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# taz.de -- NS-Tradition der Bundeswehr: Rotenburgs Kaserne soll braun bleiben
> Fast alle Parteien im Kreistag sowie Stadt- und Landrat wollen den
> Nazi-Namen der Lent-Kaserne behalten. Doch das letzte Wort hat das
> Bundesverteidigungsministerium.
Bild: Wie lange wird der Name noch hier stehen?
Rotenburg dpa | Stadtrat, Bürgermeister und Landrat in Rotenburg (Wümme)
sind sich einig, und auch die Soldaten: Die [1][Lent-Kaserne] soll ihren
Namen behalten. Auch die Mehrheit der Abgeordneten aus CDU, FDP, WFB und
AfD im Kreistag haben am Mittwoch gegen eine Umbenennung der Lent-Kaserne
gestimmt.
Dabei kann man über den Namensgeber durchaus unterschiedlicher Meinung
sein: Helmut Lent (1918-1944) war ein hochdekorierter Weltkriegsflieger,
ein gefeierter Held der Wehrmacht und eine Propagandafigur des NS-Regimes.
Eine Umbenennung anordnen kann letztlich aber nur das
Verteidigungsministerium.
Der Linke-Kreistagsabgeordnete Nils Bassen fordert genau das in seinem
Antrag für die Kreistagssitzung und verweist auf eine Beurteilung Lents vom
28. Oktober 1941. Da ist zu lesen: „Oberleutnant Lent steht fest auf dem
Boden nationalsozialistischer Weltanschauung und ist in der Lage,
nationalsozialistisches Gedankengut weiterzugeben.“ Fakt ist, dass
Reichsmarschall Hermann Göring 1944 selbst die Gedenkrede hielt. Nach
dessen Worten war Lent „nicht nur Soldat, nicht nur Kämpfer, er war auch
ein leidenschaftlicher Anhänger unserer nationalsozialistischen
Weltanschauung“.
Landrat Luttmann plädiert in einem Antrag dennoch für die Beibehaltung des
Namens. Es gebe in einem Gutachten keine Hinweise, dass Lent eine
nationalsozialistische Gesinnung gehabt habe oder an Kriegsverbrechen oder
nationalsozialistisch motivierten Gewaltverbrechen beteiligt gewesen sei,
argumentiert Luttmann mit Blick auf das Gutachten des Zentrums für
Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr von 2016.
„Eine Änderung würde nur dazu führen, dass in weiten Teilen der
Öffentlichkeit der falsche Eindruck entsteht beziehungsweise verfestigt
wird, Helmut Lent sei ein Nazi gewesen. Das hat weder er noch seine Familie
verdient“, hatte Luttmann der dpa erst vorigen Monat in einer Mail
mitgeteilt. Auch Rotenburgs SPD-Bürgermeister Andreas Weber (SPD) ist für
die Beibehaltung des Namens, genauso der Stadtrat der 2016 einen
entsprechenden Beschluss fasste.
Die rund 1000 Soldaten der Kaserne entschieden im April 2017 über ihre
Vertrauensleute ebenso. Die Entscheidungsbefugnis liegt letztlich beim
Bundesverteidigungsministerium. Das hat einen Prozess angestoßen, der
läuft. „Der Meinungsbildungsprozess zu Kasernennamen ist in Gang und in
diesem Zusammenhang findet nach wie vor eine breite Diskussion statt“, so
eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums auf Anfrage.
Im Mai hatte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in
einem Grußwort anlässlich des Parlamentarischen Abends des Verbandes der
Reservisten auch die Lent-Kaserne erwähnt: „Wir verbannen zu Recht den
Wehrmachtshelm aus der Stube. Doch am Tor der Kaserne stehen nach wie vor
Namen wie Hans-Joachim Marseille oder Helmut Lent. Beide Namensgeber sind
nicht mehr sinnstiftend für die heutige Bundeswehr. Sie gehören zu einer
Zeit, die für uns nicht vorbildgebend sein kann.“
21 Jun 2017
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