# taz.de -- Deutsch-dänische Grenzregion: „Ich bin sehr besorgt“ | |
> Die Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange über die politischen | |
> Entwicklungen und populistische Töne im Nachbarland. | |
Bild: Noch ist Dänemark Teil der EU. Flensburgs Bürgermeisterin ist trotzdem … | |
taz: Frau Lange, werden Sie eigentlich oft mit Donald Trump verglichen? | |
Simone Lange: Tatsächlich wurden in Flensburg von Anfang an Parallelen | |
zwischen mir und ihm gezogen. Er trat im Januar als 45. Person sein Amt an, | |
genauso wie ich. Inhaltlich bin ich aber das komplette Gegenteil von ihm. | |
Eine Parallele gibt es aber noch: Sie bedienen sehr fleißig die | |
Social-Media-Kanäle. Was müssen Politikerinnen sonst noch tun, um | |
Bürgernähe herzustellen? | |
Wir müssen an Themen ran, die uns die Bürger ins Tagebuch schreiben – und | |
nicht an die, die wir Politiker uns ausdenken. | |
taz: Was heißt das für Flensburg? | |
Die Bürgerbeteiligung hat die Stadt sehr bewegt. Die Menschen fragen: | |
Können wir eigentlich mitbestimmen, was in unserer Stadt passiert? | |
Die Antwort gab die niedrige Wahlbeteiligung. Was muss sich verbessern? | |
Wir haben 13 Stadtteile und für jeden Stadtteil ein Bürgerforum. Das ist | |
eigentlich gut. Aber die Menschen wollen auch verbindlich umgesetzt wissen, | |
was im Forum erarbeitet wird. | |
Das geschah bisher nicht? | |
Der Transport von der Basis „nach oben“ ist nicht so gut gewesen. Das | |
möchte ich gerne besser machen. | |
Und wie? | |
Bei einem Forum vor zwei Wochen mit 100 Leuten habe ich eine | |
Straßensperrung erklärt, die niemand wollte. Es ist ja so, dass wir beim | |
Straßenverkehrsrecht an die Grenzen unserer Beteiligungsmöglichkeiten | |
stoßen. Wir dürfen den Bürgerinnen und Bürgern nicht bei den falschen | |
Themen suggerieren, dass sie sich beteiligen können. Sonst geht Vertrauen | |
verloren. Beim Verkehrsrecht gilt halt: Es ist bedingt. | |
In Flensburg galt die Willkommenskultur lange als vorbildlich. Was ist | |
daraus geworden? | |
Es gab auch bei uns ein kleines Aufflammen der AfD, das ja. Durch | |
verschiedene Demos wurden die negativen Kräfte aber schnell wieder | |
eingedämmt. | |
Populistische Töne kommen aus Dänemark. Das Land hält weiterhin an | |
Grenzkontrollen fest. | |
Ich bin strikt gegen die Kontrollen, das ist bekannt. Mit den grenznahen | |
Nachbarkommunen auf dänischer Seite, Åbenrå, Sønderborg und Tønder, | |
tauschen wir uns aus. Die sind mit uns einer Meinung. | |
Der Kopenhagener Zirkel tickt etwas anders. Von der rechtsnationalen | |
Dänischen Volkspartei, der zweitgrößten Parlamentsfraktion, kam kürzlich | |
der Vorschlag, die dänisch-deutsche Grenze nach Süden zu verschieben. | |
Die Grenzziehung infrage zu stellen und zu behaupten, Dänemark müsse bis | |
zur Eider – die ja 70 bis 80 Kilometer südlich von Flensburg verläuft – | |
reichen, erscheint ja fast absurd. Aber man muss schauen, wer das sagt. | |
Søren Espersen ist immerhin Vizechef der zweitgrößten dänischen Partei. | |
Das sind also schon Tendenzen … | |
… die bei Ihnen Besorgnis hervorrufen? | |
Auf jeden Fall. Die Frage ist ja nicht: Sagt der das einmal und nie wieder. | |
Die Frage ist: Was passiert als Nächstes? Auch bei Trump erleben wir, dass | |
alles mit Worten anfängt. Das steigert sich dann rhetorisch, mittlerweile | |
fast schon täglich. Nur ist irgendwann im Wort keine Steigerung mehr | |
möglich. Welche Tat kommt dann? Und wie steigert er sich in den Taten und | |
schließlich bei Entscheidungen. In Dänemark ist das ähnlich – deswegen bin | |
ich schon ernsthaft besorgt. | |
7 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
David Joram | |
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