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# taz.de -- Justizreform in Polen: Demos und Ärger mit der EU
> Tausende gehen in Polen gegen die Justizreform auf die Straße. Gefährdet
> ist auch die Zusammenarbeit mit der EU. Nun hat Präsident Andrzej Duda
> reagiert.
Bild: Warschau, 22. Juli: Demo gegen die Justizreform vor dem Obersten Gerichts…
WARSCHAU/HANNOVER afp/ap/dpa | Polens Präsident Andrzej Duda wird gegen die
umstrittene Justizreform der nationalkonservativen Regierung zum Obersten
Gericht und zum Landesrichterrat sein Veto einlegen. Das teilte das
Staatsoberhaupt am Montag in Warschau mit.
Damit reagiert Duda auf den Druck der Straße und die folgenschweren
Konsequenzen in der praktischen rechtlichen Zusammenarbeit mit den
EU-Staaten. Wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Montag
berichtet, wären nach dem Umbau des Rechtssystems zukünftig kaum noch
reguläre Auslieferungen und Amtshilfe bei Vollstreckungsmaßnahmen möglich.
Auf dem Spiel stehe die gesamte nachbarstaatliche Zusammenarbeit bei der
Strafverfolgung, nicht zuletzt auch die bisher nach EU-Recht praktizierte
grenzüberschreitende Strafverfolgung und die Auslieferung von Straftätern.
Der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, Jens Gnisa, sagte dem RND, das
System der Rechtshilfe erfolge im Vertrauen darauf, dass die beteiligten
Länder Rechtsstaaten seien.
„Sobald Polen aber kein Rechtsstaat nach dem gemeinsamen Verständnis der EU
mehr ist, dürften sich die anderen Mitgliedsstaaten sehr schwer tun, Polen
etwa bei der Strafverfolgung vorbehaltlos zu unterstützen“, sagte Gnisa.
Sofern einem Beschuldigten in Polen „kein faires, sondern ein von der
Regierung beeinflusstes politisches Verfahren droht, liefert die deutsche
Justiz ihn im Zweifelsfall eher nicht aus“.
Polen sei dabei, sich durch die Justizreform in der EU-Rechtsgemeinschaft
zu isolieren. Insbesondere der europäische Haftbefehl erscheint nach
Einschätzung der Fachleute zukünftig im Zusammenspiel mit Polen nicht mehr
reibungslos praktikabel. Polen ist bei den europäischen
Auslieferungsersuchen besonders rührig, Hauptadressat bei der Erfüllung
eines europäischen Haftbefehls ist dabei die Bundesrepublik.
## Oberste Gerichtshof unter Regierungskontrolle
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte dem Redaktionsnetzwerk: „Die
Eingriffe in die Unabhängigkeit der Justiz gefährden Rechtsstaatlichkeit
und Gewaltenteilung.“ Dem könne die EU „nicht tatenlos zusehen“.
Die nationalkonservative Regierung verfolgt mit einer Reihe von Gesetzen
das Ziel, ihren Einfluss auf die Justiz des Landes zu vergrößern. Unter-
und Oberhaus hatten Ende der Woche einen Gesetzentwurf verabschiedet, mit
dem der Oberste Gerichtshof des Landes unter Regierungskontrolle gestellt
werden soll.
Der umstrittene Entwurf muss nur noch von Präsident Andrzej Duda
unterzeichnet werden. Unter anderem soll das von der Regierungspartei PiS
beherrschte Parlament künftig auch über die Besetzung des Landesrichterrats
entscheiden.
## „Freiheit, Gleichheit, Demokratie!“
Zum achten Mal in Folge sind in ganz Polen Demonstranten aus Protest gegen
die umstrittene Justizreform auf die Straße gegangen. Menschen schwenkten
am Sonntag polnische und EU-Flaggen vor dem Präsidentenpalast und später
vor dem Obersten Gerichtshof in Warschau. Sie riefen Präsident Andrzej Duda
auf, drei Gesetzentwürfe nicht zu unterzeichnen, die unter anderem das
höchste Gericht des Landes und andere Institutionen der Justiz unter die
Kontrolle der nationalkonservativen Regierungspartei stellen würden.
Die Protestierenden sangen Slogans wie „Verfassung!“ und „Freiheit,
Gleichheit, Demokratie!“. Auch in Krakau, Breslau und anderen polnischen
Städten kam es zu Demonstrationen, Menschen gingen ebenfalls in Paris,
Brüssel und London auf die Straßen.
Die Gesetzentwürfe gingen in den vergangenen Tagen schnell durch beide
Kammern des Parlaments, lediglich Dudas Unterschrift wird noch benötigt,
damit die Justizreform in Kraft tritt. Sie sieht unter anderem vor, dass
die derzeitigen Richter am Obersten Gericht sofort entlassen werden und
deren Ersatz vom Justizminister bestimmt wird.
24 Jul 2017
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