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# taz.de -- Verbot von Umsonst-Kühlschränken: Bio-Banane ohne Haftung
> Pankow verbietet Foodsharing-Kühlschränke. Begründung: Sie verstoßen
> gegen das Lebensmittelgesetz. Aktivisten hoffen auf einvernehmliche
> Lösung.
Bild: Nur ein Kühlschrank mit Aufsicht ist ein guter Kühlschrank
Ein paar Backwaren, wenig Obst und Gemüse. Viel war am Dienstag nicht drin
im Umsonst-Kühlschrank an der Senefelder Straße. Doch für den Mann von der
Lebensmittelaufsicht reichte es offenbar: Hygienisch und haftungsrechtlich
unverantwortlich, beschied er und hängte ein dickes Vorhängeschloss vor die
Kühlschranktür. Im Bezirk Pankow ist jetzt Schluss mit der Praxis, übrig
gebliebene Lebensmittel an Mitmenschen zu verschenken. Auch ein anderer
Kühlschrank in der Malmöer Straße ist geschlossen worden. Von 24 über die
Stadt verteilten Abgabestellen sind jetzt nur noch 21 übrig.
Und auch für die könnte es bald eng werden: Pankows für Lebensmittelhygiene
zuständiger Stadtrat Torsten Kühne (CDU) kündigte an, sich bei seinen
Amtskollegen für ein bezirksübergreifendes Vorgehen gegen die
Foodsharing-Kühlschränke einzusetzen.
Die Verschwendung von genießbaren Lebensmitteln verhindern und Bedürftigen
helfen, das ist das gesellschaftspolitische Anliegen hinter den
Fairteilern. Ein Netzwerk von Ehrenamtlichen, das sich im Verein
„Foodsharing e.V.“ organisiert, kümmert sich bundesweit um 250 öffentliche
Kühlschränke und digitale Essenskörbe, in denen Privatpersonen
Übriggebliebenes aus ihrem Haushalt oder nahe gelegenen Betrieben sammeln
und zur kostenlosen Abholung anbieten. Allein in Berlin gibt es rund 2000
Aktivisten, die sich der Rettung genießbarer Lebensmittel vor der Tonne
verschrieben haben. Sie nennen sich Foodbotschafter oder Foodsaver.
Eine von ihnen ist Sina Maatsch, Pressesprecherin des MachMit-Museums, auf
dessen Gelände der kürzlich geschlossene Fairteiler steht. „Ich verstehe
die rabiate Vorgehensweise des Bezirks nicht“, sagt sie. „Der Inhalt
unseres Kühlschranks war doch einwandfrei“. Der Standort sei sehr gut
genutzt, Lebensmittel hätten nie lange gelagert. Mehrmals pro Woche
reinigte Maatsch oder andere Aktivisten den Kühlschrank. Ein Schild wies
auf die Hygiene-Regeln hin: Nur frische Ware, keine Speisen aus rohen Eiern
oder rohem Fleisch.
## Rechtliche Grauzone
Dass der Bezirk trotzdem vor verdorbenen Lebensmittel warnt und Angst vor
mutwillig platziertem vergiftetem Essen hat, versteht Maatsch nicht. Von
konkreten Fällen habe sie bisher noch nichts gehört. Dass für die
Kühlschränke niemand offiziell verantwortlich und damit haftbar ist, findet
sie nicht schlimm. „Wir bewegen uns in einer Grauzone, da gibt es auch
Ermessensspielraum.“ Dass die Ämter „ausgerechnet in der Stadt der
innovativen Ideen“ so wenig Wertschätzung für das ehrenamtliche Engagement
der Essenretter aufbrächten, findet Maatsch entttäuschend.
„Die Grundidee hinter den Fairteilern finden wir grundsätzlich sympathisch
und begrüßenswert“, versichert dagegen Stadtrat Kühne. Die Kühlschränke,
die rund um die Uhr öffentlich zugänglich seien, verstießen gegen
EU-Bestimmungen für die Lebensmittelsicherheit. Neben Grundstandards bei
der Sauberkeit und Einhaltung der Kühlkette müsse es auch eine Kontrolle
über das Einstellen und Entnehmen von Lebensmitteln geben. Schließlich
verfolgten nicht alle Mitmenschen immer gute Absichten.
Kühn verwies auf die vergifteten Weihnachtskekse, die in Spandau an
Passanten verteilt wurden. „Die staatliche Aufsicht hat auch Verantwortung
für unkommerzielle Angebote.“Am 7. Januar soll es ein Treffen zwischen
Kühnes Lebensmittelaufsicht und den Essensrettern geben. Kühne hat schon
eine Idee: „In Läden oder Cafés, wo jemand die Kühlschränke beaufsichtig,
kann ich mir das Angebot gut vorstellen.“
20 Dec 2015
## AUTOREN
Plutonia Plarre
## TAGS
Foodsharing
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Ernährung
Fairteiler
Foodsharing
Konsum
Lebensmittel
Ressourcen
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