| # taz.de -- Kommentar Streit in der Linkspartei: Der Kampf geht weiter | |
| > Die Partei- und Fraktionschefs haben einen halbgaren „Kompromiss“ | |
| > geschlossen. Der Machtkampf geht weiter. Ganz im Sinne der „Reformer“. | |
| Bild: Virtuoser Strippenzieher: Linkspartei-Fraktionschef Dietmar Bartsch | |
| Was für ein peinliches Schauspiel führt die Linkspartei in diesen Tagen | |
| auf! Die Klausurtagung ihrer Bundestagsfraktion bildete den vorläufigen | |
| Höhepunkt einer Schlammschlacht, die seit der Bundestagswahl mit | |
| unglaublicher Brutalität ausgetragen wird. Von wüsten Beschimpfungen über | |
| Mobbingvorwürfe bis hin zu skurrilen Rücktrittsdrohungen: Statt als | |
| kämpferische linke Opposition präsentiert sich die Partei gegenwärtig als | |
| wilder Intrigantenstadl, in dem jedes Mittel zur Bekämpfung des | |
| innerparteilichen Gegners probat scheint. | |
| Die gegenseitig geschlagenen Wunden sind tief. Es wäre naiv, zu glauben, | |
| dass nach dem halbgaren „Kompromiss“ zwischen den Fraktionsvorsitzenden | |
| [1][Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch auf der einen] und den | |
| [2][Parteichefs Katja Kipping und Bernd Riexinger] auf der anderen Seite | |
| nun der Streit beigelegt wäre. Wer den grimmigen Auftritt Wagenknechts nach | |
| ihrer Wiederwahl gesehen hat, dem dürfte klar sein: Der Kampf geht weiter. | |
| Was diese Kontroverse so selbstzerstörerisch macht: Auch wenn es auf den | |
| ersten Blick anders erscheinen mag, geht es realiter nicht um Inhalte. Auch | |
| nicht um die tatsächlich bestehenden Differenzen in der Flüchtlings- und | |
| Integrationspolitik oder beim Thema Europa. Ginge es nur darum, dann könnte | |
| der Streit rationaler und mit weniger Verletzungen ausgetragen werden – und | |
| die innerparteilichen Frontstellungen würden anders aussehen. Denn dann | |
| bekäme das Bündnis der „Wagenknechtianer“ mit den „Bartschisten“ schn… | |
| Brüche. | |
| Doch obwohl der sogenannte Reformerflügel dem Parteizentrum um Riexinger | |
| und Kipping eigentlich inhaltlich wesentlich näher steht, hat er sich dafür | |
| entschieden, lieber im Windschatten der Traditionslinken um Wagenknecht zu | |
| segeln – bis hin zur politischen Selbstverleugnung. Anstatt in die | |
| inhaltliche Auseinandersetzung zu gehen, reibt sich die Parteirechte die | |
| Hände: Während sich das Wagenknechtlager und das undogmatisch linke | |
| Parteizentrum um Riexinger und Kipping zerfleischen, sichern Dietmar | |
| Bartsch & Co. ihre Pfründe. | |
| Gerade die „Reformer“ hätten nach der Bundestagswahl viel aufzuarbeiten. | |
| Ihr „realpolitisches“ Politikkonzept steckt offenkundig in einer tiefen | |
| Krise, wie die dramatischen Verluste in ihren Osthochburgen zeigen. Wer | |
| sich den trostlosen Zustand der Linkspartei in Brandenburg, Sachsen-Anhalt, | |
| Sachsen oder Mecklenburg-Vorpommern anschaut, sieht dabei schnell, dass das | |
| größte Problem nicht gerade ihre progressive Position in der | |
| Flüchtlingsfrage sein dürfte. | |
| Ausgerechnet in ihren Stammländern – also dort, wo sie sich lange als | |
| „Volkspartei“ fühlen durfte – wirkt die Partei vielfach ausgebrannt und | |
| ideenlos. Im negativen Sinne ist sie inzwischen längst Teil des etablierten | |
| Politikbetriebs. Aufrührerischen Geist, Lust auf gesellschaftliche | |
| Veränderung sucht man vergebens. Da erscheint es fast zwangsläufig, wenn | |
| sich dort der Protest gegen als ungerecht empfundene Verhältnisse nicht | |
| mehr in einer Stimmabgabe für die Linkspartei artikuliert. | |
| Diskussionen darüber wären sinnvoller als unproduktive Machtkämpfe. Im | |
| Interesse von Bartsch und seinem Anhang wäre das allerdings nicht, sind sie | |
| doch maßgeblicher Teil des Problems. | |
| Es ist erstaunlich: Ein Vierteljahrhundert nach der deutschen Einheit | |
| werden immer noch fast alle Ost-Landesverbände – mit Ausnahme Thüringens – | |
| von früheren SED-Mitgliedern geführt. Auch Dietmar Bartsch steht für jene | |
| Garde einstiger realsozialistischer Nachwuchskader, die nach der Wende als | |
| vermeintliche „Reformer“ in der PDS ihre politische Karriere fortsetzten. | |
| Tatsächlich jedoch waren und sind sie vor allem virtuose Strippenzieher und | |
| Machtapparatschiks. Das mag zwar für Ministerämter im Osten oder gar eine | |
| Spitzenkandidatur bei der Bundestagswahl im Huckepackverfahren reichen. Für | |
| eine attraktive Linke reicht das jedoch nicht. | |
| 19 Oct 2017 | |
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| Pascal Beucker | |
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