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# taz.de -- Restaurant gegen Verschwendung: Viel zu gut für die Tonne
> Das Nonprofit-Unternehmen „Restlos glücklich“ will in Berlin ein
> Restaurant eröffnen. Gekocht wird nur mit geretteten Lebensmitteln.
Bild: Daraus lässt sich noch ein Menü zubereiten.
Berlin taz | 19 Millionen Tonnen – so viele Lebensmittel landen nach einer
Schätzung des WWF in Deutschland jährlich in der Mülltonne. Das sind drei
Müllcontainer pro Sekunde – und dem Berliner Jungunternehmen „Restlos
glücklich“ zu viel.
Das sechsköpfige Team will im Herbst das erste Restaurant Deutschlands
eröffnen, in dem ausschließlich mit geretteten Lebensmitteln gekocht wird:
mit zu großen Zucchinis, zu kleinen Kartoffeln und anderen Zutaten, die im
regulären Markt nicht verkauft werden können. Die Lebensmittel bezieht der
Verein von kleinen Unternehmen, Bäckereien – oder von Landwirten wie
Johannes Erz, der „Restlos glücklich“ mit überdimensionalen Zucchinis
versorgt: „Auf meinem Feld liegen bestimmt hundert solche Zucchini. Ich
finde es toll, wenn aus diesen Lebensmitteln noch etwas gemacht wird.“
„Wir wollen, dass weniger Lebensmittel, die auf den Teller gehören, in der
Tonne landen“, erklärt Leoni Beckmann, Vorsitzende der Firma. Sie will
zeigen, dass man mit aussortierten Lebensmitteln kochen kann:
beispielsweise Birnen-Portwein-Crêpes mit Schokolade, die in Ecuador am
Zoll aufgehalten wurde und zu schmelzen begann. Damit lässt sich die
Schokolade aus optischen Gründen nicht mehr verkaufen – schmecken tut sie
allerdings noch genauso.
Anbieten will das Restaurant zwei oder drei Tagesessen, die zwischen 7 und
14 Euro kosten sollen – je nachdem, welche Zutaten das Restaurant bekommt.
Auch im Restaurant sollen möglichst alle Essensabfälle vermieden werden:
„Wir wollen kleinere Portionen servieren, damit keine Reste auf den Tellern
übrig bleiben. Dafür gibt es aber die Möglichkeit, sich einen kostenlosen
Nachschlag zu holen“, so Beckmann.
## Klarer Schritt in Richtung Nachhaltigkeit
Momentan sind die GründerInnen noch auf der Suche nach einem geeigneten Ort
für das Restaurant. Auch an Geld fehlt es noch. Seit vergangener Woche
versucht das Team, die fehlenden 50.000 Euro über Crowdfunding zu sammeln.
Später soll sich das Restaurant selbst tragen – und zwar als
Nonprofit-Unternehmen. Nur zwei Köche und ein Restaurantmanager werden
eingestellt, die restliche Arbeit übernehmen freiwillige Helfer. Auch die
sechs GründerInnen engagieren sich freiwillig. Der Gewinn des Restaurants
soll in Bildungsangebote fließen. Geplant sind Kurse für kreatives Kochen,
die auf Lebensmittelverschwendung aufmerksam machen.
Vorbild ist das dänische Restaurant Rub&Stub, wo ebenfalls Freiwillige mit
Lebensmitteln Gerichte zubereiten, die sonst im Müll gelandet wären. Dort
stehe beispielsweise ein IT-Manager freiwillig an der Spüle, weil er eine
Abwechslung zu seinem Beruf wollte, erklärt Beckmann. Rub&Stub öffnete vor
zwei Jahren – Sophie Sales, eine der GründerInnen war damals überrascht,
dass es so etwas nicht längst in Berlin gab. Sie glaubt, dass das
Restaurant in Berlin gut funktionieren wird – so wie Stub&Rub in
Kopenhagen.
Es gibt aber noch mehr Organisationen, die Lebensmittel vor der Tonne
retten wollen, beispielsweise die Tafel. Gibt es da keine Konkurrenz?
„Überhaupt nicht“, meint Tafel-Vorsitzende Sabine Werth, „Ich finde das
Projekt toll, es ist ein klares Signal in Richtung Nachhaltigkeit: Wir
müssen lernen, dass mit Lebensmittelresten sinnvoll umgegangen werden
muss.“
Auch Raphael Fellmer von Foodsharing sieht keine Konkurrenz um
Lebensmittel: „Wir sind dankbar für alle Initiativen, die sich gegen
Lebensmittelverschwendung einsetzen und darauf aufmerksam machen“.
Weggeworfen werde schließlich noch immer viel zu viel.
6 Sep 2015
## AUTOREN
Hannah Kappenberger
## TAGS
Konsum
Lebensmittel
Lebensmittelverschwendung
Nachhaltigkeit
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Gastronomie
London
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