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# taz.de -- Kaserne in Schleswig-Holstein umbenannt: Ehrung für NS-Offizier
> Die Rettberg-Kaserne in Eutin trägt jetzt nicht mehr den Namen eines
> Kriegsverbrechers aus dem Ersten Weltkrieg. Sondern den eines
> Wehrmachtoffiziers.
Bild: Nicht mehr Rettberg- sondern jetzt Oberst-Herrmann-Kaserne: Die Namensgeb…
Osnabrück taz | Die Bundeswehr hat die Rettberg-Kaserne im
schleswig-holsteinischen Eutin umbenannt. Oberst Karl von Rettberg,
belastet durch deutsche Kriegsverbrechen gegen Zivilisten im Ersten
Weltkrieg, ist als Namensgeber mit den Werten der Bundeswehr nicht mehr
vereinbar. Ihm werden Brandschatzungen und Erschießungen in Belgien
vorgeworfen. Doch der neue Name sorgt ebenfalls für Kritik: Seit August
heißt die Liegenschaft Oberst-Herrmann-Kaserne. Und eben jener Werner
Herrmann war zwar Bundeswehrbefehlshaber, zuvor aber Wehrmachtsoffizier und
bei der Sturmabteilung (SA).
Kritiker*innen bemängeln, die Bundeswehr habe ein Übel gegen das
nächste ausgetauscht: „Das ist ein Entlastungsnarrativ“, sagt Jakob Knab,
der mit seiner „Initiative gegen falsche Glorie“ bundesweit viele
Umbenennungen vorantreibt. Eine wichtige Frage in Bezug auf Herrmann lautet
für ihn: „Hat Herrmann als Mitglied der SA 1934 am Boykott jüdischer
Geschäfte teilgenommen?“
Die Bundeswehr zeichnet in einem Brief an die Initiative Ende Juni ein
positives Bild ihres Kameraden: Herrmann gelte in Eutin als „integre
Persönlichkeit“, schreibt ein Oberst aus dem Verteidigungsministerium.
Anhaltspunkte dafür, dass er „schuldhaft in Kriegsverbrechen verwickelt
gewesen sein könnte“, gebe es nicht.
Jan Korte, Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion der
Linken, irritiert das Vorgehen: Dass die Rettberg-Kaserne nicht mehr nach
einem kaiserlichen Militaristen und Kriegsverbrecher benannt ist, sei erst
mal zu begrüßen. Dass jedoch „ein Offizier aus Hitlers Wehrmacht zum
Namenspatron gemacht wird, zeigt dass die Bundeswehr nicht zu einem
wirklichen Neuanfang bereit ist“.
## Einwandfreie „nationalsozialistische Haltung“
Noch Anfang 1944 sei Herrmann eine einwandfreie „nationalsozialistische
Haltung“ attestiert worden. Von ihm seien „keinerlei kritische Positionen
gegen das NS-Regime bekannt“. Ihn mache „fassungslos“, dass man schon
völlig zufrieden sei, wenn man bei den Namensgebern keine Belege für
Kriegsverbrechen finde, sagt Korte. „Für eine demokratische
Traditionsbildung kann das doch nicht ernsthaft reichen.“ Es gebe „jede
Menge Alternativen“, etwa Namen aus dem Widerstand. „Aber offensichtlich
war das nicht gewollt.“
34 Umbenennungen umfasst die Liste von Knabs Initiative seit 1995:
Kasernen, Lehrsaalgebäude, Straßen. Sieben weitere folgen 2022, gleich drei
davon in Kiel: Tirpitzhafen, Tirpitzmole und Scheermole.
Leicht tut sich die Bundeswehr dabei nicht. „Da wird meist eine ziemliche
Hinhaltetaktik betrieben“, sagt Klaus Dieter Hartwig, Marinehistoriker in
Kiel. Vor zwei Jahren hat er beim Landeskommando Holstein einen Vortrag
gehalten. In der Diskussion habe ein Stabsbootsmann gesagt: „Dann können
wir ja eigentlich niemanden nehmen, der in der Wehrmacht gedient hat.“
Hartwigs Meinung dazu ist klar: „Der Mann hatte Recht.“
20 Aug 2021
## AUTOREN
Harff-Peter Schönherr
## TAGS
Kaserne
Bundeswehr
Wehrmacht
Schwerpunkt Nationalsozialismus
Schwerpunkt Nationalsozialismus
Erinnerung
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