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# taz.de -- Verschwörungstheorien und die Truppe: Rechte Lügen aus der Bundes…
> Internetnutzer an den Bundeswehr-Unis verbreiten im Online-Lexikon
> Wikipedia Verschwörungstheorien. Sie ändern Beiträge und verfälschen
> Fakten.
Bild: Clinton und Pizza? Das kann doch kein Zufall sein
Berlin taz | In einer Pizzeria im Norden von Washington betrieb Hillary
Clinton lange Zeit einen Kinderpornoring. Oben im Erdgeschoss servierten
die Kellner ihre Pizzen, unten im Keller hielten Schergen der
US-Präsidentschaftskandidatin kleine Jungs und Mädchen gefangen. Barack
Obama bediente sich dort für Orgien im Weißen Haus, Clintons Mitarbeiter
schlachteten im Hinterhof manchmal Kinder, und die Sängerin Lady Gaga kam
einmal für ein satanistisches Abendessen mit zartem Menschenfleisch vorbei.
Diese Verschwörungstheorie schlug im US-Wahlkampf unter dem Namen
„Pizzagate“ ein. Belege gab es keine. Trotzdem verbreiteten Rechtsextreme
und Trump-Anhänger die Story millionenfach im Internet. Online macht die
Geschichte immer noch Karriere – und das auch mithilfe der Bundeswehr: Aus
dem Netzwerk der Bundeswehr-Universität Hamburg wurde das Märchen im Juli
auf Wikipedia verbreitet. Nicht der einzige Fall, in dem von Rechnern der
Armee rechte Lügen verbreitet werden.
Am 21. Juli um 16.54 Uhr [1][veränderte der Nutzer aus Hamburg den
Lexikoneintrag] über das Pizzagate. Einen Namen oder ein Pseudonym gab er
nicht an, seine IP-Adresse lautete aber 139.11.79.83 – eine Nummer, die zum
Computernetz der Bundeswehruni gehört. Vor der Änderung wurde das Pizzagate
im Artikel als „Falschmeldung“, „Verschwörungstheorie“ und
„Verleumdungsaktion“ bezeichnet. Der mutmaßliche Bundeswehr-User löschte
diese Begriffe. Stattdessen schrieb er, in fehlerhafter Grammatik, als sei
es eine Tatsache: „Unter dem Schlagwort ‚Pizzagate‘‘ wur ein Skandal ru…
um einen Kinderschänderring aufgeklärt, der der im amerikanischen
Präsidentschaftswahlkampf 2016 stattfand.“
Eine Woche zuvor veränderte ein Nutzer aus dem Netzwerk der Bundeswehr-Uni
München den Wikipedia-Eintrag über die Ziele der Arbeiterbewegung. Aus der
„Erkämpfung von politischen Rechten“ [2][machte er die „Erkämpfung von
(unverdienten) Privilegien (sog. ‚politischer Rechte‘)“] und schrieb als
Notiz an andere User dazu: „Zur Klarstellung des vorher rotgewaschenen
Textes.“
Im Mai machte sich ein Nutzer der gleichen Hochschule am Wikipedia-Eintrag
über die Uni selbst zu schaffen. Den Absatz [3][über rechtsextreme Umtriebe
an der Bundeswehr-Einrichtung kürzte er]. Die Hinweise auf
Offiziersanwärter, die in der rechtsextremen Identitären Bewegung und bei
Einrichtungen der Neuen Rechten mitmischen, strich er aus dem Artikel. In
anderen Einträgen machten sich Nutzer aus den beiden Bundeswehr-Unis am
menschengemachten Klimawandel, an sozialer Gerechtigkeit und
Gendermainstreaming zu schaffen.
Sprecher der Hochschulen sagten auf Anfrage der taz, dass die
Internetzugänge ihrer Einrichtungen eigentlich nur dienstlich genutzt
werden dürften. Der Zugang in München werde „ausschließlich von Angehörig…
der Universität genutzt“. Auf den in Hamburg hätten auch bestimmte externe
Nutzer Zugriff, die ebenfalls als Urheber der Änderungen in Fragen kommen.
Von Rechnern der Hochschulen und anderer Bundeswehreinrichtungen wird auf
Wikipedia aber nicht nur rechte Hetze verbreitet. Ausweislich der
IP-Adressen arbeiten Bundeswehrangehörige auch fleißig an den Artikeln zu
Bruce Springsteen, Céline Dion und der Teenie-Serie Dawson’s Creek mit.
24 Aug 2017
## LINKS
[1] https://de.wikipedia.org/w/index.php?diff=167467335&oldid=167061654
[2] https://de.wikipedia.org/w/index.php?diff=167400497&oldid=163416455
[3] https://de.wikipedia.org/w/index.php?diff=165652464&oldid=165651489
## AUTOREN
Tobias Schulze
## TAGS
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