# taz.de -- Streit um Ölborungen vor Schleswig-Holsteins Küste: Habeck dreht … | |
> Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck will Öl-Probebohrungen d | |
> im Wattenmeer untersagen. | |
Bild: Deutschlands größte Erdölförderstätte: Die Bohrplattform Mittelplate… | |
HAMBURG taz |Robert Habeck will die Ausweitung der Erdölförderung im | |
Nationalpark Wattenmeer verhindern. Entsprechende Anträge des | |
Energieunternehmens Deutsche Erdöl AG (DEA) aus Erkundungsbohrungen im | |
Wattboden seien „nicht genehmigungsfähig“, erklärte Schleswig-Holsteins | |
grüner Umwelt- und Energieminister vor dem Umweltausschuss des Landtages in | |
Kiel. Sprengungen, Bohrungen und sonstige Eingriffe in das Wattenmeer seien | |
nach dem Nationalparkgesetz „grundsätzlich verboten“, so Habeck. | |
Damit untermauert der Star der Nordgrünen seine erklärte Absicht, die | |
Erdölförderung im Wattenmeer zu beenden. Zurzeit kämpft er zudem um die | |
Spitzenkandidatur der Grünen bei der Bundestagswahl 2017, und da ließe sich | |
ein aktueller praktischer Erfolg als Umweltminister gegen ein | |
Erdölunternehmen gut verkaufen. | |
Zugleich aber begibt Habeck sich auf juristisches Neuland: Die bisherige | |
Förderkonzession wurde nach dem Bundesbergrecht erteilt, Habeck indes will | |
den Vorrang des Landesnationalparkgesetzes durchsetzen. Deshalb droht ein | |
jahrelanger Rechtsstreit – währenddessen allerdings keine Probebohrungen | |
erfolgen dürften. | |
Seit 1987 fördert die DEA auf der Sandbank Mittelplate nördlich der | |
Elbmündung nach Erdöl, seit 2015 wird die ehemalige Tochter des | |
Energiemultis RWE vom russischen Oligarchen Michail Fridmann kontrolliert. | |
Gut 30 Millionen Tonnen hat die DEA im größten Ölfeld Deutschlands bereits | |
gefördert, noch mal 20 Millionen Tonnen werden in weiteren Vorkommen | |
vermutet, die durch vier Probebohrungen erschlossen werden sollen. „Wenn | |
das wirtschaftlich sinnvoll ist, werden wir das Öl auch fördern“, | |
bestätigte ein DEA-Sprecher schon im März gegenüber der taz die Pläne. | |
Drei Bohrstellen befinden sich in unmittelbarer Nähe zur Mittelplate im | |
Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer, die vierte liegt südlich | |
der Elbmündung im niedersächsischen Wattenmeer. Beide Nationalparks wie | |
auch der hamburgische Anteil sind seit 2011 von der Unesco als | |
Weltnaturerbe anerkannt, für die Ölförderung auf Mittelplate indes gibt es | |
Ausnahmeregelungen. Bis Ende 2041 darf der Ölkonzern dort im Grundsatz noch | |
fördern, neue Bohrungen müssen aber genehmigt werden. | |
Und eben hier will Habeck den Hebel ansetzen. Er beruft sich auf ein | |
aktuelles Rechtsgutachten im Auftrag seines Ministeriums, wonach das | |
Nationalparkrecht keine Ausnahmen oder Befreiungen für Probebohrungen | |
zulasse. Damit werde das „komplexe Zusammenspiel“, so Habeck, „zwischen | |
Fragen des Bergrechts und des Nationalparkrechts“ neu zu bewerten sein. Im | |
vorliegenden Fall nämlich, so Habeck, „kommen beide zum Tragen“. | |
Und hier wird es juristisch kniffelig: Bisher wurden Anträge auf | |
Ölförderung oder auch Fracking nach dem Bundesbergrecht vom | |
niedersächsischen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) | |
beschieden, Naturschutzgesetze eines Bundeslandes waren da unerheblich. | |
Zugleich ist die Frage ungeklärt, wie tief ein Nationalpark ist: Die | |
Probebohrungen sollen von Land schräg unter den Wattboden vorgenommen | |
werden – ist das da unten überhaupt noch Nationalpark? | |
Die DEA beharrt deshalb auf dem Vorrang des Bergrechts, auf dessen Basis | |
die LBEG bislang alle Anträge entschieden habe, teilte das Unternehmen mit. | |
„Eine vorsorgliche Versagung einer Erlaubnis im Vorgriff auf die | |
eigentlichen Genehmigungsverfahren sieht das Berggesetz nicht vor.“ Beifall | |
hingegen erhält Habeck von Greenpeace, das im März mit einer Aktion auf der | |
Mittelplate gegen die Förderpläne protestiert hatte. „Das ist ein Erfolg | |
für das Wattenmeer“, kommentiert Greenpeace-Ölexperte Jörg Feddern: „Jede | |
Bohrung könnte dieses wertvolle Ökosystem zerstören.“ | |
20 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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