| # taz.de -- TV-Doku über Fake-News und Hacker: Abbild der Cyberkrieg-Debatte | |
| > In 45 Minuten fasst „Infokrieg im Netz“ zusammen, was im Internet möglich | |
| > ist, um in die Politik einzugreifen. Es bleibt ein mulmiges Gefühl. | |
| Bild: Schön plakativ, diese Suche nach der Wahrheit | |
| Im Sommer 2015 verschaffen sich unbekannte Hacker Zugang zum Computernetz | |
| des Deutschen Bundestags. Über Phishing-Mails bringen sie MitarbeiterInnen | |
| dazu, ihnen die Kontrolle über ihre Rechner quasi freiwillig zu überlassen. | |
| Sie erbeuten so die Rechnerdaten mehrerer Abgeordneter, darunter | |
| wahrscheinlich auch Geheimdienstinformationen. Nur: Die große Leakwelle im | |
| Anschluss, die viele erwartet hatten, bleibt aus. Das schafft Unsicherheit. | |
| Die Informationen liegen irgendwo, bisher hat sie niemand ausgespielt. | |
| Warten die Drahtzieher also nur auf den richtigen Moment? Die | |
| Bundestagswahl rückt näher und es könnte sein, dass die Schmutzwäsche im | |
| Endspurt des Wahlkampfs ausgepackt wird. Aber wie? Und von wem? | |
| Die Dokumentation „Infokrieg im Netz“, Teil eines Themenabends zu Fake News | |
| im Ersten, spinnt ein Szenario von Möglichkeiten der politischen | |
| Manipulation im Netz. Darin kommt alles vor, was das Internet derzeit an | |
| Beunruhigendem zu bieten hat. Das 45-minütige Feature von Rechercheur Peter | |
| Onneken und Drehbuchautorin Diana Löbl beginnt mit dem Parlamentshack im | |
| Jahr 2015 und bewegt sich von dort aus rasant durch das bisher bekannte | |
| Spektrum von Netzphänomenen rund um Information. | |
| Vom Beschaffen vertraulicher Informationen (Hacking), über den möglichen | |
| Einsatz dieser Informationen (Fake-News-Kampagnen), über die Frage, wer | |
| daran ein Interesse haben könnte (Russland), bis hin zu den Resonanzräumen | |
| von Falschinformationen (Echokammern). | |
| ## Alles wird zack, zack hintereinander abgehandelt | |
| Diese Phänomene hängen zweifellos alle miteinander zusammen – sind aber für | |
| sich schon ein Gegenstand, bei dem vieles umstritten ist, und der | |
| eigentlich Zeit für kritische Beleuchtung bräuchte. Mit einer Optik, die an | |
| Agentenserien erinnert, und der dramatischen Hintergrundmusik macht die | |
| Doku beim Anschauen großen Spaß. Der gewisse Real-Life-Gruselfaktor ist | |
| spannend. Aber weil viele äußerst unterschiedliche Themen in 45 Minuten | |
| gepresst werden, leidet die Differenzierung. Das Einordnen fällt weg, die | |
| Dokumentation gerät ins Alarmistische. | |
| „Ursprünglich hatten wir überlegt, einen Film nur über Fake News zu | |
| machen“, sagt Autor Peter Onneken. „Wir haben uns dagegen entschieden, um | |
| nicht den Eindruck zu erwecken, Fake News seien das Hauptproblem.“ Und so | |
| wird alles zack, zack hintereinander abgehandelt: der Hackerangriff auf | |
| Hillary Clintons Wahlkampfmanager John Podesta im Frühjahr 2016 und die | |
| mysteriöse russische Hackergruppe APT28, die wahrscheinlich dahintersteckt. | |
| Wer ist diese Gruppe und steht sie wirklich im Dienst der russischen | |
| Regierung, oder sind auch andere Motivationen denkbar? | |
| Keine Zeit, wir müssen weiter, in Sankt Petersburger Trollfabriken sitzen | |
| bezahlte TexterInnen und stören gezielt politische Diskussionen in den | |
| Sozialen Medien. Weiter. Fake News verbreiten sich in (vorwiegend) rechten | |
| Echokammern, wir besuchen die Faktenfinder-Redaktion der „Tagesschau“. | |
| Weiter. [1][Die Linguistin Elisabeth Wehling] erklärt, warum populistische | |
| Botschaften besser haften bleiben als differenzierte – aber auch sie kommt | |
| nur kurz zu Wort, denn [2][Datenexperte Simon Hegelich] muss noch etwas | |
| über Social Bots erzählen. Obendrauf kommt fünf Minuten vor Schluss noch | |
| Microtargeting, also zielgruppenspezifische Werbung im Netz. Nicht, dass | |
| auch nur ein einziges der angesprochenen Netzphänomene verharmlost werden | |
| sollte. | |
| Hacks können selbstverständlich gewaltigen Schaden anrichten. Fake News | |
| haben reale Konsequenzen für die Betroffenen, wie das Beispiel des Syrers | |
| Anas Modamani zeigt, dessen Bild weiterhin im Netz im Zusammenhang mit | |
| Terrorverleumdungen kursiert. Filterblasen sorgen im besten Fall für eine | |
| Verzerrung der politischen Debatte, im schlimmsten für die Polarisierung | |
| der Gesellschaft. | |
| ## Eine genaue Einordnung kommt zu kurz | |
| Und natürlich, natürlich hängt alles davon irgendwie miteinander zusammen. | |
| Aber wie genau und in welchem Ausmaß die einzelnen Strategien wirken, | |
| darüber besteht durchaus noch Uneinigkeit. [3][Behauptungen], nach denen | |
| Microtargeting Wahlen maßgeblich beeinflusst, sind umstritten. Oder: Haben | |
| Fake News tatsächlich Hillary Clinton den Wahlsieg gekostet? | |
| [4][WissenschaftlerInnen bezweifeln das]. | |
| Und schließlich: Was genau ermöglicht der Einsatz von Social Bots oder | |
| Trollarmeen? Den Diskurs zu stören und zu verzerren? Wahrscheinlich. Ihn | |
| nach eigenen Vorstellungen zu formen? Wohl kaum. „Wie sich das im Einzelnen | |
| auswirkt, darüber kann man momentan keine seriösen Aussagen machen“, so | |
| Onneken. „Dazu fehlt einfach die Wirkungsforschung.“ „Es ist aber klar, | |
| dass alle diese Aspekte einen Einfluss haben“, so Autorin Diana Löbl. „Was | |
| wir darstellen wollten, ist die Verunsicherung, die daraus resultiert.“ | |
| Die Doku liefert einen Überblick über das, was im Netz mittlerweile möglich | |
| ist, um in politische Debatten oder den Politikbetrieb einzugreifen. Nichts | |
| davon ist an sich falsch. Aber eine genauere Einordnung der einzelnen | |
| Phänomene kommt zu kurz. | |
| So verschwimmen die Proportionen und anstatt Wissen bleibt vor allem ein | |
| mulmiges Gefühl. Aber vielleicht ist die Debatte über den Cyberkrieg damit | |
| eben gerade perfekt abgebildet. | |
| 31 Jul 2017 | |
| ## LINKS | |
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| [2] /!5337164/ | |
| [3] /!5359725/ | |
| [4] http://news.stanford.edu/2017/01/18/stanford-study-examines-fake-news-2016-… | |
| ## AUTOREN | |
| Peter Weissenburger | |
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