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# taz.de -- Ölbohrpläne im Wattenmeer: Millionen unter dem Schlick
> Erst vor drei Monaten wurde in einer niedersächsischen Ölförderstätte ein
> Leck entdeckt. Nun will der gleiche Konzern im Wattenmeer Öl fördern.
Bild: Hat angeblich noch nie einen Tropfen Öl ins Wattenmeer vergossen: Bohrin…
Göttingen taz | Erst vor drei Monaten hat der größte deutsche Öl- und
Gaskonzern Wintershall Dea reichlich [1][negative Schlagzeilen] produziert.
Ende Juli war nämlich bekannt geworden, dass durch ein defektes Rohr an
einer Bohrstelle des Unternehmens in Emlichheim im niedersächsischen Kreis
Grafschaft Bentheim bis zu 220 Millionen Liter giftiges Lagerstättenwasser
ausgetreten sind. Jetzt sorgt Wintershall Dea mit neuen Bohrplänen in
Emlichheim und im Wattenmeer für Diskussionen.
In der Nordsee, am südlichen Rand des Nationalparks
Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und sieben Kilometer von der
Dithmarscher Küste entfernt, betreibt Wintershall Dea die [2][Ölplattform
Mittelplate]. Dort hatten Probebohrungen in den 1960er Jahren erste
Hinweise auf Ölvorkommen gebracht.
Inzwischen ist Mittelplate das größte bekannte Ölfeld Deutschlands. Rund 35
Millionen Tonnen Öl wurden bereits gefördert. Aus Sicht von Wintershall Dea
können noch weitere 15 Millionen Tonnen mit vertretbarem technischen
Aufwand – und gewinnbringend – herausgeholt werden. Die aktuelle
Bohrgenehmigung für das Unternehmen gilt bis zum Jahr 2041.
Jetzt will Wintershall Dea eine neue Bohrung niederbringen – eine
sogenannte Horizontalbohrung. Damit will man, wie das Unternehmen sagt,
auch den letzten Zipfel der Lagerstätte erreichen. Der dafür ins Auge
gefasste Bereich geht allerdings leicht über das Genehmigte hinaus.
## Umweltminister sind dagegen
Landesumweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) positioniert sich bisher
gegen das bislang noch nicht veröffentlichte Vorhaben. Es sei nicht
vereinbar mit dem Nationalparkgesetz, das weitere Bohrungen verbiete. Das
„Gesetz zum Schutz des schleswig-holsteinischen Wattenmeeres“ wurde 1985
vom Landtag beschlossen und seitdem mehrfach novelliert.
Das [3][Nationalparkgesetz] greife hier gar nicht, argumentiert hingegen
Wintershall Dea. Die Bohrung finde in mehr als 2.000 Metern Tiefe statt,
die Oberfläche sei gar nicht betroffen. Und überhaupt sei seit 32 Jahren
von der Mittelplate kein einziger Tropfen Öl ins Wattenmeer gelangt.
Andererseits ist jedoch klar, dass ein Ölunfall kaum beherrschbare Folgen
für das einzigartige Ökosystem mit sich bringen würde.
Eine etwas knifflige Situation also. Albrecht will über den Antrag jetzt
mit dem zuständigen Landesbergamt diskutieren. Das sitzt im
niedersächsischen Clausthal-Zellerfeld, die Behörde ist für die
Küstenländer Niedersachsen, Bremen, Schleswig-Holsteinund Hamburg sowie für
die Küstengewässer zuständig. Nach Ansicht von Greenpeace kann Albrecht den
Antrag aber auch einfach ablehnen. Eine Anfrage der taz dazu ließ das
Umweltministerium bis zum Wochenende unbeantwortet.
Auch aus der Piratenpartei kommt Kritik an dem Vorhaben von Wintershall
Dea. Der frühere Kieler Landtags- und jetzige Europaabgeordnete Patrick
Breyer sagt: „Im Wattenmeer Öl zu fördern, ist unverantwortlich. Die
Ölförderung im Wattenmeer auszuweiten, ist hochriskant und klimaschädlich.“
Er verstehe nicht, dass Albrecht darüber erst mit dem Bergamt diskutiere.
Der Umweltminister stehe in der Verantwortung, diese Pläne zu stoppen. Als
„Sofortmaßnahme“ müsse das Umweltministerium den bisher geheimen Antrag
„proaktiv öffentlich machen“, verlangt Breyer. Dann könnten
Umweltorganisationen das Vorhaben prüfen und die Konsequenzen abschätzen.
Albrechts niedersächsischer Amtskollege Olaf Lies (SPD) erteilte
unterdessen allen Bestrebungen, Erdöl oder Erdgas im Nationalpark
Wattenmeer zu fördern, eine klare Absage. In einem Nationalpark, der
zugleich als Weltnaturerbe anerkannt sei, könne es auch in Zukunft keine
Förderung geben, sagte Lies am Freitag: „Wir in Niedersachsen wollen keine
Erdgas- oder Erdölförderung auf dem Gebiet eines Weltnaturerbes. Der
Nationalpark ist und bleibt ein Vorranggebiet für die Natur.“
Gleichzeitig plant Wintershall Dea im niedersächsischen Erdölfeld
Emlichheim nach Angaben der Grünen vier weitere Bohrungen. Die
Landesbergbehörde halte noch nicht einmal eine
Umweltverträglichkeitsprüfung für erforderlich, sagt die umweltpolitische
Sprecherin der Grünen im niedersächsischen Landtag, Imke Byl. Damit seien
weder Umweltfolgen-Prüfungen noch eine Öffentlichkeitsbeteiligung
vorgesehen.
Trotz aller anderslautenden Beteuerungen habe das CDU-geführte
Wirtschaftsministerium in Hannover aus der Riesen-Leckage in Emlichheim
offensichtlich nichts gelernt,sagt Byl. Es sei noch immer nicht vollends
aufgeklärt, ob und in welchem Umfang das Grundwasser in Folge der
durchrosteten Förderrohre in Emlichheim beeinträchtigt wurde – „und
trotzdem soll weitergebohrt werden wie bisher“.
SPD und CDU müssten ihre Blockadehaltung aufgeben und dem Gesetzesvorstoß
der Grünen für eine verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfung für alle
Öl- und Gasbohrungen zustimmen.
27 Oct 2019
## LINKS
[1] /Undichte-Oelbohranlage-in-Niedersachsen/!5614731
[2] /Oelbohrungen-im-Nationalpark/!5365258
[3] /Zehn-Jahre-Weltnaturerbe-Wattenmeer/!5602186
## AUTOREN
Reimar Paul
## TAGS
Umwelt
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Robert Habeck
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