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# taz.de -- Nationalismus in Serbien: Widerliche Häme
> Die Vize-Sprecherin des serbischen Parlaments, Vjerica Radeta,
> verunglimpft die verstorbene Vorsitzende der Mütter von Srebrenica.
Bild: Auch die ermordeten Verwandten von Hatidza Mehmedovic haben auf dem Gräb…
Split taz | Es gibt Dinge, die sich ein normaler Mensch nicht ausdenken
kann. So scheußlich, so unmenschlich, so voller Häme zu sein wie die
stellvertretende Sprecherin des serbischen Parlamentes Vjerica Radeta – das
ist kaum noch zu toppen.
Es geht um einen Tweet, den sie nach dem Tod von Hatidza Mehmedovic, der
Vorsitzenden der Mütter von Srebrenica, abgesetzt hat. Im Wissen, dass
Hatidza Mehmedovic ihre beiden Söhne, ihren Mann und viele Verwandte 1995
durch das Morden der serbischen Soldateska in der ostbosnischen Stadt
Srebrenica verloren hat, versuchte das Mitglied der nationalistischen
„Serbischen Radikalen Partei“ die gerade Verstorbene nochmals zu demütigen.
„Ich habe gelesen dass Hatidza Mehmedovic von der Organisation der
Srebrenica Business-Frauen gestorben ist. Wer wird sie begraben? Ihr Mann
oder ihre Söhne?“
Viele wollten nicht glauben, was sie da lesen mussten. Immerhin, auch in
Serbien erntete Vjerica Radeta Widerspruch. Ihre Chefin, Maja Gojkovic, die
Sprecherin des Parlamentes, distanzierte sich sofort mit scharfen Worten
von den „schrecklichen Beleidigungen“ und interpretierte den Tweet als
Angriff auf die Würde des Parlamentes.
In den sozialen Medien gab es das erste Mal seit langem so etwas wie einen
Aufstand der wenigen Anständigen. Aber wer meldete sich sonst noch? Von den
Funktionsträgern niemand, beklagte Predrag Kojovic von der nicht
nationalistischen Partei „Nasa Stranka“ aus Sarajevo.
## Ohne Erfolg
Kojovic, selbst bosnischer Serbe, forderte den Botschafter Serbiens in
Sarajevo und damit die Regierung Serbiens auf, sich eindeutig zu
distanzieren und zu entschuldigen.
Bisher ohne Erfolg. Wie auch. Dass die Stimme des starken Mannes Serbiens,
des Präsidenten Aleksandar Vucic, fehlte, ist nur zu verständlich. Denn zu
der Zeit der Verbrechen in Bosnien war der jetzige Präsident mit der
„Radikalen Partei“ verbandelt und Kriegs-Propagandist beim
Propaganda-Fernsehkanal „Channel S“ in Pale.
1995, als der Genozid in Srebrenica geschah, war Vucic sogar
Generalsekretär der Radikalen Partei und enger Mitarbeiter des „Vojvoden“
Vojislav Seselj, der bis heute voll hinter dem Genozid in Srebrenica steht.
Vucic drohte damals mit der Erschießung von 100 Bosniaken für den Tod eines
Serben. Der Präsident Serbiens hat schmutzige Finger und würde höchstens
aus taktischen Gründen die Tweet-Schreiberin belangen.
Vjerica Radeta braucht also nichts zu befürchten, nicht einmal Anklagen in
Den Haag. 2014 hatte sie versucht, Zeugen im Prozess gegen Vojislav Seselj
zu beeinflussen.
Die unermüdliche Oppositionelle und Vorsitzende des Helsinki Komitees für
Menschenrechte in Belgrad, Sonja Biserko, erklärte denn auch nur lapidar:
„Dieser Vorgang zeigt, dass der Geist Serbiens … wieder anschließt an die
Zeit des Slobodan Milosevic.“
27 Jul 2018
## AUTOREN
Erich Rathfelder
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