# taz.de -- Demokratische Sozialisten Amerikas: Die Millennials sind da | |
> Bei der Organisation „Democratic Socialists of America“ engagieren sich | |
> zunehmend junge Leute. Bernie Sanders hat den Nerv der Generation | |
> getroffen. | |
Bild: Mit den Millennials sind auch zahlreiche junge Frauen in die Organisation… | |
New York taz | Wer dahin gehen will, wo der Sozialismus blüht, sollte die | |
USA ausprobieren. Seit dem fatalen Dienstag im vergangenen November haben | |
die „Democratic Socialists of America“ (DSA) einen nie dagewesenen Zulauf. | |
Sie haben ihre Mitgliederzahlen binnen acht Monaten vervierfacht, | |
gleichzeitig ist der Altersdurchschnitt in der Organisation um Jahrzehnte | |
gesunken. | |
An diesem Wochenende haben 800 Delegierte in Chicago ihren ersten Kongress | |
unter den neuen Vorzeichen abgehalten. Die Debatten kreisten um die | |
Überwindung von US-Präsident Donald Trump und um das Ende des Kapitalismus. | |
Bei der Auftaktveranstaltung fasste ein junger Delegierter seine eigene | |
Euphorie in diese Worte: „Wow. Ich war noch nie in einem Raum mit so vielen | |
Sozialisten“. | |
Anders als bei früheren DSA-Kongressen, bei denen grauhaarige demokratische | |
Sozialisten – darunter auch ehemalige Kommunisten, die ihre Partei nach dem | |
Einmarsch der Sowjetunion in Prag verlassen hatten – unter weitgehendem | |
Ausschluss der Öffentlichkeit diskutierten, gaben dieses Mal die | |
Millennials den Ton an. Sie sorgten auch dafür, dass die Debatten und und | |
Abstimmungen direkt in die sozialen Medien kamen. | |
Manche DSA-Millennials waren schon 2011 in der Occupy Wall Street Bewegung | |
aktiv. Doch die meisten kamen erst im letzten Präsidentschaftswahlkampf zur | |
Politik. Sie folgten Bernie Sanders, der mit Themen angetreten war, die | |
auch sie persönlich betreffen: die hohe private Schuldenlast durch | |
Ausbildung und Wohnen, die extreme soziale Ungleichheit und die Abwesenheit | |
von effizienten Kontrollmechanismen, für Wall-Street- und andere | |
-Unternehmen. | |
## „Das tue ich erst, wenn sie bereit sind“ | |
Sanders hat den Nerv ihrer Generation getroffen, als er eine staatliche | |
Krankenversicherung für alle propagierte, und sich selbst mit dem Etikett | |
„demokratischer Sozialist“ schmückte, das jahrzehntelang „un-amerikanisc… | |
war. In Chicago nennen sich die Delegierten Comrades – Genossen. | |
Die DSA hat im Vorwahlkampf, wie die meisten anderen linken Gruppen, den | |
unerwartet erfolgreichen Vorwahlkampf von Sanders unterstützt. Als der am | |
Ende zur Wahl von Hillary Clinton aufforderte, folgte die DSA ihm | |
zähneknirschend. Andere linke Organisationen hingegen wandten sich in dem | |
Moment angewidert ab. | |
Nach Ansicht von Ethan Young war das der Punkt, als die DSA sich für ihr | |
jetziges explosionsartiges Wachstum qualifizierte, während die anderen in | |
ihre langjährige Isolation zurückkehrten. Der 65jährige Young, der in den | |
Protesten gegen den Vietnamkrieg politisch aktiv wurde, hat sich lange | |
geweigert einer kleinen linken Organisation beizutreten: „Das tue ich erst, | |
wenn sie bereit sind, ihre Spaltungen zu überwinden und zusammen zu gehen“. | |
Nachdem die DSA diese Bedingung erfüllt hat, trat er ihr bei. Politisch | |
verortet er sie in der Nähe des britischen Labour Chefs Jeremy Corbyin | |
„aber nicht Blair“, der spanischen „Podemos“, der französischen „La … | |
Insoumise“ und der deutschen – bei DSA allerdings kaum bekannten – Die | |
Linke: „Aber nicht PSOE, PS und SPD“. | |
## Offiziell keine Partei | |
Die auf 25.000 Mitglieder angewachsene DSA ist jetzt die größte | |
sozialistische Organisation in den USA – mit täglich steigender Tendenz. | |
Offiziell ist sie keine Partei und sie ist nicht im Bundeswahlregister | |
eingetragen. Aber aus ihren Reihen kamen schon in den Jahrzehnten seit | |
ihrer Gründung im Jahr 1982 immer wieder linke Demokraten, insbesondere | |
Afroamerikaner – darunter der ehemalige Bürgermeister von New York David | |
Dinkens und der Kongressabgeordnete Major Owens. In den letzten Monaten ist | |
ein Schwung neuer, junger linker KandidatInnen aus der DSA dazu gekommen. | |
In den Vorwahlen treten sie landesweit gegen PolitikerInnen des | |
demokratischen Parteiapparates an. | |
Den Versuch, die Demokratische Partei nach links zu bewegen, macht die DSA | |
schon seit ihrer Gründung. Aber in Wahlkämpfe investiert sie „weniger als | |
zehn Prozent ihrer Zeit“, erklärt Führungsmitglied Jared Abbott. | |
Ansonsten konzentrieren sich ihre Mitglieder auf Aktivitäten wie | |
gewerkschaftliche Organisation, die Organisation von Mieterkommittees, das | |
Eintreten für gebührenfreie Universitäten und neuerdings die Zusammenarbeit | |
mit antirassistischen Gruppen wie Black Lives Matter. An dieser Linie will | |
die DSA auch nach Chicago festhalten. | |
## Zahlreiche junge Frauen | |
Als Grund nennt Young das alte Dilemma US-amerikanischer Linker in dem | |
„extrem festgefahrenen“ Zwei-Parteiensystem: „Wer auf nationaler Ebene als | |
dritte Partei den Kampf mit Demokraten und Repubikanern aufnimmt, spaltet | |
die Stimmen der Demokraten und verhilft damit den Republikanern zum Sieg.“ | |
Genau wie sie es im Vorwahlkampf mit der Sanders-Kampagne gehalten haben, | |
ignorieren die großen Medien und die Demokratische Partei jetzt die DSA, | |
allenfalls ironisieren sie über die „Bernie Bro“ – ein Stereotyp für | |
„junge, weiße Männer, die mächtig wütend sind“. | |
Doch mit den Millennials sind auch zahlreiche junge Frauen und zunehmend | |
AfroamerikanerInnen in die Organisation gekommen. In Chicago haben sie von | |
Revolution und von einer „Massenorganisation mit nationalen Ambitionen“ | |
geredet. In der drastisch verjüngten DSA, in der die Millenials jetzt die | |
Mehrheit stellen, werden sie die Frage: „Wie halte ich es mit der | |
Demokratischen Partei?“ weiter diskutieren. | |
6 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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