Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Campus wird Sicherheitsbereich: Bundeswehr-Uni rüstet auf
> Bewaffnete Wachen, Bibliotheksbesuch nur mit Ausweis: Die
> Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg soll militärischer
> Sicherheitsbereich werden.
Bild: Wird Sicherheitsbereich: die Helmut-Schmidt-Uni in Hamburg-Jenfeld
Hamburg taz | Die [1][Helmut-Schmidt-Universität (HSU)] in Hamburg-Jenfeld
wird von Externen bald nicht mehr problemlos zu betreten sein. Die
Bibliothek aufsuchen und ein Buch lesen, in der Cafeteria einen Tee trinken
oder sich mit Dozent*innen zu einem Interview treffen: All das wird
komplizierter.
Das Bundesverteidigungsministerium unter Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU)
hat angeordnet, die Bundeswehr-Uni in einen militärischen
Sicherheitsbereich (MSB) zu verwandeln. Das bedeutet, dass der Zugang zum
Campus am Holstenhofweg sowie dem studentischen Wohnheim in der
Stoltestraße Nichtangehörigen in Zukunft [2][per se verboten sein wird].
Als Grund wird die Sicherheit der Universitätsmitglieder angeführt. „Die
Einrichtungen der Bundeswehr sind immer wieder vielfältigen Bedrohungen
sicherheitsgefährdender Kräfte ausgesetzt“, sagt HSU-Pressesprecher Dietmar
Strey. Welche Art der Bedrohung das sein soll, möchte er aber nicht sagen.
Er betont allerdings, dass Externen ein Zugang durchaus noch möglich sei,
allerdings unter Auflagen.
„Die Wache soll jederzeit wissen, wer sich wann wo aufhält“, sagt Strey.
Besucher*innen könnten ihren Ausweis beim Pförtner abgeben. Oder es
müsse jemand sie abholen kommen und über das Gelände begleiten wie in einer
Kaserne. Diese Maßnahme sei allerdings für Hamburg unwahrscheinlich.
Geplant ist indes, auf dem Campus eine Waffenkammer zu errichten, um das
Wachpersonal an den Eingängen mit Waffen ausstatten zu können. Es sei
möglich, dass die Waffen in einem Gebäude gelagert würden, in dem
Dozierende ihre Büros hätten, sagt Strey. Allerdings würden sie nach
strengen Auflagen gelagert, in Eisenschränken und speziell gesicherten
Räumen.
## Forschung im Hochsicherheitstrakt
Unter den Lehrenden wird die Einführung des MSB kritisch gesehen. „Da ist
doch keine Forschung mehr möglich, in so einem Hochsicherheitstrakt“, sagt
ein Dozent der HSU, der nicht genannt werden möchte. Mit einer
Unterschriftensammlung wollte ein Teil des Lehrpersonals den MSB abwenden.
Um ihrem Lehrauftrag nachkommen zu können, müssten „Universitäten für die
Öffentlichkeit transparent und allgemein zugänglich sein“, steht oben auf
dem Unterschriftenzettel.
Der Senat forderte den Präsidenten auf, dem Verteidigungsministerium einen
Alternativvorschlag zu unterbreiten, nach dem etwa die Bibliothek weiterhin
öffentlich und frei zugänglich wäre. Staatssekretär Gerd Hoofe lehnte das
ab. Freie Lehre ist aus seiner Sicht auch unter MSB-Bedingungen möglich.
Der Austausch der HSU mit anderen Universitäten scheint dennoch erschwert
worden zu sein. Einige geplante Tagungen wurden auf andere Universitäten
verschoben, um externen Kolleg*innen diese Kontrollen nicht zuzumuten.
Zu viele Fragen werfe das auf: Ob es hier ein erhöhtes Bedrohungspotenzial
gebe, ob man selbst verdächtigt werde oder was mit den gesammelten Daten
geschehe. Unklar ist auch, inwieweit Gäste aus Ländern ohne
Nato-Mitgliedschaft künftig auf den Campus dürfen.
Die Helmut-Schmidt-Universität wurde von ihrem Namensgeber errichtet, um
eine Verbindung zwischen Soldat*innen und der zivilen Gesellschaft
herzustellen und Offizier*innen eine gute akademische Ausbildung zu
ermöglichen. Insgesamt scheint sich allerdings ein Trend in Richtung
stärkerer Militarisierung auf dem zivilen Campus etabliert zu haben.
## Allgemeine Bedrohungslage
Seit 2015 findet kein Tag der offenen Tür mehr statt, bei dem der
wissenschaftliche Austausch im Zentrum steht. Er wurde durch Ursula von der
Leyen (CDU) durch den zentral geplanten Tag der Bundeswehr ersetzt, bei dem
Militärübungen und -gerät im Mittelpunkt stehen. Des Weiteren berichtet der
Dozent, sei inzwischen jeder Donnerstag halbtags der militärischen
Ausbildung gewidmet inklusive einer Uniformpflicht.
Die andere Bundeswehruniversität in Deutschland hat in München ihren Sitz
und ist schon seit Beginn des Jahrtausends ein militärischer
Sicherheitsbereich. Externe müssen ihren Ausweis vorzeigen,
Journalist*innen dürfen sich nur in Begleitung auf dem Münchner Campus
bewegen.
Wie aus einem Artikel des Pinneberger Tagesblatts hervorgeht, hat das
Verteidigungsministerium die Umstellung der Hamburger
Bundeswehr-Universität in einen Sicherheitsbereich bereits 2018 unter der
damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen geplant. Begründet
wurde sie mit „gestiegener Terrorgefahr“.
Das Bundesverteidigungsministerium war bis Redaktionsschluss zu keiner
Stellungnahme bereit. Aus Militärkreisen heißt es jedoch, dass militärische
Anlagen im Allgemeinen und nicht die HSU im Speziellen bedroht seien. „Es
werden immer mal Briefe mit unklaren Substanzen an militärische
Liegenschaften verschickt“, heißt es. Vor zwei Tagen gab es darüber hinaus
eine Bombendrohung auf das Bundeswehrkrankenhaus in Berlin. Die
Eingliederung der HSU in den militärischen Sicherheitsbereich sei eine
Folge solcher Vorfälle.
17 Apr 2021
## LINKS
[1] /Kooperation-trotz-Mord-an-Khashoggi/!5547850
[2] https://www.gesetze-im-internet.de/uzwbwg/__2.html
## AUTOREN
Sarah Mahlberg
## TAGS
Bundeswehr
Sicherheit
Universität
Hamburg
Hamburg
Hamburg
Rechtsextremismus
Zivilklausel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Militarisierung der Bundeswehr-Uni: Forscher:innen wehren sich
Das Verteidigungsministerium will die Hamburger Helmut-Schmidt-Universität
zum Militärischen Sicherheitsbereich machen. Dagegen gibt es Protest.
Hamburger Heldengedenken: About Schmidt
Vor fast genau fünf Jahren ist Altkanzler Helmut Schmidt gestorben. Wie
erinnern sie sich in der ach so nüchternen Hansestadt an ihren Helden?
Verschwörungstheorien und die Truppe: Rechte Lügen aus der Bundeswehr-Uni
Internetnutzer an den Bundeswehr-Unis verbreiten im Online-Lexikon
Wikipedia Verschwörungstheorien. Sie ändern Beiträge und verfälschen
Fakten.
Hochschulen in Hamburg: Unis forschen fürs Militär
Hamburgs Hochschulen entwickeln militärische U-Boote und Korvetten. Die
Linke fordert eine Zivilklausel, die Grünen verlangen Selbstreflexion.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.