# taz.de -- Kolumne „Mithulogie“: Je suis un*e travailleur du sexe! | |
> Das Prostituiertenschutzgesetz ist eine Katastrophe. Also lasst uns aus | |
> Solidarität mit den SexarbeiterInnen alle Hurenpässe beantragen! | |
Bild: Ist besser so | |
Liebe Liebhaber*innen von Menschen und Rechten, vielleicht habt Ihr die | |
Nase bereits voll von Kritik an dem neuen Prostituiertenschutzgesetz. | |
Vielleicht seid Ihr auch Sexarbeiter*innen und wundert euch, warum die | |
Kritik so verhalten ausfällt. Keine Sorge, ich werde nicht die bekannten | |
Punkte wiederholen: | |
dass „Zwangsberatung“ ein Oxymoron ist, da Beratungen ebenso wie Therapien | |
nur dann helfen können, wenn sie freiwillig erfolgen; dass es eine | |
Datenschutzkatastrophe ist, wenn Sexarbeit nur noch mit „Hurenausweis“ | |
legal ist. Ich meine, ich habe einen Presseausweis, den ich regelmäßig alle | |
zwei Jahre zu verlängern vergesse, aber niemand verbietet mir deswegen, | |
diesen Text zu schreiben. Doch sogar wenn er geklaut (oder der Server der | |
Ver.di gehackt) würde, hätte ich danach keine Probleme mit Freund*innen, | |
Schwiegereltern oder Arbeitgeber*innen zu befürchten. Sexarbeiter*innen in | |
der Regel aber schon. Und wenn sie noch dazu aus Ländern kommen, in denen | |
Prostitution strafrechtlich verfolgt wird, könnte das dazu führen, dass sie | |
sicherheitshalber nie mehr in ihre Heimatländer reisen. | |
Und damit habe ich die Punkte natürlich doch wiederholt. Und warum auch | |
nicht? Das ProstSchutzgesetz verspricht schließlich auch Schutz, und keine | |
der Sexarbeiter*innen, die ich kenne, fühlt sich davon geschützt. Nun wird | |
mir gerne vorgeworfen, dass ich nur die 5 Prozent glücklichen | |
Sexarbeiter*innen kenne und nicht die 999 Prozent echten. Wer deutlich mehr | |
Sexarbeiter*innen kennt, sind die Fachberatungsstellen, und die | |
positionieren sich klar gegen das Gesetz. Amnesty International kritisiert | |
es als unvereinbar mit Menschenrechtsstandards. | |
Und in Berlin soll nun ein Runder Tisch Sexarbeit eingerichtet werden. | |
Ich liebe Runde Tische, seit sich 2010 an dem „Runden Tisch Prostitution | |
NRW“ Minister*innen, Beratungsstellen, Gleichstellungsbeauftragte, | |
Sexarbeiter*innen und Sexarbeitsgegner zusammengesetzt haben: Menschen, | |
denen niemand vorwerfen kann, sie wären die „Prostitutionslobby“, was ihnen | |
selbstredend dennoch vorgeworfen wurde. Was damals geschah, war | |
bemerkenswert. Es gab die Vereinbarung, andere Meinungen auch dann zu | |
dulden, wenn sie mit der eigenen so gar nicht kompatibel waren, und alle | |
hielten sich daran. Aber vor allem nahmen sie sich Zeit, einander zu | |
verstehen. Vier Jahre lang. Die Leiterin, Ministerialdirigentin Claudia | |
Zimmermann-Schwartz, sagte, bei ihr seien dadurch „innere Bilder | |
zersprungen“. Der Abschlussbericht ist differenziert, 96 Seiten lang und | |
wurde von der neuen Gesetzgebung schlicht ignoriert. | |
Als Akt des zivilen Widerstands regt Dona Carmen e. V. Sexarbeiter*innen | |
an, alle 11.000 deutschen Gemeinden als potenzielle Arbeitsplätze für den | |
„Hurenpass“ anzugeben und sich unter einem Künstlernamen – Vorschlag: Al… | |
Schwarzer – anzumelden. Ich möchte das erweitern, dass alle von uns, die es | |
sich leisten können, den Hurenpass aus Solidarität auch beantragen. Statt | |
„Je suis Charlie“, bis die Verfassungsbeschwerde gegen das ProstSchutzG | |
Erfolg hat: „Je suis un*e travailleur du sexe.“ | |
17 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Mithu Sanyal | |
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