdachlose im Berliner Tiergarten: Der Parkwächter der Grünen | |
Der Bezirksbürgermeister von Mitte, Stephan von Dassel, will aggressive | |
Obdachlose aus dem Tiergarten abschieben und erntet scharfe Kritik. | |
Unbetreute Flüchtlinge: 20 bis 30 Euro für Sex | |
Um an etwas Geld zu kommen, sehen viele junge männliche Geflüchtete in | |
Deutschland nur den Weg der Prostitution. |