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# taz.de -- Supermarkt für Foodsharer in Berlin: „Essen im großen Stil rett…
> In Charlottenburg öffnet ein Supermarkt, der eigentlich unverkäufliche
> Ware anbietet. Foodsharing soll so professionalisiert werden, sagt
> Raphael Fellmer.
Bild: „SirPlus“ leitet sich ab vom englischen surplus, Überschuss. Diesen …
taz: Herr Fellmer, heute wollen Sie Berlins ersten Supermarkt für gerettete
Lebensmittel eröffnen. Heißt das, Sie fischen dann Lebensmittel aus den
Mülltonnen und verkaufen sie weiter?
Raphael Fellmer: Nein, wir fischen sie nicht aus der Tonne, sondern retten
sie, bevor sie hineinkommen.
Wie kann man sich das Konzept genau vorstellen?
Wir wollen aus Lebensmittelretten Mainstream machen. Also Essen wirklich im
großen Stile retten und es über unseren Food Outlet Store wieder in den
Kreislauf zurückbringen. Die Lebensmittel werden dann 30 bis 70 Prozent
günstiger als im normalen Supermarkt verkauft.
Der Standort ist Charlottenburg. Was erwarten Sie in diesem Milieu für ein
Klientel?
Charlottenburg ist genial. Hier an der Wilmersdorfer Straße, wo wir
eröffnen, laufen jeden Tag 40.000 Leute vorbei. Das ist so eine
frequentierte Fußgängerzone, da trifft man alle möglichen Menschen an.
Nebenan konventionelle Bäcker, Cafés und Fastfood-Ketten. Erwarten Sie da
keinen Gegenwind?
Bis jetzt haben wir keinen Gegenwind. Ich glaube, es gibt ein breites
Interesse auf allen Seiten, die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren.
Sei es in der Politik, in der Industrie, beim Verbraucher. Wir glauben,
dass wir da am Zahn der Zeit sind und eine Win-win-win-Situation für alle
Beteiligten schaffen. Die einzigen, die vielleicht irgendwann verlieren
werden, sind die Biogasbetreiber, weil sie weniger zu vergären haben.
Zusammen mit Martin Schott und Alexander Piutti führen Sie das Start-up
SirPlus, das für dieses Projekt verantwortlich ist. Kann man zu dritt einen
ganzen Supermarkt führen?
Nein, wir haben uns professionelle Hilfe geholt. Einen erfahrenen
Filialleiter, zusätzlich zwei Assistenten, einen Fahrer, sogar
Praktikanten. Zudem kooperieren wir mit Betrieben, die eben diesen
Nachhaltigkeitsanspruch haben und sich freuen, wenn Lebensmittel mit
Schönheitsfehlern oder abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum nicht in die
Tonne wandern.
Von welchen Betrieben sprechen Sie?
Zum Beispiel einem Hersteller gesunder Kindersnacks oder auch einem
Berliner Großhändler.
Welche Lebensmittel wird es ab heute in Ihrem Supermarkt geben?
Wir fangen erst einmal mit einem kleinen Sortiment an. Es stellt sich aus
abgepackten Lebensmitteln, Obst und Gemüse und verschiedensten Getränken
zusammen.
Und soll später erweitert werden?
Genau. Bald wird es auch Backwaren geben und später kühlpflichtige Waren.
Woher weiß man denn, ob eine Packung Käse, die das Mindesthaltbarkeitsdatum
überschritten hat noch genießbar ist und im Markt verkauft werden kann?
Wir haben natürlich strenge Lebensmittelhygienekonzepte. Es werden
professionelle Proben genommen, die sensorisch geprüft und anschließend
protokolliert werden. Wir werden die Nahrungsmittel auch in Zusammenarbeit
mit Laboren überprüfen, haben auch eine absolute Fachfrau aus der Branche
an unserer Seite. Aber soweit sind wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht.
Wir fangen ja erst einmal mit den unkritischen Nahrungsmitteln an.
Angenommen, es kommt aber wirklich mal zur Lebensmittelvergiftung …
Also wir geben wirklich alles, um es von der Abholung über die Prüfung bis
zum Verkauf vorschriftsmäßig abzuwickeln. Wir stehen ja in der
Verantwortung, weil wir die Lebensmittel in den Verkehr bringen. Daher
sagen wir den Kunden auch, dass sie die Lebensmittel bald konsumieren
sollen. Gleichzeitig legen wir nahe, dass sie auf ihre Sinne hören sollen.
Allgemein geht es ja um ein Umdenken im Umgang mit Essen, was wir
voranbringen wollen. Nur so können wir langfristig die
Lebensmittelverschwendung reduzieren.
Wie sind Sie persönlich zu dem Projekt gekommen?
Ich setze mich seit 2009 für die Lebensmittelrettung und -wertschätzung
ein, angefangen habe ich mit Containern. Dann habe ich die
Lebensmittelretten-Bewegung, heute Foodsharing gegründet und zusammen mit
meinen zwei Mitgründern Martin und Alex wollten wir das Ganze noch größer
und professioneller machen.
So kam Ihnen die Idee, ein Food Outlet zu gründen?
Genau. Uns Initiatoren geht es in erster Linie darum, Lebensmittel dahin zu
bringen, wo sie hingehören – nämlich in den Magen. Wir wollen aber auch
sensibilisieren, Bewusstsein schaffen für die Verschwendung.
Foodsharing oder auch die Berliner Lebensmitteltafel befassen sich doch
bereits lange und erfolgreich mit derLebensmittelrettung. Warum braucht es
da noch Ihren Supermarkt?
Es werden trotz der wertvollen Arbeit von Tafeln und Foodsharing aber immer
noch Unmengen von Essen weggeschmissen. Wir brauchen einfach noch mehr
Akteure, wenn wir die Lebensmittelverschwendung wirklich langfristig
reduzieren wollen, so wie es im Pariser Klimaabkommen vor zwei Jahren
festgelegt wurde. Das Food Outlet ist ein weiterer Schritt. Als nächstes
richten wir einen Lieferservice ein, später wollen wir das Franchisesystem
etablieren und dann einen digitalen Marktplatz errichten.
Ihre Crowdfunding-Kampagne zur Finanzierung des Supermarktes übertraf das
ausgeschriebene Ziel bei Weitem. Es scheint so, als müssten Sie sich um
genügend Unterstützung bislang keine Sorgen machen. Hätten Sie eine solche
Hilfe erwartet?
Wir sind mit 50.000 Euro extra niedrig gestartet, um das Ziel auf jeden
Fall zu erreichen. Dass es am Ende fast die doppelte Finanzierung gab, ist
natürlich ein toller Aspekt. Was uns aber vor allem gefreut hat, ist, dass
uns über 1.700 Leute unterstützt haben. Wir werden wirklich von der Crowd
getragen und suchen auch schon nach weiteren Darlehensgebern.
8 Sep 2017
## AUTOREN
Max Nölke
## TAGS
Foodsharing
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Containern
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