# taz.de -- Rohstoffförderung in Norwegen: Das „weltweit sauberste“ Öl | |
> Erstmals ist in Norwegen eine Mehrheit dafür, die Ausbeutung der | |
> Ölvorräte zu begrenzen. Greenpeace & Co. sprechen von einer Trendwende. | |
Bild: Nicht mehr so beliebt: Ölplattform vor der norwegischen Küste | |
STOCKHOLM taz | Mehr als 1.000 TeilnehmerInnen lockte ein Volksfest an, zu | |
dem die „Volksaktion für ölfreie Lofoten“ nach Svolvær und Kabelvåg gel… | |
hatte. Eine jährlich stattfindende Veranstaltung, bei der es diesmal einen | |
besonderen Grund zum Feiern gab: Die UmweltschützerInnen, die dagegen | |
kämpfen, dass von der Offshore-Ölförderung bislang noch verschonte Gebiete | |
vor der norwegischen Atlantikküste für die Ölkonzerne geöffnet werden, | |
konnten sich freuen, erstmals eine Mehrheit der Bevölkerung hinter sich zu | |
wissen. Nach einer Umfrage wollen 44 Prozent – bei den Norwegerinnen allein | |
52 Prozent – die Ölförderung des Landes einschränken. | |
Von einer „Trendwende“ spricht Truls Gulowsen, Vorsitzender von Greenpeace | |
Norwegen: „Das zeigt, dass sich die Meinung in Norwegen ändert. Immer mehr | |
sehen ein, dass unser Öl und Gas ein Klimaproblem sind – und nicht nur die | |
der anderen Länder.“ | |
Tatsächlich versucht sich die Regierung in Oslo nämlich in einer | |
unmöglichen Doppelrolle. International will man Klimaschutzvorbild sein und | |
an der Spitze im Kampf gegen den Klimawandel gesehen werden, gleichzeitig | |
aber den Beitrag des eigenen Landes, des nach Russland größten Öl- und | |
Gasförderlands Europas, beibehalten und möglichst noch ausbauen. | |
Das Klimaabkommen von Paris sei kein Grund, die Förderung zu begrenzen, | |
meint Karl Eirik Schjøtt-Pedersen, Direktor der Branchenorganisation „Norsk | |
olje og gass“. Die Welt sei noch lange auf Öl und Gas angewiesen und die | |
norwegische Förderung sei geradezu eine Klimawohltat, weil sie „die | |
weltweit sauberste“ sei, bei der am wenigsten CO2 freigesetzt werde. | |
## „Die Bevölkerung ist jetzt progressiver als die Politik“ | |
Doch die Statistiken dazu sind höchst umstritten und im Zusammenhang mit | |
Ölförderung überhaupt von „sauber“ zu sprechen sei irreführend, betont … | |
Einar Rosendahl, Professor für Umwelt- und Energieökonomie an der NMBU in | |
Ås. Und wenn sich Schjøtt-Pedersen „nach 50 fantastischen Jahren | |
norwegischer Ölförderung 50 weitere fantastische Jahre“ erhofft, konnte er | |
auf die Regierung in Oslo zählen. Egal ob diese konservativ oder | |
sozialdemokratisch geführt war, lautete das Argument stets: Wenn wir es | |
nicht machen, machen das eben die anderen, und ansonsten gehen | |
Arbeitsplätze und Einkommen flöten. | |
Dass sich immer weniger NorwegerInnen damit zufriedengeben, bewertet | |
Gulowsen als „fantastisch“. Auch Ingrid Skjoldvær, Vorsitzende der | |
Umweltschutzorganisation „Natur og Ungdom“, die auf den Lofoten ein | |
Protestlager gegen die Erschließung neuer Ölfelder veranstaltet, freut | |
sich: „Die Bevölkerung ist jetzt progressiver als die Politik. Sie hat | |
verstanden, dass wir uns umstellen müssen, und je kontrollierter wir das | |
angehen, desto besser für uns alle.“ | |
Wäre Norwegen eine Aktiengesellschaft, hätten die Aktionäre wegen der | |
umfassenden Exponiertheit der fossilen Energie schon lange Krach | |
geschlagen, Rechenschaft gefordert und eine Divestmentstrategie verlangt, | |
meint auch Lars-Henrik Paarup Michelsen, Direktor des Thinktanks | |
„Norwegische Klimastiftung“. | |
Bei den Parlamentswahlen am 11. September können die NorwegerInnen ein | |
Zeichen setzen. Die drei großen Parteien, Sozialdemokraten, Konservative | |
und Rechtspopulisten, wollen den letzten Tropfen aus den Ölfeldern | |
herausholen. Fünf links-grüne und liberale Parteien plädieren dagegen für | |
den Stopp oder zumindest die Beschränkung neuer Förderkonzessionen. | |
7 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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