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# taz.de -- AfD will ins Parlament: Rechte auf dem Sprung
> Kommt die AfD bei der Wahl auf rund 10 Prozent der Stimmen, dürfen drei
> Berliner AfDler in den Bundestag. Auch ein ehemaliger Grünen-Anhänger ist
> darunter.
Bild: Nicht nur Beatrix von Storch will in den Bundestag
Die AfD steht vor dem Einzug in den Bundestag: Wenn sich das Wahlergebnis
der Partei gegenüber den momentanen Umfragen nicht stark verschlechtert,
dürfte dieser Weg für zwei, vielleicht sogar drei der Berliner
AfD-KandidatInnen Wirklichkeit werden. Sie würden dann der ersten
AfD-Fraktion im Bundestag angehören, die insgesamt um die 60 Sitze
innehaben dürfte.
Die erste Kandidatin gilt dabei schon lange als gesetzt. Auch wenn Beatrix
von Storch im März auf dem Parteitag in der brandenburgischen
Mehrzweckhalle in Paaren/Gliem mit gut 67 Prozent ein schlechteres Ergebnis
als erwartet einfuhr: Von Storch will vom EU-Parlament in den Bundestag
wechseln, und gerade sieht alles danach aus, als würde ihr das auch
gelingen.
## Applaus für rechte Hetze
Gemeinsam mit Georg Pazderski leitet von Storch den Berliner Landesverband,
in Mitte ist sie Direktkandidatin. Herzensthemen der ultrakonservativen
Politikerin sind die Bewahrung traditioneller Geschlechterrollen, ein
Verbot von Abtreibungen sowie die Belange des deutschen Adels. Für diese
Themen setzt sie sich gemeinsam mit ihrem Mann und weiteren
Familienmitgliedern auch mit ihrem Lobbyverein Zivile Koalition ein, der
als wichtiges Fundament insbesondere des christlich-fundamentalistischen
Flügels in der AfD gilt.
Von Storch stellt auch eine wichtige Verbindung zwischen der AfD und den
Abtreibungsgegnern vom sogenannten Marsch für das Leben dar, der am
vergangenen Samstag erneut durch Berlin zog.
Nummer zwei auf der Liste ist überregional weit weniger bekannt, erntete
auf dem Nominierungsparteitag jedoch nicht nur Standing Ovations für seine
Rede, sondern auch ein herausragendes Ergebnis für den zweiten Listenplatz.
Gottfried Curio ist Physiker, zog im letzten September ins Abgeordnetenhaus
ein und will nun ebenfalls das Parlament wechseln. Curio redet besonders
gerne über die Kernthemen der rechten AfD: Flüchtlinge und Islam. Er ist
rhetorisch geschult und verhaspelt sich so gut wie nie, sorgte im
Abgeordnetenhaus aber dennoch schon für Gespött, als er zu Beginn des
Jahres in einem Antrag forderte, auf der in den „heute“-Nachrichten des ZDF
gezeigten Europakarte müssten die Grenzen Deutschlands zu erkennen sein.
Dennoch versucht Curio, den Anschein des seriösen Wissenschaftlers zu
wahren. Dabei kann er rassistisch hetzen, dass er selbst innerhalb der AfD
Aufsehen erregt – und oft genug, wie auf dem Parteitag in Paaren/Gliem,
bekommt er dafür Anerkennung. Von einem „Geburten-Dschihad“ sprach er dort
in bester völkischer Manier, und forderte „die Wiederherstellung des
Staatsbürgerrechts nach Abstammung“. Bundeskanzlerin Angela Merkel nannte
er eine „Schlepperkönigin“.
Während von Storch und Curio klar dem nationalkonservativen Flügel der
Partei angehören, weist Götz Frömming, der dritte Kandidat auf der Liste,
eine solche Zuordnung von sich. Unter dem ehemaligen, eher
wirtschaftsliberalen Landesvorstand war Frömming Parteisprecher, als dieser
im Januar 2016 von Storch & Co. weggeputscht wurde, trat Frömming von allen
Ämtern zurück. Kurz sah es so aus, als würde er der Partei ganz den Rücken
kehren – mit dem immer deutlicheren Rechtsruck, den „ungehobelten
Gestalten“, die in der Partei nach oben drängten, könne er nichts anfangen,
erzählte er damals.
Frömming erzählt gerne davon, dass er früher Grünen-Wähler gewesen sei,
dass er an dem Weddinger Gymnasium, an dem er unterrichtet, auch von den
muslimischen Kindern gern gemocht werde und dass er früher gegen Atomkraft
protestiert habe. Er selbst sieht in seiner Biografie keine Brüche, sondern
eine Kontinuität: Er präsentiert sich als widerständigen Geist, damals
gegen Atomenergie, heute gegen den angeblichen schwarz-rot-grünen
Mainstream.
Bei seinem Rücktritt sagte Frömming auch, in seinem Freundeskreis könne er
manche Äußerungen von Björn Höcke oder Beatrix von Storch nicht mehr
verteidigen. Anderthalb Jahre später scheint ihm das nicht mehr so wichtig:
Den wirtschaftliberalen Flügel, dem er einst angehörte, gibt es in der AfD
praktisch nicht mehr, in den Bundestag will er trotzdem mit aller Macht.
Für die drei Wochen bis zur Wahl hat er sich beurlauben lassen, um
Wahlkampf zu machen, sollte er den Sitz erringen, wird er nicht an seine
Schule zurückkehren.
Eine christlich-fundamentalistische Netzwerkerin, ein seriös auftretender
Flüchtlingshasser und ein Ex-Grüner in lässigen Sakkos: Das ist das Team,
das die Berliner AfD in den Bundestag schicken will, und so wie es
aussieht, könnte ihr das auch gelingen.
18 Sep 2017
## AUTOREN
Malene Gürgen
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