# taz.de -- Klage in Australien: Neue Waffe im Klimakampf | |
> Erstmals wird eine Bank verklagt, weil sie nicht offenlegt, wieviel Geld | |
> sie in fossile Energien steckt. Das könnte auch in Deutschland passieren. | |
Bild: Folge des Klimawandels? Buschbrände in Südostaustralien | |
BERLIN taz | Das Ehepaar Kim und Guy Abrahams aus Melbourne in Australien | |
könnte sich einen Platz in der Geschichte des Klimaschutzes gesichert | |
haben. Die beiden sind seit mehr als zwanzig Jahren Aktionäre der | |
Commonwealth Bank of Australia. Am Dienstag reichte das Paar Klage beim | |
australischen Bundesgerichtshof ein, weil die Bank in ihrem jüngsten | |
Geschäftsbericht ein Risiko verschweige – den Klimawandel. | |
Am Mittwoch gab das Gericht bekannt, dass es die Klage akzeptiert. Es sei | |
damit weltweit das erste Mal, dass sich eine Bank vor Gericht verantworten | |
muss, weil sie Klimarisiken nicht in ihrer Bilanz offenlegt, sagt David | |
Barnden, der als Anwalt bei der Umweltorganisation Environmental Justice | |
die Abrahams vertritt. | |
Die Forderung: Die Bank soll angeben, wie viel Geld sie in fossile | |
Energieträger investiert – etwa in die umstrittene Carmichael-Kohlemine in | |
Queensland. Solche Anlagen könnten wegen des internationalen Klimaschutzes | |
wertlos werden und stellen somit ein finanzielles Risiko für die Bank dar, | |
so die Argumentation. Außerdem müsse die Bank ermitteln, wo Stürme oder ein | |
steigender Meeresspiegel etwa Immobilien zerstören könnten, in die sie | |
investiert hat. | |
„Dieser Fall ist von großer öffentlicher Bedeutung, weil sich andere Länder | |
ein Beispiel daran nehmen können, wie Klimarisiken von Unternehmen adäquat | |
dargestellt werden“, sagt Anwalt Barnden am Telefon. Er stützt die Klage | |
auf die allgemeine Pflicht von Unternehmen, auf Risiken hinzuweisen. Ein | |
Urteil ist frühestens in einem Jahr zu erwarten. | |
Als politisches Signal ist die Klage auch bedeutend: Regulierungsbehörden | |
weltweit drängen Banken und Versicherer darauf, Klimarisiken in ihren | |
Bilanzen klarer abzubilden – damit können sich Investoren von Firmen | |
verabschieden, die zu viel Geld in fossile Energieträger stecken. | |
## Deutschland steht dabei noch am Anfang | |
Im Februar hat die australische Finanzaufsicht APRA angekündigt, Banken und | |
Versicherer müssten den Klimawandel als „wesentliches Risiko“ für ihre | |
Geschäfte anerkennen. Vorstände könnten sonst persönlich verantwortlich | |
gemacht werden. Eine Arbeitsgruppe der G20-Staaten hat Standards | |
erarbeitet, wie diese Risiken konkret in den Bilanzen darzustellen sind. | |
Ende Juli haben sich auf UN-Ebene Aufsichtsbehörden mehrerer Länder bereit | |
erklärt, die Regeln für Versicherer einzuführen. Klagen wie in Australien | |
könnten also nur ein Vorbote einer längeren Entwicklung sein, an deren Ende | |
fossile Energien als Finanzrisiko gelten. | |
Deutschland steht dabei noch am Anfang. Eine Berichtspflicht für durch | |
Klimaschutzmaßnahmen gefährdete Geldanlagen gibt es nicht. Allerdings | |
müssen Unternehmen Risikoberichte vorlegen. Sollte es etwa ein Gesetz zum | |
Kohleausstieg geben, muss das als Risiko genannt und bewertet werden. Aber | |
ab wann muss ein Unternehmen seine Investoren vor Wertverlusten warnen, | |
wenn es, wie aktuell, nur eine allgemeine Debatte über einen Kohleausstieg | |
gibt? Und könnten Aktionäre klagen, wenn die Risiken nicht adäquat | |
dargestellt sind? | |
Das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland hält das momentan für | |
nicht ausgeschlossen. Der Fall in Australien lasse sich nicht einfach auf | |
Deutschland übertragen. Allerdings beobachten die Wirtschaftsprüfer die | |
Diskussionen über Klimarisiken in Unternehmensbilanzen genau. Denn seit | |
Beginn des Geschäftsjahres 2017 müssen große Unternehmen in Europa | |
sogenannte nichtfinanzielle Berichte vorlegen. | |
Darin müssen sie nach einheitlichen Standards offenlegen, welche Risiken | |
von ihrem Unternehmen auf andere und die Gesellschaft ausgeht – etwa durch | |
Umweltschäden. Vorsätzlich falsche Angaben in diesen sogenannten | |
CSR-Berichten könnten eine Straftat darstellen und Vorstände und | |
Aufsichtsräte mit Geldbußen oder Haftstrafen belangt werden. Sollte das zu | |
einem Wertverlust der Unternehmen führen, könnten Aktionäre versuchen, | |
Schadenersatz einzuklagen. | |
9 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
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