# taz.de -- Rot-Rot-Grün in Niedersachsen: Bauchschmerzen der SPD | |
> Rot-Rot-Grün will Stephan Weil (SPD) eigentlich nicht. Ausgeschlossen ist | |
> das Bündnis nach der Wahl trotzdem nicht. Die Linken wären wohl dabei. | |
Bild: Darauf hat Stephan Weil noch keinen rechten Appetit: Rot-Rot-Grün | |
HANNOVER taz | Gerade läuft alles nach Plan. Zumindest für | |
Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Nicht so sehr für die Linke. Die | |
liegt nach den aktuellen Umfragen zwischen 4,5 und fünf Prozent und damit | |
möglicherweise da, wo Weil sie haben will – unter der Fünf-Prozent-Hürde. | |
Der Regierungschef hatte im taz-Interview verkündet, dass er die Linken | |
genau wie die AfD aus dem Landtag halten wolle. Das klingt nicht nach dem | |
dringenden Wunsch nach einer rot-rot-grünen Koalition – trotzdem ist sie | |
nicht unwahrscheinlich. | |
Sollten die Linken in das frisch renovierte Leineschloss in Hannover | |
einziehen, könnte es ohne sie rechnerisch für eine SPD-geführte Regierung | |
eng werden. Derzeit liegen SPD und CDU in etwa gleichauf – bei der neusten | |
Umfrage des Marktforschungsinstituts Insa mit leichtem Vorsprung für die | |
Sozialdemokraten. Die liegen bei 33, die CDU bei 32 Prozent. | |
Weder für Rot-Grün noch für Schwarz-Gelb würde es reichen. Ein dritter | |
Koalitionspartner müsste her, denn eine Groko zieht nur Herausforderer | |
Althusmann in Betracht – natürlich unter seiner Führung. | |
Weil selbst verweist bei der Frage nach einer großen Koalition auf das | |
„belastete Verhältnis“ zwischen SPD und CDU. Und auch die Grünen fremdeln | |
mit den Christdemokraten. Während der jüngst gekürte Schattenumweltminister | |
Frank Oesterhelweg (CDU) Wölfe abknallen möchte, ist den Grünen, deren | |
Fraktionsräume lebensgroße Papp-Wölfe schmücken, eher nach Naturschutz. | |
Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) richtete sich in einer | |
Parteitagsrede direkt an die „schwarz-gelben Hetzer“ und wird im Gegenzug | |
seit Jahren als „Bauernschreck“ verschrien. Da erscheint es | |
unwahrscheinlich, dass die Parteien demnächst in einer Jamaika-Koalition | |
nebeneinander auf der Regierungsbank sitzen. | |
Ministerpräsident Weil versucht im Wahlkampf schon einmal Brücken zur FDP | |
zu bauen und betont, wann immer er gefragt wird, dass die FDP für ihn zwar | |
die inhaltlich schwierigere Opposition gewesen sei, aber menschlich | |
angenehmer als die CDU. Die Liberalen sehen diese Option allerdings nicht: | |
„Wir treten in Niedersachsen für einen Politikwechsel an, den wir in einer | |
Ampel nicht erreichen können und insofern ist das für uns ausgeschlossen“, | |
sagt Landeschef Stefan Birkner. Es bleibt abzuwarten, ob er sich an diesen | |
Satz erinnert, wenn die Macht lockt. | |
Falls ja, bliebe für Weil, sollte seine SPD denn stärkste Kraft werden, nur | |
noch eine rot-rot-grüne Koalition. Aber so ganz geheuer ist den | |
Sozialdemokraten eine Zusammenarbeit mit den Linken noch nicht. Weil betont | |
mantraartig den Satz: „Ich leide nicht unter Ausschließeritis.“ Gespräche | |
sind also möglich, aber sogar Befürworter in der Fraktion haben Zweifel. | |
Der Landesverband der Linken sei „schwierig“ und „stark links außen“, … | |
der Noch-Landtagsabgeordnete Michael Höntsch (SPD), der früher selbst bei | |
den Linken war und nun nicht mehr zur Wahl antritt. Jeder in der Fraktion | |
wolle die Koalition mit den Grünen fortsetzen – allein. „Falls es nur die | |
Optionen rot-schwarz oder rot-rot-grün gibt, hoffe ich aber, dass man über | |
seinen Schatten springt.“ | |
Lieber Linke als CDU heißt das. Letztlich müsse man es von den Personen | |
abhängig machen, „ob eine Koalition fünf Jahre lang verlässlich hält“. | |
Verlässlicher als das letzte Mal. | |
Eine dieser Personen ist Anja Stoeck. Die Spitzenkandidatin der Linken will | |
zum ersten Mal in den Landtag einziehen. Sie selbst käme aus dem | |
gewerkschaftspolitischen Teil der Partei, sagt sie. Als schwierig empfindet | |
sie ihren Landesverband nicht – oder zumindest nicht mehr. „Es gab da eine | |
Zeit“, sagt sie. Nachdem die Partei bei der Wahl 2013 aus dem Landtag flog, | |
habe man sich neu sortieren müssen. | |
„Ich möchte dieses Land verändern und das geht nur, wenn wir mit den | |
anderen Parteien reden“, sagt die 51-Jährige. Ihre Partei sei, sollte sie | |
in den Landtag einziehen, „natürlich zu Gesprächen mit SPD und Grünen | |
bereit“, so Stoeck. Nur anbiedern wolle sie sich nicht.Denn die harten | |
Aussagen Weils gegen ihre Partei prallen nicht einfach an der Landeschefin | |
der Linken ab. „Da soll er mal rechnen, ob es ihm hilft, uns rauszuhalten“, | |
sagt Stoeck. „Wenn er sozialdemokratische Politik machen will, hat er ohne | |
uns keine Chance.“ | |
In einer möglichen Koalition will sie den sozialen Wohnungsbau stärker | |
fördern, die Rekommunalisierung von Krankenhäusern durchsetzen und das | |
Pflegepersonal besser bezahlen. „Dass sich Krankenhäuser rechnen müssen, | |
ist ein völlig falsches Herangehen“, sagt sie. Eine Bedingung wäre für | |
Stoeck auch mehr Tempo bei der Inklusion. Die Linke liegt mit vielen | |
Positionen nah an Rot-Grün. „Mit uns kann man reden“, betont Stoeck. | |
Die CDU wird hingegen nicht müde, vor einem rot-rot-grünen Bündnis zu | |
warnen: „Eine Partei, die unsere Gymnasien infrage stellt, den | |
Verfassungsschutz abschaffen will, Abschiebungen aussetzen und den Bau | |
wichtiger neuer Autobahnen verhindern will, darf in Niedersachsen nicht in | |
Regierungsverantwortung kommen“, sagt CDU-Generalsekretär Ulf Thiele. Weil | |
müsse sich deshalb von einer solchen Zusammenarbeit distanzieren. | |
11 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Andrea Scharpen | |
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