# taz.de -- Aufklärung zu G20-Akkreditierungen: Ups, Fehler, sorry, alles gel�… | |
> Nachdem Journalisten beim G20 ausgeschlossen wurden, haben Behörden alle | |
> Daten gelöscht. Das ist rechtswidrig und verhindert eine Aufklärung. | |
Bild: Dokumentierten vielfach Polizeigewalt beim G20: Journalisten | |
BERLIN taz | Journalist*innen werden bei der Arbeit behindert. Ihnen wird | |
die Akkreditierung entzogen. Wegen Daten, die die Polizeibehörden über sie | |
gespeichert hatten – und das in zumindest einigen Fällen fälschlicherweise. | |
Jetzt schnell die eigene Haut zu retten scheint in manchem Kriminalamt mehr | |
Priorität zu haben, als die Ursachen zu finden. | |
Während des G20-Gipfels und der Proteste dagegen in Hamburg war veranlasst | |
worden, 32 Journalist*innen nachträglich die Akkreditierungen zu entziehen | |
– wegen angeblicher Sicherheitsbedenken. | |
Das Bundeskriminalamt (BKA) gestand irgendwann ein, man habe unter anderem | |
einen Journalisten mit einem Reichsbürger selben Namens verwechselt, den | |
Freispruch eines Journalisten übersehen und festgestellt, dass ein anderer | |
Journalist „doch nicht Teilnehmer an der ‚Revolutionären 1. | |
Mai-Demonstration‘„ – und deswegen dort auch nicht festgenommen worden – | |
war. | |
Nun fragt man sich doch: Wie kann es sein, dass solche haltlosen Einträge | |
über Journalist*innen, die ihrer Arbeit nachgehen, in einer Datenbank der | |
Polizeibehörden landen? Mehr noch: Wie kann es sein, dass sie dort über | |
Jahre bleiben? Fragen, die sich anhand der aktuellen Fälle vielleicht | |
beantworten ließen. Dem steht aber zumindest der vorauseilende Gehorsam des | |
Berliner Landeskriminalamtes (LKA) entgegen. Denn das hat die Daten eines | |
der Betroffenen, des Berliner Fotografen Po-Ming Cheung, kurzerhand | |
gelöscht. | |
## Eigentlich ist es ja zu begrüßen | |
Auf sein Auskunftsersuchen hin teilte LKA Berlin Cheung mit, dass über ihn | |
unter anderem „besonders schwerer Landfriedensbruch“ in den Akten vermerkt | |
gewesen sei. [1][Man habe aber alle Daten nun gelöscht], „da ihre weitere | |
Speicherung für unsere Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist“. Das | |
ist sie also, die beamtendeutsche Variante von „Tut uns leid, wir haben | |
Mist gebaut“. | |
Eigentlich ist es ja zu begrüßen, dass fehlerhafte Daten erkannt und | |
entfernt werden. Aber das LKA hätte die Daten einfrieren müssen, statt sie | |
sofort zu löschen. So hätten sie Cheung nicht mehr belastet – aber sie | |
stünden den Landesdatenschutzbeauftragten, die die Fälle untersuchen, für | |
eine Rekonstruktion der Entstehungsgeschichte zur Verfügung. Das Löschen | |
war rechtswidrig, sagen Datenschutzexperten. | |
Das LKA Berlin hat auf Anfragen bisher nicht geantwortet. Dabei wüsste man | |
doch gerne, ob außer im Fall Cheung noch weitere Daten gelöscht wurden. | |
Und: Wie viele Menschen, die mal auf (oder in der Nähe von) einer | |
Demonstration waren, stehen noch als angebliche Straftäter in solchen | |
Datenbanken? | |
Was es in dieser Situation braucht, ist weder ein Fokussieren auf die | |
öffentlich gewordenen 32 Fälle allein noch eine eilige Löschung der | |
falschen Daten durch die Behörden – es braucht eine umfassende Untersuchung | |
der gesamten Datenbanken. Und zwar nicht hinter verschlossenen Türen. Und | |
vor allem muss sichergestellt werden, dass sich solche Vorfälle in Zukunft | |
nicht wiederholen. | |
Stattdessen ist zumindest die Hamburger Polizei momentan dabei, neue | |
Datenberge anzuhäufen. Nach den G20-Protesten laufen bei der | |
Sonderkommision „Schwarzer Block“ nun Vorbereitungen, um sage und schreibe | |
32.000 Bild- und Videodateien auf der Suche nach etwaigen Straftäter*innen | |
auszuwerten – inklusive Gesichtserkennung und Geodatenauswertung. Das sei | |
„Bildmaterial in einem Umfang, wie es ihn noch nie in der deutschen | |
Kriminalgeschichte gab“, hatte Kriminaldirektor Jan Hieber angekündigt. | |
Neben eventuellen Flaschenwerfer*innen finden sich auf diesen Bildern und | |
Videos auch: friedliche Demonstrant*innen, zufällig vorbeikommende | |
Passant*innen, Journalist*innen. | |
Dass die Behörden aus den vergangenen Fällen gelernt haben, mit solchen | |
Datenmengen verantwortungsvoll umzugehen, müssen sie erst noch unter Beweis | |
stellen. | |
4 Oct 2017 | |
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## AUTOREN | |
Dinah Riese | |
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