# taz.de -- Foodsharing in Berlin: Die Leute wollen Kühlschränke | |
> Öffentliche Kühlschränke mit Lebensmitteln für alle haben Fans. 40.000 | |
> Unterschriften sammelte die Iniative Foodsharing für ihre „Fairteiler“. | |
Bild: Hier kann jeder was Essbares reinstellen und rausholen: Fairteiler-Kühls… | |
„Magste einen Apfel haben?“ „Nee“, quengelt das Kind. „Dann lieber | |
Schokolade?“ Doch auch dafür lässt sich der kleine Junge nicht begeistern. | |
Offensichtlich hat er die Erziehungsregel Nummer eins – nichts von Fremden | |
annehmen – verinnerlicht. Dafür greifen andere bei den kostenlos verteilten | |
Lebensmitteln beherzt zu. | |
Die Initiative Foodsharing hat an diesem kalten Donnerstagabend eine Art | |
mobilen Fairteiler vor dem August-Bebel-Institut im Wedding aufgebaut. Die | |
Initiative setzt sich gegen die Verschwendung von Lebensmitteln ein. Sie | |
hat dafür in ganz Berlin 25 öffentlich zugängliche Kühlschränke | |
aufgestellt: In diese Fairteiler kann jeder nicht mehr benötigte | |
Lebensmittel legen, andere dürfen sich dort kostenlos bedienen. Doch die | |
Aktivisten haben ein Problem: Dem Bezirk Pankow gelten ihre Kühlschränke | |
als Hygieneproblem. | |
Im Weddinger Bebel-Institut hat die neu ernannte Staatssekretärin für | |
Verbraucherschutz, Margit Gottstein (Grüne), am Donnerstagabend zum | |
Gespräch geladen. Thema: „Wie isst die Stadt?“ Für die rund 25 Aktivisten | |
eine gute Gelegenheit, auf ihre Sache aufmerksam zu machen. Denn sie | |
befürchten, dass bald alle Fairteiler schließen müssen: Seit einem Jahr | |
gelten die Fairteiler als Lebensmittelunternehmen. | |
## Viel strengere Auflagen | |
Die – zu Recht strengen – Auflagen des Lebensmittelrechts müssten | |
eigentlich schon jetzt das Ende der ehrenamtlichen Arbeit bedeuten: Da | |
viele der Fairteiler dennoch zugänglich bleiben, ging die Initiative | |
bisher von einer Duldung durch die Behörden aus. Doch Anfang des Jahres | |
habe man die zwei Fairteiler in Pankow auf einmal versiegelt vorgefunden, | |
berichten die Aktivisten. | |
Schon Anfang vergangenen Jahres hatte Foodsharing eine Onlinepetition | |
gestartet. Die Forderung: Die Fairteiler sollen, wie in allen anderen | |
Bundesländern, als private Übergabeorte betrachtet und somit erhalten | |
werden. Rund 40.000 Unterschriften gingen bisher ein. Die Mitglieder der | |
Initiative übergaben sie am Donnerstag an Gottstein. Ihre Hoffnung ist, | |
dass der neue rot-rot-grüne Senat auch ernährungspolitisch andere Weichen | |
stellt. | |
Die Staatssekretärin zeigt sich bei der Petitionsübergabe durchaus offen. | |
„Ich finde das einen ganz tollen Ansatz“, sagt sie und lädt die Initiative | |
zu weiteren Gesprächen ein. Aber auch Gottstein schränkt ein: „Man muss | |
natürlich auch die Hygienevorschriften beachten.“ | |
Dass dafür längst gesorgt ist, davon ist man bei der Initiative überzeugt: | |
Es gebe bundesweit nicht einen einzigen dokumentierten Fall von | |
Gesundheitsschäden, die auf verdorbenes Essen im Fairteiler zurückzuführen | |
seien. Viele BerlinerInnen sehen das ähnlich: Vor der Tür des | |
Bebel-Instituts finden Lebensmittel, die andernfalls in der Tonne landen | |
würden, guten Absatz – selbst die Äpfel. | |
27 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Daniel Böldt | |
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