# taz.de -- Nachruf auf Dominic Heilig: Eigentlich unersetzbar | |
> Mit nur 39 Jahren ist das Linkspartei-Vorstandsmitglied an den Folgen | |
> eines Herzstillstandes gestorben. Ein großes politisches Talent ist | |
> gegangen. | |
Bild: Linkspartei-Vorstandsmitglied Dominic Heilig (geboren am 14. August 1978,… | |
BERLIN taz | In seinem Bürozimmer im Bundestag hing eine kleine Fahne mit | |
drei Buchstaben: CDU. Nö, nicht unsere, sagte Dominic Heilig mit | |
süffisantem Lächeln den leicht verdutzten Besuchern. Die CDU-Fahne zeigte | |
das Emblem der Coligação Democrática Unitária, der Allianz von Kommunisten | |
und Grünen in Portugal. Heilig war einer der besten Kenner europäischer | |
Politik in der Linkspartei. Und Portugal, das war sein politischer Traum. | |
Dominic Heilig war Co-Chef des fds, des Forum Demokratischer Sozialismus, | |
des Zusammenschlusses der Pragmatiker in der Partei. Von dem Etikett hielt | |
er nicht viel, noch weniger von dem Label Parteirechter. „Wir sind hier die | |
echten Radikalen“, sagte er. Und nicht die Lautsprecher vom linken Flügel. | |
Das in Portugal seit 2016 bestehende Bündnis aus Sozialisten, Linksblock | |
und eben der CDU war für den Bundestagsfraktionsmitarbeiter der Beweis, | |
dass eine geerdete, linksreformistische Politik Erfolg haben kann und | |
Regierungsunterstützung der Linken nicht in bloß pragmatischer Verwaltung | |
enden muss: Der Mindestlohn, das Kindergeld und die Renten wurden erhöht, | |
Privatisierungen rückgängig gemacht. Das Ergebnis: Arbeitslosigkeit und | |
Schuldenstand sanken. | |
Damit gelang Lissabons linkem Bündnis, was neoliberalen Ökonomen zufolge | |
unmöglich ist. Und es widerlegte aus Sicht Heiligs die kurzatmige | |
EU-Skepsis in der Linkspartei und den scheppernden Verbalradikalismus. | |
## Auf selbstverständliche Art Ossi | |
Dominic Heilig war auf eine selbstverständliche Art Ossi. Bei Union Berlin, | |
dem Ostclub in Köpenick, hatte er eine Dauerkarte. Hertha-Fan zu sein, wäre | |
undenkbar gewesen. Er stammte aus einer SED-Familie. Der Vater arbeitet | |
beim dem früheren SED-Parteiblatt Neues Deutschland, die Mutter bei einer | |
parteinahen Stiftung. Die PDS, später Linkspartei, das war sein Milieu. Und | |
viel mehr mehr. Nämlich ein Mittel, das es zu nutzen galt. Um mit radikalem | |
Reformismus zu verändern. | |
Auf Parteitagen lief es selten gut für ihn. Heilig war zu sehr Realo, zu | |
profilierter Flügelmann, auch unfähig zum Weichgespülten. So bemühte er | |
sich 2009 als auch 2014 vergeblich um einen aussichtsreichen Platz auf der | |
Linkspartei-Liste für das Europaparlament. Dabei war eigentlich schwer zu | |
übersehen, dass er dort eine glänzende Rolle gespielt hätte. | |
Später wollte er Vizeparteichef werden – und scheiterte erneut. Die Partei, | |
auf Harmonien geeicht, verbannte ihn immer wieder in die zweite Reihe. Zu | |
mehr als einem Platz im Parteivorstand reichte es nie. Das kränkte, denn | |
Heilig war nicht nur lässig im Umgang, cool im Auftritt, rotzig in der | |
Wortwahl, sondern auch ehrgeizig. | |
Heilig war klug und jung, rhetorisch begabt und in Europa zu Hause. | |
Vielleicht wäre sein Durchbruch nach ganz oben irgendwann noch gekommen. | |
Wäre. Könnte. Eigentlich war er unersetzbar. Man schreibt das so dahin – | |
unersetzbar. Aber so ist es. | |
Dominic Heilig, Vater von drei Kindern, 39 Jahre alt, ist am Mittwoch an | |
den Folgen eines Herzstillstandes gestorben. | |
1 Nov 2017 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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