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# taz.de -- Sexualisierte Gewalt im Sport: Tiefschlag gegen Boxerinnen
> Ein Hamburger Boxverband hat seine Frauenbeauftragte rausgeworfen. Sie
> hatte einer Boxerin zur Anzeige gegen ihren Trainer geraten.
Bild: Trotz Kampfsport: Auch beim Boxen werden Frauen Opfer sexualisierter Gewa…
Hamburg taz | Der Vorstand des Hamburger Amateur-Boxverbands (HABV) hat
offenbar seine Frauenbeauftragte Nele Rades-Walther ausgeschlossen und ihr
ein Hausverbot erteilt – offenbar weil sie sich für die Aufklärung eines
Verdachts auf sexualisierte Gewalt eingesetzt hatte. Eine Reihe weiterer
Verbandsmitglieder, die sich im Zuge des Konflikts gegen den Vorstand
stellten, sind ebenfalls rausgeschmissen worden.
Der HABV begründet das mit „verbandsschädigendem Verhalten“ – hinter den
Kulissen gibt es verbandsinterne Grabenkämpfe, die sich um die Aufklärung
potenzieller sexualisierter Übergriffe auf eine jungen Boxerin durch ihren
ehemaligen Trainer ranken.
Das staatsanwaltliche Verfahren gegen den damals Beschuldigten ist zwar
seit Anfang August vorläufig eingestellt, aber verschiedene
Vereinsmitglieder kritisieren dennoch, dass der Verband weiterhin nicht die
Kriterien des deutschen olympischen Sportbunds (DOSB) zur Bekämpfung von
sexualisierter Gewalt durchsetze. Hauptvorwurf ist dabei, dass der damals
beschuldigte Mann trotz staatsanwaltlicher Ermittlungen weiter als
Sportdirektor im Verband arbeiten konnte.
In einer Mail, die der taz vorliegt, macht die ehemalige Frauenbeauftragte
dem Boxverband schwere Vorwürfe: Weil sie der jungen Boxerin dabei geholfen
habe, Strafanzeige gegen den ehemaligen Trainer zu erstatten und
psychologische Hilfe zu bekommen, seien Ausschluss und Hausverbot erfolgt:
„Die Sportlerin hat ihren ehemaligen Trainer bezichtigt, sie sexuell
missbraucht zu haben“, schreibt Rades-Walther. Als Frauenbeauftragte sei es
selbstredend ihre Aufgabe gewesen, sich um „solche Mädchen“ zu kümmern –
erst recht in einem Sportverband, „der überwiegend mit Jugendlichen
arbeitet“.
Tatsächlich wurde der jetzige Sportdirektor und Landestrainer M. zunächst
im Dezember 2016 suspendiert, nachdem bekannt geworden war, dass die
Staatsanwaltschaft Schwerin „wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs
von Schutzbefohlenen“ gegen ihn ermittelte.
Dem neu gewählten Vorstand des Hamburger Boxverbandes war das allerdings
wurscht. Er hob die Suspendierung einfach wieder auf, trotz laufender
Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Pikant ist dabei, dass der Cousin des
damals Beschuldigten mittlerweile als Vizepräsident dem Vorstand angehört
und die Entscheidung mitverantwortet. Die Begründung für die
Wiedereinsetzung in einem der taz vorliegenden Vorstandsbeschluss vom 10.
Mai 2017: Dem neuen Vorstand liege keine „Tatsachengrundlage für eine
Aufrechterhaltung der Suspendierung vor.“
Der Cousin des damals Beschuldigten M. ist es auch, der auf taz-Anfrage als
Verbandsverantwortlicher die erhobenen Vorwürfe vehement bestreitet. Er
sagt, der Ausschluss von Rades-Walther habe nichts mit ihrer Funktion als
Frauenbeauftragte zu tun, sondern mit „anderen Tatsachen, die wir derzeit
nicht der Öffentlichkeit zukommen lassen wollen“. Näher ausführen als
„verbandsschädigendes Verhalten“ könne man die Vorwürfe allerdings nicht,
da man derzeit mit einem Anwalt gegen verschiedene Parteien eine
„Verleumdungsklage“ vorbereite.
Warum der Boxverband denn nicht die Satzung gemäß der DOSB-Vorgaben
aktualisiere und Kriterien zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt und
Prävention umsetze? „Wir sind seit Jahren dabei, die Satzung umzumodeln,
weil sie von anno dazumal ist“, sagt der Vizepräsident. Kürzlich habe man
deswegen einen Zehn-Punkte-Plan vorgelegt. Natürlich sei es nicht okay,
„mit Sportlern auf einem Zimmer zu schlafen“. Und zusammen duschen sei auch
nicht okay. Aber an den kolportierten Vorwürfen gegen den Trainer sei
trotzdem „nichts dran“.
Seit Anfang August sind die Ermittlungen nun tatsächlich vorläufig
eingestellt, weil sich die „zur Anzeige gebrachten Tatvorwürfe nicht mit
der für eine Anklageerhebung erforderlichen Sicherheit“ belegen ließen, wie
es bei der zuständigen Schweriner Staatsanwaltschaft heißt. Aber erledigt
ist der Fall damit noch nicht: Die Anzeigestellerin hat Beschwerde gegen
die vorläufige Einstellung eingereicht. Die Staatsanwaltschaft prüft
derzeit, ob die Beschwerdebegründung Anlass genug ist, die Ermittlungen
wieder aufzunehmen oder ob das Verfahren endgültig eingestellt wird.
Der übergeordnete deutsche Boxverband (DBV) hält sich vornehm zurück. Man
wolle sich zu diesem Zeitpunkt zu den Konflikten in Hamburg nicht weiter
äußern, weil das Verfahren im Hamburger Landesverband „noch nicht
abgeschlossen“ sei, teilt DBV-Präsident Jürgen Kyas auf Nachfrage mit.
18 Oct 2017
## AUTOREN
Gareth Joswig
## TAGS
Sexualisierte Gewalt
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