# taz.de -- Hürden am Wahltag in Berlin: „Alle erreichen ihr Wahllokal“ | |
> Viele Straßen sind durch den Marathon blockiert, die Briefwahl ist | |
> kompliziert, der Tegel-Stimmzettel sorgt für Irritationen: Was tun, Frau | |
> Wahlleiterin? | |
Bild: Und wie soll man da jetzt durchkommen zum Wahllokal? Typische Marathon-Sz… | |
taz: Frau Michaelis, stellen Sie sich vor, es ist Wahl, und keiner kommt | |
hin. | |
Petra Michaelis: Es werden alle Wahlberechtigten ihr Wahllokal erreichen, | |
da habe ich gar keine Zweifel. | |
Parallel zur Bundestagswahl am 24. September findet der Marathon statt. | |
Werden da nicht viele Wege zu den Wahllokalen blockiert sein? | |
Die Marathonstrecke führt quer durch die Stadt, insbesondere durch Mitte, | |
Friedrichshain-Kreuzberg, Tempelhof-Schöneberg und | |
Charlottenburg-Wilmersdorf. Wir gehen davon aus, dass zirka 42.000 | |
Wahlberechtigte die Marathonstrecke überqueren müssen, um ihr Wahllokal zu | |
erreichen. Darüber haben sich alle Beteiligten – die Landeswahlleitung, die | |
Bezirkswahlämter, der Veranstalter des Marathons und die Polizei – | |
natürlich Gedanken gemacht. Wir haben mit der Wahlbenachrichtigung ein | |
Informationsblatt an die Betroffenen geschickt. Da ist aufgeführt, wann | |
eine Überquerung der Marathonstrecke nur mit größeren Wartezeiten möglich | |
ist. | |
Der Marathon startet um 9.15 Uhr. Vor allem am Vormittag wird man in der | |
Innenstadt zeitweise gar nicht die Straßenseite wechseln können. | |
Ja, für die Wahllokale, die direkt an der Strecke liegen, wird es zu | |
Einschränkungen kommen. Wenn der große Pulk vorbei läuft, ist eine | |
Überquerung tatsächlich nicht möglich. Das kann bis zu zwei Stunden dauern. | |
Wir haben aber verabredet, dass der Veranstalter Querungen einrichtet. Es | |
gibt die sogenannte Londoner Querung, die man in Großbritannien | |
praktiziert. Da werden Passanten als Gruppen versammelt und die Läuferinnen | |
und Läufer dann so umgelenkt, dass die Passanten über die Straße gelangen. | |
Das funktioniert aber nur bei breiten Straßen. | |
Deshalb sollen an vielen Stellen in der Stadt Ordner bereitstehen, die die | |
Menschen auch einzeln über die Straße begleiten. Aber auch das geht nur, | |
wenn das Feld der Läufer nicht mehr ganz dicht ist. Für die | |
Wahlberechtigten heißt das: Man sollte nicht gerade dann zum Wahllokal | |
gehen, wenn die meisten Läufer vorbeikommen. Die Wahllokale haben von 8 bis | |
18 Uhr geöffnet, da kann man sich sicherlich drauf einstellen. | |
Haben Sie nicht Sorge, dass die Wahl juristisch angefochten wird, wenn | |
Wahllokale nur eingeschränkt erreichbar sind? | |
Wir haben das im Vorfeld überlegt. Wichtig ist, dass es jedem | |
Wahlberechtigten möglich sein wird, seine Stimmen am Wahltag abzugeben. | |
Vielleicht nicht um 11 Uhr, wie der ein oder andere es gewohnt ist, sondern | |
dann erst um 13 Uhr. | |
Auch das könnte ein Grund für eine Klage sein. | |
Ich denke, das sind Behinderungen, die man in Kauf nehmen kann. Ich | |
appelliere an die Bürgerinnen und Bürger, sich auf die Situation | |
einzustellen. Ich bin zuversichtlich, dass sowohl die Bundestagswahl, der | |
Volksentscheid als auch der Marathon gut ablaufen. | |
Der Marathon bindet viele Leute – als Läufer, Ordner oder Unterstützer. War | |
es für Sie ein Problem, genug freiwillige WahlhelferInnen zu finden? | |
Das war Anfang des Jahres meine Sorge. Aber das hat sich zum Glück nicht | |
bestätigt. Wir haben mehr als 21.000 ehrenamtliche Wahlhelfer rekrutiert – | |
wir brauchen auch besonders viele Freiwillige für die Auszählung der | |
Briefwahlstimmen. | |
Da gibt es einen neuen Rekord. Über 560.000 BerlinerInnen haben schon jetzt | |
Briefwahl beantragt, mehr als bei den vorherigen Bundestagswahlen. Liegt | |
das auch am Marathon? | |
Das kann natürlich sein. Für alle jene, die sich durch den Marathon | |
behindert sehen, ist die Briefwahl eine Option. Man kann Briefwahl auch | |
jetzt noch beantragen oder auch gleich Briefwahl vor Ort machen. | |
Bei der Briefwahl gab es Unklarheiten: Manche Wähler wussten nicht, welcher | |
Zettel in welchen Umschlag gehört. | |
Dann erkläre ich das gerne noch mal. Wer Briefwahl beantragt, bekommt zwei | |
Stimmzettel: einen für die Bundestagswahl und einen für den Volksentscheid | |
Tegel. Beide Stimmzettel müssen in den blauen Stimmzettelumschlag gesteckt | |
werden, ansonsten sind sie ungültig. Der blaue Stimmzettelumschlag muss | |
zusammen mit dem unterschriebenen Wahlschein in den roten | |
Wahlbriefumschlag. Das steht auch alles auf dem beiliegenden Merkblatt. | |
Aber das lesen offenbar nicht alle. | |
Es gab auch deutliche Kritik am Stimmzettel für den Volksentscheid Tegel. | |
Direkt über dem Feld, wo man „Ja“ ankreuzen kann, ist ein dicker schwarzer | |
Pfeil. Das könnte man als Aufforderung lesen, für die Offenhaltung zu | |
stimmen. | |
Den Stimmzettel haben wir so gestaltet, damit Blinde und sehbehinderte | |
Menschen auch ohne fremde Hilfe abstimmen können. Für sie gibt es eine | |
Stimmzettelschablone, deshalb war eine bestimmte Einteilung auf dem | |
Stimmzettel für uns vorgegeben. | |
15 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Antje Lang-Lendorff | |
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