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# taz.de -- Kolumne „Mithulogie“: Mein Unterleib gehört mir?
> Hebammen und Sexarbeiterinnen leiden unter neuen Gesetzen. Welche Rolle
> spielen ihre Rechte im Bundestagswahlkampf?
Bild: Im Umkreis von 200 Metern Luftlinie von Friedhöfen ist Sexarbeit in Dres…
Es ist eine dieser Fragen, die sich nach Verschwörungstheorie anhören.
Warum sind die beiden Berufe, die in den letzten Jahren am meisten
gefährdet wurden: Hebamme* und Sexarbeiter*in?
Multiple Choice: Um wie viel Prozent hat sich die
Berufshaftpflichtversicherung für Hebammen seit 1981 erhöht?
A) 10 Prozent
B) 100 Prozent
C) 1.000 Prozent
D) 10.000 Prozent
Alle falsch, es sind über 20.000 Prozent. Weil irgendjemand ja das Risiko
einer Geburt tragen muss. Was liegt da näher, als dass das diejenigen tun,
die erwiesenermaßen dafür sorgen, dass Geburten in Deutschland immer
sicherer werden?
Dabei wird es natürlich nicht bleiben, da sich immer weniger Hebammen
leisten können, ihre Arbeit weiter zu machen und immer mehr aufgeben.
Deshalb berichten Zeitungen von einem neuen Trend: alleine Gebären.
## Zu Hause Daumen drücken
Etwas ist faul im Staate Deutschland, wenn sich Frauen entscheiden, ihre
Babys lieber ohne professionelle Hilfe auf die Welt zu bringen. Aber ganz
ehrlich, wenn ich zwischen Krankenhaus oder zu Hause mit meiner besten
Freundin wählen müsste, würde ich auch zu Hause bleiben und die Daumen
drücken.
Wie viele Sexarbeiter*innen nach Inkrafttreten des zynisch benannten
ProstSchutzGs noch weiter arbeiten können und um welchen Preis, werden wir
erst in den nächsten Jahren herausfinden. Neulich teilte ich einen Beitrag
auf Gesichtsbuch (andere soziale Medien sind ebenfalls verfügbar): „In
Stuttgart wird eine Prostituierte zu 333 Tagen Haft verurteilt, weil sie zu
arm ist, um die vom Staat verhängten Geldstrafen zu zahlen.“
Ich liebe Facebook, weil dort Menschen die offensichtlichen Fragen stellen,
wie: „Wofür soll die Frau denn eine Geldstrafe bezahlen?“ oder: „Soweit …
weiß ist Prostitution in Deutschland legal, wenn man sich an ein paar
Regeln hält.“
Stimmt. Das Problem ist nur, dass diese Regeln nahezu nicht einzuhalten
sind. Zumindest in Stuttgart, wo nach dem Motto „Im Rotlicht sollen die
Lampen ausgehen“ gerade massiv Bordelle geschlossen werden.
## Sex oder Babys
Oder in Dresden, wo die Sperrgebietsverordnung vorsieht, dass Sexarbeit im
Umkreis von 200 Metern Luftlinie von Einrichtungen für Kinder verboten ist,
sprich: in der Nähe von Kindergärten, Schulen, Tagesmüttern,
Jugendfreizeitstätten aber interessanterweise auch Altenheimen, Kirchen,
freikirchlichen Hinterhofgemeinden und – mein persönlicher Favorit –
Friedhöfen. Schließlich könnten die Toten sonst auf schlüpfrige Gedanken
kommen.
Darüber kann man schmunzeln – allerdings nur, wenn man kein*e
Sexarbeiter*in ist. So postete eine Bekannte: „Gestern erlebte ich, wie die
Leiterin eines anderen Studios in Tränen ausbrach, weil – sie war bisher
„sauber“ außerhalb des Sperrgebiets – sich kürzlich eine Tagesmutti mit…
Babys ein paar Straßen weiter niedergelassen hat.“
Sex oder Babys ist die falsche Frage. Denn sexuelle und reproduktive Rechte
bedeuten, die Möglichkeit zu habe, seine eigenen Entscheidungen zu treffen,
aber vor allem, Entscheidungsmöglichkeiten zu haben.
Dafür würde ich am Sonntag gerne wählen können.
17 Sep 2017
## AUTOREN
Mithu Sanyal
## TAGS
Sexarbeit
Hebammen
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Mithulogie
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taz-Serie Sexuelle Gewalt
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