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# taz.de -- Krise der deutschen Photovoltaik: Gnadenfrist für Solarworld
> Ein Investor aus Katar könnten den letzten Solaranlagenbauer Deutschlands
> retten. Der Preis wäre ein drastischer Personalabbau.
Bild: Rettung aus der Insolvenz? Bei Solarworld droht das Licht auszugehen
Dresden taz | Kurz vor Auslaufen des Insolvenzgeldes Ende Juli erhält der
Hersteller für Photovoltaikanlagen Solarworld AG eine letzte Chance. Der
vorläufige Insolvenzverwalter Horst Piepenburg verhandelt nach eigenem
Bekunden mit einer Investorengruppe, die Grundstücke und Produktionsanlagen
an den beiden Standorten in Arnstadt/Thüringen und Freiberg/Sachsen
übernehmen will.
Nach verlässlichen Informationen aus der Belegschaft soll es sich dabei um
Unternehmer aus Katar handeln, die bislang schon Anteile an Solarworld
hielten. Die Investoren wollen die Belegschaft noch bis Mitte August
finanzieren, dann allerdings nur 450 der zuletzt noch 1.850 Beschäftigten
übernehmen.
Der letzte verbliebene große Hersteller von Solaranlagen in Europa hatte im
Mai seine Zahlungsunfähigkeit anmelden müssen. Am 1. August müsste das
offizielle Insolvenzverfahren beginnen, verbunden mit Massenentlassungen.
Als Grund für die Schwierigkeiten des Konzerns wird die subventionierte
Billigkonkurrenz aus China angegeben. „Unsere Herstellungskosten sind aber
gar nicht so viel höher als die der Chinesen“, entgegnet
Arbeitnehmervertreter Alexander Richter. In Fernost lägen aber die
Gewinnmargen nur bei 3 Prozent, während hier weit mehr erwartet werde.
Kritik gab es auch am Konzept, das zu wenig auf Komplett- und
Verbundlösungen mit Speichertechnik setzte. Noch vor der Insolvenz hatte
Solarworld das Betriebsprogramm gestrafft und sich auf sieben
Standardprodukte konzentriert.
## Kompetenzverlust in einer Schlüsselindustrie
Bereits Ende Mai hatte der Sächsische Landtag leidenschaftlich, aber
fruchtlos über das Schicksal von Solarworld debattiert. Insbesondere der
Grünen-Abgeordnete Gerd Lippold wies eindringlich darauf hin, dass hier der
„endgültige Verlust europäischer Kompetenz in einer Schlüsselindustrie
droht“. Solarworld sei das letzte Unternehmen, das noch über Kompetenzen in
der gesamten Wertschöpfungskette „vom Rohstoff bis zum Solarkraftwerk“
verfüge. Die sächsische Staatsregierung, aber auch die EU stünden deshalb
in besonderer Verantwortung.
In ähnlicher Intention, aber vor allem besorgt um mehr als tausend
Arbeitsplätze, hatte die Linke für den gestrigen Donnerstag eine
Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses im Landtag beantragt. Die brachte
außer einer Bürgschaftszusage für ein Nachfolgeunternehmen durch
Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) nichts Konkretes. Für die CDU, die
noch in den 1990er Jahren mit hohen Subventionen Hochtechnologie-Investoren
nach Sachsen lockte, wandte sich Wirtschaftspolitiker Frank Heidan gegen
die Illusion, der Staat könne angeschlagene Unternehmen retten.
Auf Einladung der Linken-Abgeordneten Jana Pinka gab es am Rande der
Ausschusssitzung Gespräche mit Betriebsrat und Mitarbeitern.
Betriebsratsvorsitzende Anke Martin-Heede gibt sich verhalten optimistisch
für die Zeit nach dem 15. August. Die Anteilseigner aus Katar genießen in
Freiberg einen guten Ruf.
Große Hoffnung setzen alle auf eine Transfergesellschaft für die zu
entlassenden 1.200 Mitarbeiter in Bonn, Freiberg und Arnstadt, an der sich
der Freistaat aber nicht beteiligen wird. Da intern nicht mit einer
Fortführung, sondern einer formalen Neugründung gerechnet wird, könnten die
Experten im Erfolgsfall nach und nach wieder eingestellt werden.
27 Jul 2017
## AUTOREN
Michael Bartsch
## TAGS
Solarworld
Photovoltaik
Katar
Sachsen
Subventionen
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China
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