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# taz.de -- Waldkindergärten in Schleswig-Holstein: Kinder müssen draußen bl…
> Schleswig-Holstein macht Waldkindergärten das Leben schwer. Plötzlich
> dürfen sie keine Bauwagen haben. Dabei war das Land einmal Vorreiter.
Bild: Kinder spielen im Waldkindergarten: In Schleswig-Holstein dürfen sie kei…
Hamburg taz | Für den Verein „Kind und Demokratie“ schien es gut zu laufen:
Am 15. November nahm sein Waldkindergarten „Die Tummetotts“ im
schleswig-holsteinischen Rendsburg den Betrieb auf. Das Schwierigste schien
geschafft. „Da haben wir uns getäuscht“, sagt der Vereinsvorsitzende Martin
Richter-Soyka. Denn der Schlussstein des Projekts, eine Schutzhütte, wurde
vom städtischen Bauamt nicht genehmigt: Das fünf mal fünf Meter große
Blockhaus beeinträchtige Natur und Landschaft und sei unzulässig. Am
heutigen Dienstag befasst sich der Rendsburger Bauausschuss mit dem Thema.
Ähnlich wie den Tummetotts geht es nach Angaben des Bundesverbandes der
Natur- und Waldkindergärten (BVNW) zehn weiteren Waldkindergärten in
Schleswig-Holstein. Wenn solche Schutzhütten, die zumeist Bauwagen seien,
nicht genehmigt würden, werde ein zentraler Baustein aus den
Waldkindergärten herausgebrochen und ein weltweit anerkanntes Konzept
infrage gestellt, sagt die BVNW-Vorsitzende Ute Schulte Ostermann.
Waldkindergärten gab es schon in den 1950er-Jahren in Schweden. So richtig
Fahrt nahm die Bewegung in Deutschland mit der Gründung des ersten
offiziellen Waldkindergartens in Flensburg auf. In Schleswig-Holstein gebe
es besonders viele, sagt Schulte Ostermann. Bis vor kurzem sei es nicht
schwierig gewesen, einen Waldkindergarten zu betreiben. Probleme gebe es,
seit das Kieler Sozialministerium mit der Unfallkasse Nord einen „Leitfaden
für die Gründung und den Betrieb von Naturkindertagesstätten in
Schleswig-Holstein“ erstellt habe.
Darin heißt es, Schutzhütten und selbst Bauwagen müssten als bauliche
Anlagen genehmigt werden. In einem Naturgebiet könne das problematisch
sein, sofern es sich um einen Standort außerhalb des Siedlungsbereichs
handele, der Flächennutzungsplan etwas anderes vorsehe und die Belange des
Naturschutzes und der Landschaftspflege dem entgegen stünden. Genau auf
diese Punkte, basierend auf dem Paragrafen 35 des Baugesetzbuches, berief
sich die Untere Bauaufsichtsbehörde der Stadt Rendsburg, als sie die Hütte
der Tummetotts ablehnte.
## „Lasst die Kinder doch einfach im Wald sein“
Der CDU-Abgeordneten Katja Rathje-Hoffmann bestätigte die Landesregierung
vor zwei Wochen diese Einschränkungen. Wenn sie unbedingt einen Bauwagen
für einen Waldkindergarten genehmigen wolle, könne eine Gemeinde ja mal
eben die Bauleitplanung ändern. Eine Notwendigkeit, die Landesbauordnung zu
ändern oder gar das Baugsetzbuch, sehe die Regierung nicht. „Die Antwort
ist haarsträubend“, findet Richter-Soyka von den Tummetotts.
Andere Bundesländer zeigen, dass es durchaus einen Spielraum gibt. In
Baden-Württemberg gelten Schutzhütten für Waldkindergärten als
Sonderbauten, bei denen gewisse Vorschriften nicht eingehalten werden
müssen. „Das könnte Schleswig-Holstein auch machen“, so Schulte Ostermann
vom BVNW.
Zumal das von der SPD, den Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband
regierte Land Wald- und Naturkindergärten offiziell „befürwortet“ und auch
auf deren lange Tradition verweist: „Mehr als in anderen Bundesländern
gelten sie mittlerweile als anerkannte Alternative und haben einen festen
Platz in der Kita-Landschaft.“
Schulte-Ostermann hält das wegen der besonderen Qualität dieser Art der
Betreuung auch für völlig angemessen. „Die Kinder sind die ganze Zeit über
ganzheitlich herausgefordert“, sagt Schulte-Ostermann.
Und warum brauchen Waldkindergärten unbedingt einen Bauwagen? „Es gibt
Situationen, da muss man sich mit einer Gruppe zurückziehen“, sagt Schulte
Ostermann. Im Wagen lasse sich trockene Kleidung lagern, Spiel- und
Bastelmaterial, aber auch die Dinge, die die Kinder im Wald bastelten.
„Eine fehlende Schutzhütte erschwert die Arbeit der ErzieherInnen sehr“,
sagt auch Richter-Soyka von den Tummetotts.
Schulte Ostermann findet es angesichts der vielen Naturzerstörung absurd,
dass ausgerechnet die Bauwagen von Waldkindergärten verboten werden. Dabei
sei eine frühe Heranführung an die Natur entscheidend, um eine Beziehung
zur Natur zu entwickeln. „Lasst die Kinder doch einfach im Wald sein“,
appelliert sie.
30 Jan 2017
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Kindergarten
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