| # taz.de -- Kolumne Mithulogie: Gender-Euphorie jetzt! | |
| > Einmal die „Times“ lesen – und so ein Gefühl für das doch sehr | |
| > merkwürdige Gefühl von Sicherheit bekommen, das andere Leute gerne haben. | |
| Bild: Die Lösung für britische Ängste? In Triest wird noch geschlechtergetre… | |
| Hello again lovely Germans, durch meinen Urlaub habe ich nicht nur die | |
| Sintflut verpasst, sondern auch die Kontroversen um das Online-Lexikon zu | |
| Antifeminismus mit dem konspirativen Namen Agent*in (Anti-Gender-Networks | |
| Information). Worüber man nicht sprechen muss, darf man schweigen und sich | |
| seine schwarze Sonnenbrille vor die Augen schieben. | |
| Stattdessen nutzte ich die Gelegenheit, aus meiner Filterbubble | |
| herauszuploppen und die Welt mit den Augen anderer zu sehen. Okay, mit den | |
| Augen der Autorinnen des Rupert-Murdoch-Blatts The Times, das es umsonst im | |
| Flugzeug gab. | |
| Nein, ich habe das * nicht vergessen, doch bei Gender müssen immer die | |
| Journalistinnen ran, so als hätten Journalisten kein Geschlecht und keinen | |
| Körper und wären ein neutrales: das Journalist. | |
| Und hier geht es um Gender mit großem G, den Gender Recognition Act 2004, | |
| also das Gesetz, das in Großbritannien regelt, unter welchen Bedingungen | |
| Menschen ihr zugewiesenes Geschlecht ändern dürfen, und 2004, weil es | |
| überhaupt erst seitdem legal möglich ist. Wenn auch mit großen Hürden, das | |
| soll jetzt reformiert werden, sodass Menschen nicht mehr wie bisher eine | |
| psychologische und medizinische Diagnose (Gender-Dysphoria) brauchen, | |
| sondern selbst erklären können, welchem Geschlecht sie sich zugehörig | |
| fühlen. Außerdem sollen in amtlichen Dokumenten die Fragen male/female | |
| wegfallen und, hui!, homosexuelle Männer ebenfalls Blut spenden dürfen – | |
| drei Monate nach ihrem letzten Geschlechtsverkehr. | |
| ## Progressives Brexitannien | |
| So viel Progressivität hätte ich Brexitannien gar nicht zugetraut. Und die | |
| Times offensichtlich auch nicht. Kolumnistin Janice Turner beschwert sich, | |
| welche Auswirkungen das auf die 30 Millionen Britinnen haben würde, auf | |
| ihre Sicherheit, Privatsphäre und interessanterweise: Sport. | |
| Nun bin ich keine Britin, doch ist es für mein Gefühl von Sicherheit | |
| brause, welchen Geschlechtseintrag Leute in ihrer Geburtsurkunde haben. | |
| Ganz im Gegenteil glaube ich fest daran, dass glückliche Menschen weniger | |
| gefährlich sind. (Ich hoffe, das ist jetzt nicht diskriminierend gegenüber | |
| unglücklichen Menschen.) | |
| Hinter Turners Sorge steckt die Vorstellung, dass sich Männer schnell eine | |
| weibliche Geburtsurkunde besorgen, um dann in Umkleidekabinen ahnungslose | |
| Frauen vergewaltigen zu können. Das ist keine Unterstellung meinerseits, | |
| sondern eine Zusammenfassung der Debatte, die die Gesetzesänderung in den | |
| Traditionsmedien bis hin zu Webseiten wie Mumsnet ausgelöst hat – und so | |
| weit von jeglicher Realität entfernt, dass man wünscht, es gäbe eine | |
| Aufklärung für die ganzen kruden Vorstellungen von Gender. | |
| Und als ich nach Hause kam, wartete ebendiese Aufklärung in meinem | |
| Briefkasten, in Gestalt der Broschüre „Gender raus“, die das | |
| Gunda-Werner-Institut, die Böll- und die Luxemburg-Stiftung zusammen mit | |
| der Agent*in herausgegeben hatten und die in dem ganzen Ärger ein wenig | |
| untergegangen war. Darin stellt Franziska Schutzbach die zwölf zentralen | |
| Kritikpunkte an Gender richtig. Happy Holidays und mehr Mut zur | |
| Gender-Euphorie! | |
| 7 Aug 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Mithu Sanyal | |
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