| # taz.de -- Hochwasserschutz in Miami Beach: Eine Stadt erhebt sich | |
| > Um sich vor Überflutungen durch Wirbelstürme wie Hurrikan Irma zu | |
| > schützen, hebt die Stadtverwaltung von Miami Beach das Straßenniveau an. | |
| Bild: Die Stufe zwischen arm und reich ist in Miami Beach in Zentimetern messbar | |
| Miami Beach taz | Am Sonntag trifft [1][der Hurrikan „Irma“ auf Florida], | |
| mit ihm werden massive Sturmfluten erwartet. Dabei waren dort bis vor | |
| Kurzem noch die Rückstände der letzten Flut an den Fassaden erkennbar. Etwa | |
| am Kajakverleih von Dennis, einem Surflehrer, der seinen vollen Namen nicht | |
| in der Zeitung lesen will. „Bis hier stand das Wasser“ sagt er und zeigt | |
| auf die dunklen Verfärbungen am Gemäuer. Bis zu 30 Zentimeter hoch stand | |
| das Wasser fast wöchentlich in Sunset Harbour im Süden von Miami Beach. | |
| Statt in der Bucht konnte Dennis mit dem Kanu regelmäßig durch die Straßen | |
| paddeln. | |
| Die Tourismusmetropole Miami Beach vor den Toren der Millionenstadt Miami | |
| droht künftig im Meer zu versinken. Sie liegt durchschnittlich nur 1,3 | |
| Meter über dem Meeresspiegel – und der steigt wegen des Klimawandels stetig | |
| an. Seit 1900 um fast 30 Zentimeter. Die Folge sind regelmäßige | |
| Überschwemmungen. | |
| Aktuell wird Hurricane Irma die Stadt überspülen. Laut einer konservativen | |
| Schätzung der US-Wetterbehörde, der National Oceanic and Atmospheric | |
| Administration, wird der Meeresspiegel aber unabhängig von | |
| Naturkatastrophen bis zum Jahr 2060 um bis zu 90 Zentimeter steigen. Große | |
| Teile der Insel könnten damit unbewohnbar werden. | |
| Margarita Wells soll mithelfen, dieses Katastrophenszenario zu verhindern. | |
| Die Umweltressourcen-Managerin arbeitet für das städtische Projekt Rising | |
| Above mit dem die Stadtverwaltung den ständigen Überflutungen Herr werden | |
| will. „Wenn wir wir jetzt nichts unternehmen, werden wir bald nicht mehr | |
| hier leben können“, sagt Wells. | |
| ## Rezept gegen nasse Füße | |
| Die Lösung der Stadtverwaltung klingt simpel: Wenn der Meeresspiegel | |
| steigt, muss auch die Stadt steigen – ähnlich wie sich der Bewohner eines | |
| überfluteten Hauses auf Tisch und Stühle rettet, damit die Füße nicht nass | |
| werden. | |
| Eben dieses Prinzip hat Rising Above in Sunset Harbour angewendet. In den | |
| tiefgelegenen Stadtteilen ließ die Stadtverwaltung 2014 den Straßenbelag | |
| abtragen – und erhöhte das Straßenniveau. Statt 60 Zentimeter unter dem | |
| Meeresspiegel liegt Sunset Harbour nun etwa einen Meter darüber. So bleibt | |
| die Straße auch nach starken Regenfällen passierbar. | |
| Dennis’ Kajakverleih liegt nun nicht mehr leicht über, sondern weit unter | |
| dem Straßenniveau und kann – genau wie die Restaurants und Geschäfte in der | |
| Nachbarschaft – nur über Rampen erreicht werden. Aus der Ferne betrachtet | |
| wirken die Gebäude als würden sie im Boden versinken. | |
| Genau daraus ergeben sich neue Probleme: „In dem Moment in dem man das | |
| Straßenniveau anhebt, sammelt sich das Wasser in den tiefergelegenen | |
| Arealen“ sagt Wells. Um das zu verhindern installierte Rising Above ein | |
| Drainage-System mit breiten Abflussrohren unter der Fahrbahn. So kann das | |
| Wasser abfließen. | |
| Drei Pumpen leiten das Wasser in die Bucht von Miami ab – insgesamt | |
| verteilen sich 30 Abpumpsysteme über die Stadt. Im vergangenen Jahr wurde | |
| das Projekt fertiggestellt. „Seitdem haben wir kaum noch Überflutungen“, | |
| sagt Wells. | |
| ## Modellprojekt für wohlhabende Stadtviertel | |
| Im Frühjahr kam es dennoch zur Überflutung, sagt Dennis. Die Abpumpanlage | |
| fiel nach einem starken Regenfall wegen eines Stromausfalls aus, wie früher | |
| kam es zu Überschwemmungen. Kinderkrankheiten des neuen Systems. „Jetzt | |
| haben wir einen Generator“ sagt Margarita Wells. So sollen weitere Ausfälle | |
| verhindert werden. Rising Above muss gelegentlich improvisieren. In ferner | |
| Zukunft sollen die Pumpen mit Solarenergie betrieben werden. | |
| 86 Millionen Dollar haben die Baumaßnahmen bisher gekostet. Sunset Harbour | |
| ist ein Modellprojekt. Insgesamt will Rising Above 500 Millionen Dollar in | |
| den Hochwasserschutz investieren. Doch die Projektreichweite ist begrenzt. | |
| Von den 65 Kilometern Künstenlinie in Miami Beach befinden sich nur drei | |
| Kilometer auf öffentlichen Grund – der Rest gehört Privatpersonen. „Mit | |
| unserem Projekt möchten wir den Anliegern zeigen, welche Möglichkeiten im | |
| Hochwasserschutz es gibt“, sagt Wells. | |
| Die Anwohner im reichen Miami Beach können sich eigene Investitionen in den | |
| Hochwasserschutz leisten. Und auch Rising Above kommt hauptsächlich | |
| Wohlhabenden zugute. In Sunset Harbour kostet eine Vier-Zimmer-Wohnung fast | |
| zwei Millionen Dollar. | |
| Von den Überflutungen ist jedoch auch Festland-Miami betroffen – und in | |
| vielen ärmeren Stadtteilen ist der Hochwasserschutz unzureichend. Einen | |
| Masterplan zur Flutstabilisierung der gesamten Region Südflorida mit seinen | |
| 6,7 Millionen Einwohnern gibt es nicht. | |
| In der Marina von Sunset Harbour rudert eine Gruppe Kajakfahrer in die | |
| Bucht hinaus. Margarita Wells steht in der heißen Mittagssonne auf dem Pier | |
| und deutet auf die graue Kaimauer. Die erhöhte Mauer dient dem | |
| Hochwasserschutz und ist ein weiteres Element der Rising Above-Strategie. | |
| Unterhalb der Kaimauer befindet sich ein breites Abflussrohr, aus dem das | |
| abgepumpte und gereinigte Wasser des Drainage-Systems in die Bucht geleitet | |
| wird. | |
| ## Kein Raum für Klimaskeptiker | |
| Vor der Barriere schütten Arbeiter Steine auf. „Sie bieten Platz für | |
| Wasserpflanzen“, erklärt Wells. Im nächsten Schritt ist die Ansiedlung von | |
| Mangroven geplant, damit die Befestigung sich organischer in die Umgebung | |
| einfügt. | |
| In Miami Beach bestimmt das Thema hingegen die Stadtpolitik. Der Demokrat | |
| Philip Levine gewann mit einem ausgeprägten Öko-Programm zwei Mal in Folge | |
| die Bürgermeister-Wahl. | |
| Die in den USA weit verbreitete Skepsis gegenüber der von Menschen | |
| verursachten globalen Erwärmung existiert in Miami kaum. Zu offensichtlich | |
| sind seine Folgen. Dennis sagt: „Die Öffentlichkeit muss über den | |
| Klimawandel aufgeklärt werden. Sonst werden wir bald alle ein ernsthaftes | |
| Problem bekommen.“ Nicht nur in Miami Beach. | |
| 10 Sep 2017 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Hurrikan-in-den-USA/!5446252/ | |
| ## AUTOREN | |
| Jörg Wimalasena | |
| ## TAGS | |
| Florida | |
| Miami | |
| Hochwasser | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| Soziale Gerechtigkeit | |
| Hochwasserschutz | |
| Sturm | |
| Puerto Rico | |
| Hurrikan | |
| Hurrikan | |
| USA | |
| Sturmflut | |
| Schwerpunkt Rassismus | |
| Sturmflut | |
| Hurrikan | |
| Mexiko | |
| Hurrikan | |
| Hurrikan | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Trotz Abschwächung von „Florence“: Hurrikan bedroht weiter US-Ostküste | |
| Der Hurrikan „Florence“ wurde weiter heruntergestuft. Dennoch sei nach wie | |
| vor von einer „lebensbedrohlichen Situation“ auszugehen. | |
| Sturmopfer und Hilfe in den USA: Die Ungleichheit vor dem Sturm | |
| Texas und Florida erhielten bei den Hurrikans umgehend Unterstützung und | |
| Zuspruch. Das Außengebiet Puerto Rico nicht. | |
| Katastrophale „Ophelia“: Ex-Hurrikan verwüstet Europa | |
| Der ungewöhnliche Sturm sorgt für jede Menge Chaos auf den Britischen | |
| Inseln und begünstigt Waldbrände in Portugal. | |
| Schwerer Wirbelsturm in der Karibik: „Maria“ tobt | |
| Hurrikan „Maria“ erreicht am späten Montagabend die Karibik-Insel Dominica. | |
| Dabei kämpft die Region noch mit den verheerenden Folgen von Wirbelsturm | |
| „Irma“. | |
| Wirbelsturm „Irma“ in Florida: Festnahmegrund Hurrikan | |
| Florida ergreift drastische Maßnahmen: Flutretter führen Obdachlose in | |
| Handschellen ab, Papierlose fürchten sich vor dem Sturm und vor | |
| Abschiebung. | |
| Hurrikan „Irma“ in den USA: Auf Kategorie eins heruntergestuft | |
| In Teilen Floridas löste der Sturm bereits Überflutungen aus. Mit extrem | |
| starken Windböen und Regenfällen zieht er nach Norden. Millionen Haushalte | |
| sind ohne Strom. | |
| Kommentar Umweltrassismus in den USA: Hurrikane gegen die Armen | |
| Während die Reichen sich gegen Überflutungen schützen können, sind arme | |
| Schwarze in den USA viel stärker von Naturkatastrophen betroffen. | |
| Hurrikan in den USA: „Irma“ erreicht Südspitze Floridas | |
| Die Behörden haben 6,3 Millionen Einwohner Floridas aufgerufen, sich in | |
| Sicherheit zu bringen. Es werden Sturmfluten von 4,5 Metern Höhe erwartet. | |
| Starker Wirbelsturm über der Karibik: Florida zittert vor Hurrikan „Irma“ | |
| 5,6 Millionen Menschen sind in Florida auf der Flucht vor Wirbelsturm | |
| „Irma“. Meteorologen warnen vor 3-Meter-Wellen. In der Karibik droht ein | |
| neuer Hurrikan. | |
| Naturkatastrophen in Amerika: Eine Spur der Verwüstung | |
| Seit 1985 hat die Erde in Mexiko nicht mehr derart stark gebebt. Nun könnte | |
| ein Tsunami drohen. Vor den USA indes nimmt Hurrikan „Irma“ Kurs auf | |
| Florida. | |
| Wirbelstürme und Klimawandel: Nicht mehr, aber heftigere Hurrikane | |
| Wegen des Klimawandels werden die Wirbelstürme in Zukunft immer stärker – | |
| aber dafür eventuell seltener. So paradox, wie es klingt, ist das nicht. | |
| Hurrikan in der Karibik und den USA: Irma bedroht 37 Millionen Menschen | |
| Der stärkste je über dem Atlantik verzeichnete Hurrikan hat in der Karibik | |
| schwere Schäden angerichtet. Jetzt zieht er weiter in Richtung Florida. |