Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne German Angst: Ja warum denn nicht?!
> Sexismus ist ein Geschäftsmodell: Egal wie groß der Schock über
> sexualisierte Gewalt, der Wunsch nach Bagatellisierung ist größer.
Bild: Und jetzt alle: Warum haben die Frauen sich nicht zur Wehr gesetzt?
Es ist wieder so weit. Sexismus erschüttert die Welt. Man könnte jetzt über
ein System geschlechtlich markierter Machtverhältnisse und Hierarchien
reden oder über Ungleichheiten. Aber wir landen immer hier: Warum
eigentlich haben die Frauen sich nicht zur Wehr gesetzt? Warum haben sie
jahrelang geschwiegen?
Es ist bequem, Übergriffe auszulagern und zu verniedlichen: als einst mal
akzeptiertes Verhalten, als Eskapade eines Einzelnen. Als Missverständnis.
Und überhaupt: Warum haben die Frauen sich nicht zur Wehr gesetzt? Warum
haben sie nicht den Mund aufgemacht?
Also sind sie zu guter Letzt auch irgendwie selbst schuld. – Immer dasselbe
vielstufige Bullshit-Eskalationssystem, das mit jedem systematischen
Missbrauchsfall durchlaufen wird. „Warum haben die Frauen nicht
gesprochen?!“ ist der Status quo der Post-Weinstein-Debatte.
Das sind die Worte, die so viele finden, nachdem der erste Schock vorüber
ist. Denn: Es geht um Gewalt, die auf Geschlechterverhältnissen basiert und
also bis in den eigenen geschlechtlich markierten Körper hineinreicht.
## Sexismus hat System
Mehr als jedeR Zweite hat sexuelle Übergriffe erlebt. Die Dunkelziffer, das
wissen wir, ist deutlich höher. Denn Sexismus, Übergriffe, Vergewaltigungen
sind Teil eines perfiden Netzes aus Abhängigkeiten, in dem Scham und Schuld
eine große Rolle spielen, denn sie erhalten die Machtstrukturen.
Sexismus hat System. Missbrauch auch. Er hat mit Macht zu tun. Und die
liegt, schaut man sich an, wer welche Jobs und ökonomische Macht hat, wer
über wessen Vorankommen entscheidet, vor allem bei Männern.
Sexismus und systematische Übergriffe am Arbeitsplatz sind eine
Machtdemonstration, getragen von Komplizenschaft. Das Old-Boys-Netz ist
engmaschig, weil es aus Zuschauerinnen und Mitwissern besteht. Dazu gehört
die Bagatellisierung von Übergriffen. Die ökonomische Abhängigkeit gibt
eine schöne Drohkulisse. Sexismus ist ein Geschäftsmodell.
Und er rührt an unser aller Selbstverständnis als Frauen, Männer und
Menschen. Darum ist der Schock so groß wie der Versuch der Beschönigung.
Denn: Wie hat man nicht davon wissen können? Wir haben davon gewusst. Viele
haben davon gesprochen, jeder hat schon einmal seine Erfahrungen
mitgeteilt.
## Die Antwort heißt Feminismus
Die Rede von ungleichen Geschlechterverhältnissen und sexualisierter Gewalt
heißt Feminismus. Aber der hat keinen guten Ruf. – Aber wie kann man die
Stimme erheben, wenn alle Bescheid wissen?
Es ist krank, dass wir immer wieder auf die (verpasste) Verantwortung derer
kommen, die sexuelle Übergriffen ausgesetzt sind. Deren Wort, denn es steht
gegen ein mächtigeres, weniger zählt. Heil raus kommt da keine.
Hätten die Frauen doch nur früher das Wort ergriffen – was für eine
Ignoranz gegenüber einer Realität und Geschichte der Geschlechterdifferenz
und -hierarchie, von jenen, die sexuelle Gewalt erfahren haben, zu
erwarten, diese zu stoppen. Dazu ist es schlicht unrealistisch.
„In terms of both ethics and effectiveness, it would be better if
bystanders spoke out“, [1][sagte Jackson Katz im Guardian]. „Harassment
should be challenged by men.“
17 Oct 2017
## LINKS
[1] https://www.theguardian.com/film/2017/oct/10/why-did-no-one-speak-out-about…
## AUTOREN
Sonja Vogel
## TAGS
Harvey Weinstein
Sexismus
Feminismus
Sexualisierte Gewalt
Schwerpunkt #metoo
German Angst
Schwerpunkt AfD
Schwerpunkt Rassismus
Lesestück Meinung und Analyse
Harvey Weinstein
Harvey Weinstein
Harvey Weinstein
Sexualisierte Gewalt
Schwerpunkt AfD
Schwerpunkt AfD
Holocaust
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kolumne German Nein: Warum man jetzt nichts mehr darf
Darf diese Kolumne noch German Angst heißen? Nein. Man darf ja keinen Witz
mehr machen, nicht mal am Aschermittwoch. Hier steht, was man noch darf.
Kolumne German Angst: Die Verkennung der radikalen Rechten
Erst die Buchmesse, jetzt das Arendt Center: Die falsche Deutung
Rechtsextremer als dumme Jungs schlägt um in eine seltsame Faszination.
Debatte Feminismus im Alter: Selbstgewiss und radikal
Wie geht Feminismus ab 60? Warum das Verbergen des Alters Frauen
domestiziert. Und warum sie anfällig sind für Ressentiments gegen
Migranten.
Debatte Sexismus in Hollywood: The show must not go on
Harvey Weinstein, Marlon Brando? Ihre Filme sehe ich mir nicht mehr an. So
habe ich in der Hand, welches Menschenbild ich unterstütze.
Debatte Sexualisierte Gewalt: Vertrauensbonus neu definieren
Die Aktion #MeToo sorgt dafür, dass gewisse Männer beleidigt sind. Das
wiederum macht die Diskussion unmöglich.
Debatte um sexualisierte Gewalt: Mitgefühl ist nicht begrenzt
Weinstein, #MeToo: Berichte von Frauen, die vergewaltigt oder belästigt
wurden, auf allen Kanälen. Aber was ist mit Erfahrungen von Männern?
Sexualisierte Gewalt im Sport: Tiefschlag gegen Boxerinnen
Ein Hamburger Boxverband hat seine Frauenbeauftragte rausgeworfen. Sie
hatte einer Boxerin zur Anzeige gegen ihren Trainer geraten.
Kolumne German Angst: Gegen die freiwillige Infantilisierung
Der Wahlkampf war: reaktionär, stereotyp, populistisch, verwirrend.
Politisch war er nicht. Zeit, wieder auf Konfrontation zu gehen.
Kolumne German Angst: Im Fahrwasser der großen Politik
Die Enthüllungen in Mecklenburg-Vorpommern zeigen erneut: Niemand weiß, wie
weit der rechte Sumpf in den Staat hineinreicht. Oder andersrum.
Kolumne „German Angst“: Der Eierlikör des kleinen Mannes
Sie wissen nicht mehr weiter? Versuchen Sie es mit einem Nazi- oder gleich
mit dem Holocaustvergleich. Der geht den Deutschen ans Herz.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.