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# taz.de -- Serbisches Gedenken an Völkermord: Der verleugnete Genozid
> Serbische Politiker bezeichnen das Massaker von Srebrenica als Lüge und
> lassen eine rechte Demo zu. Am Ende verbietet die Polizei den Marsch.
Bild: Bosnische Frauen knien am Sarg eines Angehörigen bei einer Gedenkveranst…
Split taz | Als sich am Sonntag ein Lastwagen mit 71 neu exhumierten Opfern
des Völkermords im ostbosnischen Srebrenica in Vogošća, einem Vorort
Sarajevos, in Bewegung setzte, um die Überreste dieser Opfer zur
Gedenkstätte Potočari zu bringen, kam die Nachricht: Tausende von Serben
wollten in Banja Luka für den Schlächter von Srebrenica, den serbischen
General Ratko Mladić, demonstrieren.
Ungeachtet dessen verabschiedeten sich die Passanten in Sarajevo
schweigend, als der Lastwagen passierte. Das jüngste der Opfer war 15, das
älteste 72 Jahre alt. Damit werden in der Gedenkstätte Potočari am 11. Juli
– dem 22. Jahrestags des Massenmords – 6.574 Ermordete ihre letzte Ruhe
gefunden haben.
Weiterhin aber ist das Schicksal von rund 2.000 Menschen noch ungeklärt.
Auch in Zukunft werden Leichenteile aus Massengräbern geborgen und in der
ostbosnischen Stadt Tuzla einer DNA-Analyse unterzogen werden, um die dann
identifizierten Opfer schließlich in Potočari zu begraben.
Immerhin hat die Polizei der serbischen Teilrepublik die für den 11. Juli
angekündigte Demonstration in Banja Luka untersagt. Besser gesagt, sie hat
der Erlaubnis durch die politischen Institutionen der Stadt widersprochen,
weil „Gewaltakte“ zu befürchten seien.
## „Sie wollen interethnischen Hass provozieren“
Doch die politische Führung der serbischen Teilrepublik in Bosnien und
Herzegowina und in Serbien selbst haben sich nicht von den
rechtsextremistischen Veranstaltern distanziert. Der serbische Ex-Präsident
Tomislav Nikolić, Präsident Aleksandar Vučić, der Präsident der serbischen
Teilrepublik in Bosnien und Herzegowina, Milorad Dodik, und auch der
serbische Bürgermeister von Srebrenica, Mladen Grujičić, gebrauchen
identische Formulierungen, um das Verbrechen kleinzureden: „Es gab in
Srebrenica keinen Genozid.“ Und sie alle übergehen in den Schulen, in den
Universitäten und in den Medien den grausamen Massenmord mit Schweigen.
Mehr noch: Die Darstellung der Ereignisse durch das UN-Tribunal in Den Haag
und die internationalen Medien stellt für sie einen Angriff auf die
serbische Nation da. In der serbischen Bevölkerung in Srebrenica und der
gesamten Region hat sich 22 Jahre danach die Meinung durchgesetzt, Aussagen
der Opfer seien Lügen, um den Serben zu schaden.
Das Helsinki-Komitee für Menschenrechte in Banja Luka dagegen beklagt, dass
die Demonstration zuerst von den politischen Institutionen zugelassen
wurde. „Sie wollten damit interethnischen Hass provozieren, sie beleidigen
die Opfer, falsifizieren die geschichtliche Wahrheit und vertiefen Angst
und Misstrauen“, heißt es in einer Erklärung. Die
Menschenrechtsorganisation fordert die serbischen Politiker und
Institutionen auf, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen, die Kriegsverbrecher
juristisch zu verfolgen und eine Kultur der Solidarität mit den Opfern zu
schaffen.
11 Jul 2017
## AUTOREN
Erich Rathfelder
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