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# taz.de -- Lent-Kaserne soll umbenannt werden: Namen sind nicht Schall und Rau…
> Die Lent-Kaserne huldigt einem Nazi-Piloten und soll nun umbenannt
> werden. Andere Kasernen tragen weiterhin Namen von Wehrmachtsgrößen.
Bild: 2016 gab es erstmals laute Kritik an der Namensgebung – geändert hat s…
Berlin taz | An vielen Kriegsabenden, nachdem die Sonne hinter dem Horizont
verschwunden war, stieg Helmut Lent in sein Flugzeug und ging auf die Jagd.
Kaum jemand war geschickter darin, im Dunkeln Bomber abzufangen, als dieser
deutsche Pilot. Über 100 britische und amerikanische Flugzeuge schoss er
während des Zweiten Weltkriegs ab, bevor er selbst 1944 mit seiner Maschine
tödlich verunglückte. Bis zuletzt hatte Lent vom „Endsieg“ gesprochen und
gefordert, dass „Feiglinge erbarmungslos ausgerottet“ werden sollten.
Entsprechend stolz waren die Nazigrößen auf ihren Helden, bei Lents
Begräbnis hielt kein Geringerer als Luftwaffenchef Hermann Göring die
Totenrede.
Stolz auf die zweifelhaften Leistungen des Piloten war man später aber auch
bei der Bundeswehr. 1964 wurde eine Kaserne im niedersächsischen Rotenburg
an der Wümme nach Lent benannt. 2016 kam daran erstmals laute Kritik auf.
Der Name blieb trotzdem.
Bis zum letzten Sonntag. Da verkündete der Kasernenälteteste,
Oberstleutnant York Buchholtz: Die Militäranlage wird umbenannt. Welchen
Namen sie zukünftig tragen soll, ist noch unbekannt. Trotzdem hat die
Ankündigung Bedeutung über Rotenburg hinaus. Denn in ganz Deutschland sind
Kasernen nach ehemaligen Wehrmachtsgrößen benannt. Solch unheimliche Nähe
zur Vergangenheit irritiert insbesondere deshalb, weil auch
Bundeswehrsoldaten selbst immer wieder durch rechtes Gedankengut auffallen.
Nachdem 2017 der Plan des Offiziers Franco A. aufflog, aus rechter
Überzeugung einen Terroranschlag zu begehen, erkannte
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), dass die Bundeswehr
ihren Umgang mit der NS-Zeit ändern muss. Sie gab einen neuen
Traditionserlass in Auftrag. Der trat im März 2018 in Kraft: „Die
Bundeswehr pflegt keine Tradition von Personen, […] die nach heutigem
Verständnis verbrecherisch, rassistisch oder menschenverachtend gehandelt
haben“, heißt es darin. Eigentlich offensichtlich, dass nach diesen
Vorgaben keine Kaserne nach einem Hitler-treuen Angehörigen der Wehrmacht
benannt sein dürfte.
Dennoch hat es nun über ein halbes Jahr gedauert, bis sich mit der
Lent-Kaserne zum ersten Mal seit dem Erlass etwas getan hat. „Nicht mehr
sinnstiftend im Sinne des neuen Traditionserlasses“ sei der Name Lent,
begründete der Kasernenälteste Buchholtz die Entscheidung laut
Niedersächsischer Kreiszeitung. Jakob Knab, Autor des Textes dort und seit
über 30 Jahren mit Traditionen in der Bundeswehr befasst, überrascht, dass
die Umbenennung gerade jetzt verkündet wurde.
## Die Traditionalisten kämpfen um die Namen
Eigentlich hätten sich die Fronten in der Bundeswehr seit dem neuen Erlass
verhärtet. „Die Traditionalisten verteidigen die letzten Bastionen
erbittert“, sagt Knab der taz. Ein deutlicher Erfolg, dass es jetzt
trotzdem so scheint, als ginge es den Nazi-Namen an den Kragen.
Allerdings: Bisher ist die Namensänderung der Lent-Kaserne ein Einzelfall.
Zwölf weitere Kasernen gibt es in Deutschland noch, die nach Hitler-treuen
NS-Größen benannt sind. In der Stadt Appen in Schleswig-Holstein steht eine
Militäranlage, die an den NS-Flieger Hans-Joachim Marseille erinnert. Der
Jagdflieger wurde auch „Stern von Afrika“ genannt, weil er die meisten
Abschüsse in Nordafrika hatte. Pläne, den Namen zu ändern, gebe es derzeit
nicht, sagt ein Sprecher des Verteidigungsministeriums.
Und auch die Lent-Kaserne wird wohl noch eine Weile so heißen wie bisher.
Einen Termin für die angekündigte Umtaufe gibt es im Moment nicht. So
werden die Soldaten dort wohl vorerst weiter in eine Kaserne einkehren, die
nach einem benannt ist, der vor allem eins tat: für den „Endsieg“ töten.
4 Sep 2018
## AUTOREN
Frederik Eikmanns
## TAGS
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Bundeswehr
Ursula von der Leyen
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