# taz.de -- Grenzschutz: Dänemark schickt die Armee | |
> Das dänische Militär soll ab Ende September die Polizei beim Grenzschutz | |
> entlasten. Kurz danach will die EU innereuropäische Kontrollen | |
> abschaffen. | |
Bild: Die ersten sind schon im Einsatz: Ein Beamter der dänischen Heimwehr (Hj… | |
Hamburg taz | Die dänische Mitte-rechts-Regierung will Soldaten an die | |
schleswig-holsteinische Grenze entsenden. Wie die dänische Zeitung | |
Politiken am Freitag berichtete, sollen die 160 Mann Polizeikräfte | |
freisetzen, die zur Bekämpfung von Bandenkriminalität und zum Schutz | |
jüdischer Einrichtungen in Kopenhagen gebraucht werden. | |
Die Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange (SPD) kritisierte den | |
Beschluss in der dänischsprachigen Zeitung Flensborg Avis als großen | |
Fehler. „Ich bin sprachlos“, sagte sie. „Bewaffnete Soldaten an der Grenze | |
sind kein Bild, das wir uns wünschen.“ Stattdessen solle die dänische | |
Regierung prüfen, ob die Grenzkontrollen angesichts der stark gesunkenen | |
Flüchtlingszahlen noch nötig seien. Dänemark hatte die Kontrollen im Januar | |
2016 eingeführt. | |
## „Falsches Signal“ | |
Die Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion für die deutsch-dänische | |
Zusammenarbeit, Birte Pauls, findet, das sei ein ganz falsches Signal. | |
Schließlich habe die EU-Kommission am vergangenen Mittwoch beschlossen, | |
dass die Fristen für die Verlängerungen der Grenzkontrollen im sogenannten | |
Schengenraum der EU zum 12. November enden sollen. „Die Grundlagen dafür, | |
die wir vor anderthalb Jahren mit der Flüchtlingssituation hatten, gibt es | |
schlichtweg nicht mehr“, sagt Pauls. Die aktuelle Situation sollte eher zum | |
Abbau und nicht noch zur Verstärkung der Grenzkontrollen genutzt werden. | |
Die EU habe Dänemark bereits dazu aufgefordert die Grenzkontrollen zu | |
beenden. „Wir sind ernsthaft besorgt darüber, dass sich Dänemarks | |
Mitte-rechts-Regierung offensichtlich über geltendes EU-Recht hinwegsetzen | |
will“, sagt Pauls. Die dänische Integrationsministerin Inger Støjberg habe | |
dies ja bereits angekündigt. | |
Damit ist Støjberg von der rechtsliberalen Venstre-Partei in bester | |
Gesellschaft mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die der Rheinischen | |
PostAnfang September sagte: „Wir können auf absehbare Zeit auf | |
Grenzkontrollen nicht verzichten.“ Die Kommission haben ihrem Eindruck nach | |
ein offenes Ohr für ihre Argumente. | |
Ihr Parteikollege Daniel Günther, der schleswig-holsteinische | |
Ministerpräsident, will „das Vorgehen der dänischen Regierung nicht | |
öffentlich kommentieren“. In der Frage der Grenzkontrollen teile der | |
Ministerpräsident die Auffassung von Bundeskanzlerin, heißt es vonseiten | |
der Landesregierung. | |
Wegen der hohen Flüchtlingszahlen hatte Deutschland im September 2015 als | |
erstes Schengenland Kontrollen an der Grenze Bayerns zu Österreich | |
eingeführt. Es folgten Österreich, Dänemark, Schweden und Norwegen. | |
Österreich kontrolliert bisher nur seine Grenze zu Ungarn, bereitet sich | |
aber schon länger auch auf eine Abriegelung des Brenner-Passes an der | |
Grenze zu Italien vor. Dabei werden auch Soldaten eingesetzt. | |
Dänemark hat im Sommer vergangenen Jahres bereits seine Heimwehr an die | |
schleswig-holsteinische Grenze entsandt. Sie ist eine Teilstreitkraft der | |
dänischen Armee, die vor allem aus Freiwilligen besteht. Ihr Einsatz war | |
vom dänischen Parlament im Juni 2016 beschlossen worden. Dabei war die Zahl | |
der in Dänemark Asylsuchenden im Monat davor so niedrig wie seit Mai 2012 | |
nicht mehr. | |
## Zwei Wochen Vorbereitung | |
Mit dem aktuellen Beschluss schickt die dänische Regierung 20 weitere | |
Heimwehr- und erstmals 140 reguläre Soldaten an die Grenze. Im Gegensatz zu | |
den Angehörigen der Polizei und der Heimwehr dürfen die aktiven Soldaten | |
keine Einreisekontrollen durchführen. Sie sind für Wach- und | |
Transportdienste vorgesehen und werden in einem zweiwöchigen Kurs auf ihre | |
Aufgaben vorbereitet. Die Soldaten sollen ausschließlich zusammen mit | |
PolizistInnen Dienst tun. | |
Die Präsenz der Soldaten an der Grenze bedeute, „dass die PolizistInnen | |
wieder in ihre Dienststellen zurückkehren und die Sicherheit vor Ort | |
gewährleisten können“, zitiert Politiken den Justizminister Søren Pape | |
Poulsen von der Konservativen Volkspartei. 128 PolizistInnen würden frei, | |
um im Inland Dienst zu tun. Wie lange die Streitkräfte an der Grenze | |
aushelfen sollen, ist unklar. Soldaten außerhalb der Landesverteidigung | |
einzusetzen, sorgt auch in Dänemark für Diskussionsstoff. | |
13 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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