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# taz.de -- Parteitag der Grünen in Niedersachsen: Ganz ohne Twesten
> Auf dem Parteitag in Göttingen bestimmen die Delegierten ihre Kandidaten
> für die Landtagswahl. Eine Aussprache über Elke Twesten steht nicht auf
> dem Plan.
Bild: Der Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, Jürgen Trittin, gratuliert …
Göttingen dpa | Elke Twesten hat auf der offiziellen Tagesordnung des
Parteitags der niedersächsischen Grünen keinen Platz. Für drei Tage sind
die Delegierten in Göttingen zusammengekommen, um ihre Kandidaten für die
Landtagswahl zu bestimmen. Doch eine Aussprache über die Abgeordnete aus
Rotenburg, die der Partei mit ihrem Wechsel zur CDU ein riesiges
Schlamassel eingebrockt hat, steht nicht auf dem Plan. „Wir wollen sie
eigentlich mal hinter uns lassen, diese Dame“, sagt dazu der
Landesvorsitzende Stefan Körner mit gequälter Ironie. Trotzdem ist das
Wechselmanöver der 54-jährigen Hinterbänklerin das dominante Thema – in den
Reden auf der Tribüne, in den Gesprächen unter den Delegierten und erst
recht bei der Kaffeepause.
Gut eine Woche ist es her, dass Twesten völlig unerwartet ihren Wechsel
bekannt gab. Die Ein-Stimmen-Mehrheit der rot-grünen Koalition von
Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) war damit hin. Nun muss am 15. Oktober
ein neuer Landtag gewählt werden – drei Monate früher als geplant.
Niedersachsens Grüne hat das kalt erwischt. „Es ist, als sei jemand
gestorben, und man versteht nicht, dass er weg ist“, sagt die
Landtagsabgeordnete Julia Willie Hamburg aus Goslar über Twestens Abgang.
Und der Schluss liegt nahe, dass sich die Trauer durchaus auch auf das jähe
Ende der rot-grünen Regierungsverantwortung bezieht.
Bei dem Versuch, den Verlust zu verarbeiten, konzentrieren sich die Grünen
auf zwei Dinge: Sie machen sich selber Mut vor dem bevorstehenden
Wahlkampf, der für die Partei kein leichter sein wird. Und sie attackieren
die CDU, der sie unterstellen, sie habe Twesten mit einem Angebot zum
Frontenwechsel animiert. „So materialistisch, wie Elke unterwegs war, hat
sie sich sicher etwas bieten lassen“, spekuliert eine ehemalige
Fraktionskollegin Twestens hinter vorgehaltener Hand.
Twesten und der CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann bestreiten solche
Vorwürfe. Allerdings hatte die Abgeordnete die Gerüchte bei der Bekanntgabe
ihrer Entscheidung befeuert: Sie sei enttäuscht darüber, dass ihr Wahlkreis
sie nicht als Direktkandidatin aufgestellt habe – und es gebe ja noch
andere Parlamente, für die man sich bewerben könne, wie etwa den Bundestag
und das Europaparlament. Doch die Listen der CDU für Bundestags- und
Landtagswahl sind bereits geschlossen, und die Europawahl liegt in weiter
Ferne.
Mittlerweile kommen immer neue Details über die Kontakte der abtrünnigen
Grünen mit der Union ans Licht. So sagte Twesten dem Spiegel, sie habe sich
bereits Ende Juli mit Althusmann in einem Hotel in Bad Fallingbostel
getroffen. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) soll einem Bericht des
Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) zufolge einen Tag vor der
Wechselankündigung Bescheid gewusst haben.
## Zerschnittenes Tischtuch
In Göttingen ist sich der ehemalige Bundesumweltminister Jürgen Trittin
sicher: „Dies ist der Versuch der CDU, mit unsauberen Mitteln das letzte
rot-grün regierte Flächenland zu übernehmen.“ Die CDU in Niedersachsen habe
es einfach nie verwunden, dass sie bei der Landtagswahl 2013 überraschend
unterlegen war. Und Twesten habe sich aus gekränkter Eitelkeit dafür
hergegeben.
Das Tischtuch zwischen den Grünen und der CDU scheint damit in
Niedersachsen endgültig zerschnitten. Eine Fortsetzung der rot-grünen
Koalition erscheint aber fraglich: Umfragen sehen die SPD zwischen 28 und
32 Prozent, die Grünen bei 9 Prozent. 2013 hatte es für letztere noch für
ein Rekordergebnis von 13,7 Prozent gereicht.
Drinnen im Saal tobt Landwirtschaftsminister Christian Meyer, man werde
sich das Land nicht von den „schwarz-gelben Hetzern“ wegnehmen lassen.
Draußen im Foyer sitzt Heike Meyerhoff und sieht ihrer kleinen
Pflegetochter beim Spiel mit einem riesigen grünen Ball zu. „Die
Grundstimmung ist die: Wenn es zur Regierungsbildung nicht reicht, gehen
wir eben in die Opposition“, sagt die Grünen-Delegierte aus Helmstedt und
zuckt mit den Schultern.
Die Partei hatte Freitag und Samstag bereits 15 Kandidaten für die
bevorstehende Wahl bestimmt. Spitzenkandidatin ist die derzeitige
Fraktionsvorsitzende Anja Piel. Auf Platz zwei wurde der amtierende
Umweltminister Stefan Wenzel gesetzt. Auf den vorderen Plätzen finden sich
außerdem Alteingesessene und Newcomer: Die 24-jährige Imke Byl war zuletzt
Sprecherin der Grünen Jugend Niedersachsen und belegt nun Listenplatz drei,
dahinter liegt Agrarminister Christian Meyer. Am Sonntag kommen weitere
dazu.
12 Aug 2017
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