# taz.de -- Militarisierung der Bundeswehr-Uni: Forscher:innen wehren sich | |
> Das Verteidigungsministerium will die Hamburger | |
> Helmut-Schmidt-Universität zum Militärischen Sicherheitsbereich machen. | |
> Dagegen gibt es Protest. | |
Bild: Bald mit bewaffneten Wachen am Eingang? Die Helmut-Schmidt-Universität i… | |
Hamburg taz | Bald könnten bewaffnete Wachen vor der | |
Helmut-Schmidt-Universität (HSU) in Hamburg stehen. Denn das | |
Verteidigungsministerium [1][möchte den Campus zum militärischen | |
Sicherheitsbereich (MSB) machen]. Soldat:innen hätten somit | |
weitreichende Befugnisse und könnten beispielsweise kontrollieren, wer auf | |
das Gelände darf. | |
Über 400 Wissenschaftler:innen protestieren nun gegen das Vorhaben mit | |
einem offenen Brief. Sie sehen den Gründungscharakter der renommierten | |
Einrichtung in Gefahr. Die Bundeswehr-Uni, an der zivil studiert wird, ist | |
international für ihre Offenheit bekannt. Der Namensgeber Helmut Schmidt | |
gründete sie vor fast 50 Jahren explizit nicht als Militärakademie. Er | |
wollte einen Austausch zwischen ziviler Wissenschaft und Soldat:innen | |
fördern. | |
Laut Jan Stöckmann, einem der Erstunterzeichner des Briefs, seien die | |
meisten Forschenden im akademischen Bereich Zivilist:innen. Er selbst ist | |
wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Neuere Geschichte. Stöckmann | |
sieht die Uni als offenen Wissenschaftsstandort durch den Militärischen | |
Sicherheitsbereich in Gefahr: „Wir als Forschende müssen immer wieder | |
betonen, dass wir eine zivile Uni sind, gerade gegenüber ausländischen | |
Wissenschaftlern. Das könnte durch das Vorhaben schwieriger werden.“ | |
Auch wisse niemand ganz genau, was der MSB in der Praxis bedeutet. | |
Mindestanforderungen sind unter anderem Einlasskontrollen und eine | |
Waffenkammer auf dem Gelände. In dem offenen Brief kritisieren die | |
Unterzeichner:innen außerdem, dass nicht mehr jede:r ohne Weiteres | |
Zutritt zum Campus hätte. Vorträge, Podiumsdiskussionen und andere | |
Veranstaltungen könnten nur noch nach vorheriger Ausweiskontrolle besucht | |
werden. Weiter heißt es, dass dies „mittel- bis langfristig die | |
Attraktivität der HSU als Kooperationspartnerin beeinträchtigen“ könnte. | |
Aus diesem Grund hatte sich auch der akademische Senat als höchstes | |
Entscheidungsgremium der HSU einstimmig gegen das Vorhaben des | |
Verteidigungsministeriums ausgesprochen. Laut HSU hatte der | |
Universitätspräsident Klaus Beckmann daraufhin vorgeschlagen, den | |
Sicherheitsbereich „räumlich und zeitlich flexibel“ zu gestalten. Das sei | |
dem Verteidigungsministerium aber zu teuer gewesen. Außerdem würde diese | |
Lösung nicht genug Schutz bieten. | |
In einem militärischen Sicherheitsbereich hätten Soldat:innen außerdem | |
Weisungsbefugnis gegenüber zivilen Besucher:innen. Auch könnten auf dem | |
ganzen Campusgelände willkürliche Durchsuchungen angeordnet werden. | |
Die Unterzeichner:innen des offenen Briefs sehen diese Maßnahmen im | |
Widerspruch zum „demokratischen Kern universitärer Praxis“ Denn die | |
angehenden Offiziere, die an der HSU den Großteil der Studierenden | |
ausmachen, sind für die vier Jahre ihres Studiums eigentlich als | |
Soldat:innen beurlaubt. Nur wenige kämen mit Uniform zur Vorlesung, sagt | |
Stöckmann. Lediglich am Donnerstagnachmittag würden die Studierenden an | |
militärischen Übungen wie Schießtrainings teilnehmen. Davon sind die | |
zivilen Studierenden aber ausgeschlossen. | |
Auf Anfrage der taz beteuert die HSU, den „Charakter der Universität als | |
Wissenschaftscampus des Bundes von internationaler Sichtbarkeit“ nicht | |
beeinträchtigen zu wollen. Die Maßnahmen sollten „so niederschwellig wie | |
möglich“ gehalten werden. Sämtliche Antworten der HSU auf die Anfrage | |
wurden zuvor vom Verteidigungsministerium abgesegnet. | |
Warum der Campus genau jetzt zum militärischen Sicherheitsbereich erklärt | |
werden soll, will das Verteidigungsministerium aus „Sicherheitsgründen“ | |
nicht verraten. | |
27 Aug 2021 | |
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## AUTOREN | |
Finn Walter | |
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