# taz.de -- Kolumne Mithulogie: Das Piss-Manifest | |
> Ein Aufruf an alle Lad*ys und Cis-Genderas, an Femmes, Butches und | |
> Bitches: Verbessern wir die Welt! Und tun wir es in weiter Flur! | |
Bild: Wofür gibt es Büsche und Bäume? Nicht nur zum Fotografieren! | |
Anfang des Jahres sorgte ein [1][Artikel], den ich für die taz geschrieben | |
hatte, für einen Shitstorm (oder, wie ich solche sozialen Wetterphänomene | |
lieber bezeichne, für einen Sturm im www-dot-Glas). | |
Ich kommentierte die ganze Sache irgendwann im WDR sinngemäß: Wenn die | |
ganzen Scheißer* und Stürmer*innen ernsthaft befürchten, dass ein kleiner | |
Artikel von mir die Welt verändern könnte, möchte ich eine regelmäßige | |
Kolumne in der taz. Dieser Text ist also der Beweis, dass Magie | |
funktioniert. | |
Beginnen wir die Verbesserung der Welt mit der Blase. Nicht der | |
Filterblase, die uns alle darin bestärkt, dass unsere Ansichten richtig und | |
wichtig sind. Sondern mit der Blase, die uns darin bestärkt, nach der | |
nächsten Toilette Ausschau zu halten. Schließlich ist dies gleichzeitig der | |
Beginn des Frühlings mit seinen kühlen grünen Wiesen und es ist kein | |
Zufall, dass ein Synonym für Erleichterung „Ruf der Natur“ ist. | |
## Unser Raum | |
Nur ist diese Handlung, die wir alle vornehmen müssen, wenn wir nicht an | |
einer Wasservergiftung (ja, so etwas gibt es) sterben wollen, überraschend | |
gegendert – erst recht im öffentlichen Raum. | |
Deshalb ist dies ein Aufruf an alle Lad*ys und Cis-Genderas, an Femmes, | |
Butches und Bitches: Tut es in weiter Flur! | |
Flur im Sinne von Feld und Flur. Natürlich ist nicht gemeint, dass wir uns | |
ab jetzt in jeden Hauseingang hocken sollen. Zwar habe ich das Bouquet | |
bereits mit dem Vokabular von Whisky-Expert*innen beschrieben gehört, die | |
der Geruch an das volle Aroma von in Barriquefässern gereiften Tropfen | |
erinnerte, doch sollte man Urin ebenso wenig wie uisca beatha auf | |
gefliesten oder gepflasterten Boden vergießen. Wofür gibt es Büsche und | |
Bäume? In diesem Sinne: | |
1. Draußen zu pinkeln ist gut für die Umwelt. Im südafrikanischen Durban | |
wird Urin bereits in öffentlichen Toiletten getrennt aufgefangen und wegen | |
seines hohen Gehalts an Stickstoff, Phosphor und Kalium als Dünger | |
verwendet. Wo*men, verweigert der Vegetation nicht euren Fertiliser! | |
2. Draußen zu pinkeln ist gut für die Gesundheit. Einhalten erhöht nicht | |
nur die Gefahr von Harn- und Blaseninfektionen, sondern auch von | |
Nierensteinen. | |
3. Draußen zu pinkeln ist leichter für Menschen mit Mösen – und zwar bis | |
ins hohe Alter, da wir zwar auch eine Prostata haben, diese aber auch | |
vergrößert nicht auf unsere Harnröhre drückt. | |
4. Draußen zu pinkeln nannte meine Freundin Vera „Pipi mit Aussicht“. Die | |
Aussicht war in der Regel sie. Und das ist noch ein Vorteil für Menschen | |
mit Mösen, dass Exhibitionismus nur bei Männern strafbar ist. | |
Doch first and foremost: | |
5. Draußen zu pinkeln verlängert die Zeit, die Menschen, die sich als | |
Frauen identifizieren, im öffentlichen Raum verbringen können. Schon einmal | |
mit einer Freundin im Park gewesen und umkehren müssen, weil sie musste? | |
Quod erat demonstrandum. | |
Der Park gehört uns! Zumindest auch! | |
Piss-Tazien, Go Girls, selbst gefaltete Papiertrichter und | |
Pur-Pinkler*innen aller Völker, vereinigt euch! | |
3 Apr 2017 | |
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## AUTOREN | |
Mithu Sanyal | |
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